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Wilder Wein

Wilder Wein

Titel: Wilder Wein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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hatten, von anderen Pflichten in Anspruch genommen worden wäre. Eine Gruppe Leverkusener Ausflügler drängte nämlich plötzlich herein, und im Nu war die kleine Bar voller Bewegung, Lärm und Zigarettenqualm. Fritz Brühe fühlte sich rasch buchstäblich an die Wand gedrängt und beschloß deshalb, das Feld zu räumen.
    »Sind Sie morgen auch wieder hier?« rief er Sylvia mit lauter Stimme zu, um den Leverkusener Krach zu übertonen.
    »Sicher«, rief sie zurück. »Wollen Sie schon gehen?«
    »Ich trinke bei Herrn Gollwitzer noch ein Glas.«
    »Tschüß.«
    »Wiedersehen.«
    An der Tür prallte er mit einer Dame zusammen, die er im ersten Moment fast nicht erkannt hätte. Dann sah er, daß es die Dame war, von der er die Finger zu lassen hatte.
    »Wollen Sie da rein?« fragte er sie, mit dem Daumen über seine Schulter zurück in die Bar zeigend.
    »Mal schauen«, antwortete sie.
    »Das hätten Sie aber eher tun sollen. Jetzt ist da der Teufel los.«
    Sie blickte ihn an. Was mache ich mit dem angebrochenen Abend, schienen ihn ihre Augen zu fragen. Unschlüssig stand sie da und ließ es mit sich geschehen, daß er sie am Oberarm nahm, sie herumdrehte und zurück ins Lokal führte, ins Reich des Kellners Gollwitzer.
    »Herr Selzer wird mir's danken«, sagte er dabei.
    »Was wird Ihnen Herr Selzer danken?« fragte sie ihn.
    »Daß ich Sie dazu gebracht habe, nicht da reinzugehen. Er wäre bestimmt dagegen.«
    Sie blieb stehen, blickte zurück zur Bar.
    »Herr Selzer hat mir keine Vorschriften zu machen.«
    »Wollen wir uns nicht hier setzen und noch einen Schluck zu uns nehmen?«
    »Meinetwegen«, nickte sie nach kurzem Zögern und nahm auf einem Stuhl am nächsten Tisch Platz.
    Brühe folgte ihrem Beispiel.
    Gollwitzer hatte die beiden schon bemerkt und eilte herbei.
    »Noch einen Wunsch, die Herrschaften?«
    »Einen Kaffee, bitte«, sagte Ingrid Rehbein.
    »Dasselbe«, schloß sich Fritz Brühe an, Gollwitzers erstaunten Blick ignorierend.
    Der Kellner verschwand, und Frau Rehbein sagte zu Brühe: »Sie hätten aber ruhig auch noch ein Bier trinken können.«
    »Und Sie einen Campari.«
    »Aha, Sie haben mich also beobachtet.«
    »Sie mich auch.«
    Das stimmte auf beiden Seiten, gegenseitiges Versteckspiel konnten sie sich also schenken.
    »Sie aßen Kalbsnierchen«, fuhr sie fort.
    »Ja.«
    »Waren sie gut?«
    »Hervorragend. Ihr Schnitzel auch?«
    »Auch. Desgleichen das Eis.«
    »Der Laden hier scheint prima geführt zu werden.«
    »Das macht eine Frau.«
    »Ich weiß, die Tochter des Besitzers.«
    »Sie sind offenbar im Bilde.«
    »Sie auch.«
    »Mich hat Herr Selzer selbst ein bißchen eingeweiht.«
    »Mich Herr Gollwitzer.«
    »Wer«, fragte Ingrid Rehbein, »ist Herr Gollwitzer?«
    »Unser Ober hier.«
    »Ach, so heißt der.«
    »Da kommt er ja mit unserem Kaffee.«
    »In der Tat«, wunderte sie sich. »Das geht wirklich fix hier.«
    Der Kaffee war kochend heiß. Brühe, unvorsichtiger als Frau Rehbein, verbrannte sich halb den Mund. Er beschimpfte sich selbst ein bißchen, stellte fest: »Mit einem sechsten Pils hätte mir das nicht passieren können.«
    Stark war dieser Witz nicht.
    »Übrigens«, fiel ihm plötzlich ein, und dazu wäre es längst Zeit gewesen, »mein Name ist Brühe; Fritz Brühe.«
    »Ich heiße Ingrid Rehbein.«
    »Darf ich fragen, woher Sie kommen, Frau Rehbein?«
    »Aus Koblenz.«
    »Aus Koblenz?! Ich auch!« rief er.
    Nun war Koblenz ein bißchen an der Reihe, als Neuestes die Erhöhung der dortigen städtischen Verkehrsmitteltarife; nicht lange aber – und Ingrid fragte: »Was führt Sie nach Wehlen, Herr Brühe?«
    »Hat Ihnen das Herr Selzer nicht gesagt?«
    »Nein.«
    »Er engagierte mich dazu, ihm einen seiner Weinberge zu malen.«
    »Sie sind Maler?«
    »Kunstmaler!« erwiderte Brühe mit Betonung.
    »Kunstmaler, natürlich, verzeihen Sie.«
    »In zweieinhalb Wochen ist irgendein Jubiläum, dazu will er das Bild haben.«
    »Hoffentlich haben Sie ein entsprechendes Honorar ausgehandelt.«
    Fritz Brühe mußte lachen.
    »Das sagen ganz spontan alle zu mir, denen ich davon erzähle.«
    »Und? Haben Sie?«
    »Ja.«
    »Das freut mich. Dann können Sie mich ja in Koblenz mal zum Essen einladen.«
    »Sicher«, sagte Brühe, ohne daß es ihm ernst gewesen wäre. »Aber haben Sie denn nicht die Absicht, Ihren Wohnsitz nach hier zu verlegen?«
    »Wieso?«
    Er merkte, daß er sich etwas zu weit vorgewagt hatte, und wußte nicht gleich, wie er fortfahren sollte.
    »Nun …«, räusperte

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