Wildes Blut
Mercedes den duftenden Schinken mit Bratensauce, dann wusch und schnitt sie frische Pfirsiche aus dem Obstgarten. Sie wollte den letzten Rest Armagnac dazu verwenden, um die Früchte einzulegen, damit sie als Dessert serviert werden konnten, zu Ehren von Luceros Heimkehr.
Welch eine Ehre! Sie wünschte sich verzweifelt, er wäre fortgeblieben, um weiter Soldat zu spielen. Sie hatte die Geschichten über die Taten der contre- guerillas gehört.
Schlächter und Banditen waren sie, genauso wild wie der republikanische Abschaum, vielleicht sogar noch schlimmer.
Für Lucero war so ein Leben genau das Richtige. Oder so ein Tod.
Wünsche ich meinem Gemahl wirklich den Tod? Gott vergebe mir! Sie kniff die Augen zusammen, und sein schönes, unerbittliches Gesicht erschien in ihrer Erinnerung. Sie schüttelte den Kopf und fuhr fort, die Pfirsiche in Scheiben zu schneiden, mit jenen anmutigen, gemessenen Bewegungen, die von vielen Stunden der Übung zeugten.
Einst wären so niedere Aufgaben unter der Würde einer Tochter aus dem Hause Sebastian gewesen. Sie war in einem Konvent in Mexico City erzogen worden, zu dem nur die vornehmsten gachupins, diejenigen, die in Spanien geboren waren, Zutritt hatten. Sie war als siebzehnjährige Braut nach Gran Sangre gekommen, mit einer Mitgift von einer halben Million Pesos, um einer der reichsten Haziendas des Landes vorzustehen, auch wenn diese in der Wildnis von Sonora lag.
Der Krieg hatte sie damals noch nicht berührt, sie nicht und auch nicht die Familie der Alvarados, bis der einzige Sohn des alten Don Anselmo davon geritten war, um für Mexicos fremden Kaiser zu kämpfen, und seine Braut nach kaum drei Wochen Ehe zurückließ. Damals hatte sie Gott und allen Engeln für diesen Krieg gedankt, der Lucero fortlockte. Aber das war, ehe die französische Armee Hermosillo erreichte und ihre Patrouillen ausschickte, um Männer von den Haziendas zu rekrutieren. Die Zeit verstrich, die Kämpfe gingen weiter, und ihre Situation wurde verzweifelter.
Mit einem unterdrückten Fluch schob sie eine Haarsträhne zurück und wischte sich mit dem Unterarm den Schweiß von der Stirn. Sie benötigte ein Bad. Es gab nur getrockneten Lavendel, um das Wasser und ihr Haar zu parfümieren. Einst hatte sie die teuersten französischen Badeöle benutzt. Jetzt hatte sie gelernt zu improvisieren. Ha! Sie hatte sogar gelernt, wie man Seife herstellte!
Ihr Vormund in Mexico City hatte eine reichliche Aussteuer bestellt, von der das meiste noch in gutem Zustand war. Die Kleider waren für ein schmales Mädchen gemacht worden und saßen inzwischen ein wenig eng über der Brust, aber sie war schon immer geschickt im Umgang mit der Nadel gewesen.
Allerdings hatten die Nonnen, die sie lehrten, kostbare Stickereien zu fertigen, sicher nicht erwartet, dass eine Dame wie sie so tief würde sinken müssen, sich selbst ihre Kleider zu ändern. Das grüne Seidenkleid wäre passend. Es war das eleganteste Kleid, das sie besaß, allerdings enthüllte es etwas mehr von ihren Brüsten, als ihr lieb war. Vielleicht wäre das aus blassblauem Moire sicherer. Dann verwarf sie diesen Gedanken wieder. Nein, es war besser, wenn man ihr ansah, dass sie gereift war und ihr Leben selbst in die Hand nehmen konnte. Sie wollte nicht aussehen wie ein Mädchen, das gerade dem Schulzimmer entkommen war.
Wie konnte sie das Thema am besten zur Sprache bringen?
Auf charmante Art? Oder geradeheraus, wie ein geschäftliches Angebot? "Ich spreche über meine Ehe, nicht darüber, wie viele Säcke Saatgut wir nächstes Jahr bestellen müssen", stieß sie hervor und schalt sich selbst. Zur Hölle mit Lucero, der in ihr Leben zurückgekehr t war!
Charme war eine zweischneidige Sache. Wenn sie versuchte, mit ihm zu kokettieren, dann würde ihn das nur daran erinnern, dass er im Gegensatz zu den Händlern, Soldaten und Vaqueros, mit denen sie zu tun hatte, das Recht besaß, mit ihrem Körper alles zu tun, was ihm beliebte. Etwas wie Furcht überkam sie.
"Sie haben genug Pfirsiche geschnitten, Senora. Ich werde das Kompott mischen", sagte Angelina und nahm ihr das Messer aus der Hand. "Ihr Badewasser ist warm, und Lazaro füllt den Zuber in Ihrem Zimmer. Gehen Sie und bereiten Sie sich für Ihren Gemahl vor. Ich werde hier weitermachen."
"Ich denke, dass ihm weder das Dinner noch meine Gesellschaft gefallen werden, egal, wie sehr ich mich vorbereite", entgegnete Mercedes bitter.
Mitgefühl lag in dem Blick aus Angelinas schokoladebraunen
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