Wildes Blut
aus dem goldenen Tafelservice geworden?"
"Verkauft, um die Steuern zu bezahlen. Ich habe dafür im letzten Frühjahr in Hermosillo einen guten Preis erzielen können."
"Was ist mit dem Familienschmuck?"
"Es ist mir gelungen, die Erbstücke zu behalten, aber einige der größeren Diamanten habe ich versetzen müssen, meistens, um die Spielschuld
en deines Vaters in Hermosillo zu
begleichen. Wir brauchten auch Medikamente, und es musste ein neuer Bulle angeschafft werden, als Ersatz für den, den eine Bande von Juaristas geschlachtet hat." Sie nahm noch einen Schluck Wein.
Er zuckte die Achseln. "Papa war nie sehr praktisch veranlagt, nicht einmal in seinen besten Zeiten."
"Dies sind nicht die besten Zeiten."
Er trank sein Glas leer und schenkte sich erneut ein. "Das ist mir klar, glaube mir."
"Du bist genau wie er."
"Ich bin nicht im geringsten wie er", gab er schroff zurück.
Seine Augen wirkten undurchdringlich. "Wenigstens", fügte er vorsichtig hinzu, "bin ich es jetzt nicht mehr. Der Krieg bringt einen Mann dazu, sein Dasein zu überdenken - wenn er das Glück hat, lange genug zu leben." Er prostete ihr zu.
"Soll Angelina das Essen servieren, ehe du auch noch den Rest des Weines getrunken hast?"
"Bitte", entgegnete er und errötete leicht.
Angelina erschien sofort. Sie trug ein schweres silbernes Tablett mit dicken Schinkenscheiben, garniert mit frischem Gemüse. Lupe ging ihr zur Hand, trug Schalen mit gewürzten Saucen auf und einen Korb mit dampfend heißen Tortillas.
Während die Bediensteten die Gerichte auf dem Büffet anrichteten, geleitete er Mercedes zu ihrem Platz.
"Du erlaubst?" Er zog den schweren Stuhl zurück und beugte sich über sie, als sie sich setzte. "Deine Haut riecht süß nach Lavendel."
Seine sanfte, flüsternde Stimme passte zu der Wärme, mit der sein Atem ihre Schulter streifte. "Ich züchte ihn im Kräutergarten und trockne ihn selbst. Es ist das einzige Parfüm, das ich mir leisten kann." Es klingt zu zänkisch, wenn ich spreche, zu nervös.
"Vielleicht wird sich das Kriegsglück bald zu unseren Gunsten wenden." Er ging um die Tischecke herum und nahm seinen Platz ein, dann winkte er Angelina zu, damit sie das Essen auftrug.
"Ich bezweifle sehr, dass der Krieg bald zu Ende sein wird", sagte Mercedes und brach eine Tortilla entzwei.
"Jetzt, da ich wieder die Hazienda leite, werde ich mit dem französischen Kommandeur sprechen, damit er die Patrouillen in den abgeschiedenen Gegenden verstärkt."
"Das solltest du nicht tun. Es würde nur die Banditen in den Bergen provozieren, wenn die Franzosen hier umherreiten, Lucero."
"Beklagst du dich etwa, meine liebste Gemahlin? Ich gebe dir mein Wort, dass ich dich nie mehr für so lange Zeit allein lassen werde."
"Du weißt, ich wäre entzückt, wenn du genau das tätest", erwiderte sie, nachdem die beiden Frauen gegangen waren.
"Du vielleicht, aber nicht meine Mutter. Und auch nicht Pater Salvador. Sie haben mich beide an meine Pflicht erinnert. Muss ich dich an deine erinnern?" Er beobachtete sie genau.
"Niemand muss mich an meine Pflichten erinnern, Lucero.
Ich habe Gran Sangre mein Leben geweiht, habe neben den Peons gearbeitet, mit Händlern gefeilscht und mit Beamten verhandelt - einmal, im vergangenen Jahr, habe ich sogar einen französischen Colonel mit dem Gewehr in Schach gehalten."
Er hob erstaunt die Brauen. "Du hast dich immer vor Waffen gefürchtet."
"Die Umstände zwangen mich, den Umgang mit der doppellä ufigen LeFaucheaux deines Vaters zu lernen. Es gehört nicht sehr viel Geschicklichkeit dazu, mit einem Gewehr zu zielen."
Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück und betrachtete sie mit neu erwachtem Interesse. "Aber es erfordert gute Nerven. Du hast den Mut, ein Gewehr abzufeuern. Aber hast du auch den Mut, dich von mir berühren zu lassen, ohne zurückzuweichen?"
Er streckte langsam den Arm aus, nahm ihre Hand und zog sie näher an sich. Sie widersetzte sich nicht.
"Deine Hände sind klein und zart - die Hände einer Dame."
Er sah die Schwielen, trotz ihrer offensichtlichen Bemühungen, ihre abgearbeitete Haut zu pflegen. Die Nägel waren sorgfältig gefeilt, doch wesentlich kürzer, als eine Dame ihres Standes sie gewöhnlich trug. Der einzige Schmuck ihrer Hände war der schwere goldene Ehering mit dem dazu passenden mit Perlen und Diamanten besetzten Verlobungsring.
Mercedes fühlte, wie ihr Herz schneller schlug, als er ihre Finger untersuchte, die Hand festhielt und hin und her
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