Wildes Blut
wüsste.
Natürlich war Nicholas Fortune nun der Patron geworden und würde vielleicht der Rückkehr des rechtmäßigen Erben ablehnend gegenüberstehen. Ungeachtet der Tatsache, dass sie Waffenkameraden und Brüder waren. Und Nicholas Fortune war gefährlich, wenn man ihn reizte. Aber das war er auch.
Würden sie um Innocencia kämpfen?
Mercedes hörte die Rufe und erhob sich sogleich. Die Stopfarbeiten warf sie zu Boden. Nun, im fortgeschrittenen Stadium der Schwangerschaft, hatte sie es sich angewöhnt, am Nachmittag zu ruhen und kleine Arbeiten im Haus zu verrichten.
Vor Freude schlug ihr Herz schneller, als sie in den Hof lief.
Dann sah sie ihn absitzen, und etwas ließ sie im Schatten des Einganges innehalten. Mit kurzem Nicken reichte er Lazaro die Zügel, dann ging er zum Haus. Sein Gesicht drückte Heiterkeit, Langeweile und Aggression aus.
Lucero!
"Hast du mich vermisst, Geliebte?" fragte er spöttisch, als er sie vom Scheitel bis zur Sohle musterte.
Sprachlos stand sie wie angewurzelt auf den steinernen Stufen, während Wogen des Entsetzens über sie hinwegrollten.
Als sie endlich ihre Stimme wiederfand, sagte sie nur: "Lucero."
"Ja, Lucero - dein Gemahl ist endlich zurückgekehrt.
Allerdings sehe ich, dass Nicholas die ehelichen Pflichten in meiner Abwesenheit übernommen hat", entgegnete er. Sein Blick ruhte auf ihrer Hand, die sie auf ihren gewölbten Leib gelegt hatte.
Nicholas. Das also war der Name ihres Geliebten - des Mannes, von dem sie ein Kind erwartete. Es lag ihr die Frage auf der Zunge, wie wohl sein ganzer Name lautete. Aber sie stellte sie nicht. Lucero würde ihn ihr zu gegebener Zeit nennen.
Sie wollte ihn nicht wissen lassen, wie sehr sie den Mann liebte, der ihm so ähnlich sah.
Als er näher kam und die Hand ausstreckte, um eine goldene Locke zu ergreifen, die über ihre Schulter hing, zwang sie sich, nicht zurückzuzucken. Lucero hatte Katz- und-Maus-Spiele immer geliebt. "Warum bist du nach all diesen Jahren zurückgekommen? "
Sie hielt seinem Blick stand. "Du bist eine reizvolle Frau geworden, Mercedes", murmelte er, ohne auf die Frage einzugehen, während er ihr makelloses Äußeres betrachtete. "Du hast Feuer. Ich kann das beurteilen, ich erkenne so etwas bei einer Frau immer. Verdanke ich das alles Nick?"
Sie schlug seine Hand weg. "Du bist geschmacklos. Du hast einen anderen Mann geschickt, einen Fremden, damit er den Platz meines Gemahls einnimmt."
"Und wie ich sehe, hast du ihm trotzdem dein Bett nicht verweigert", erwiderte er trocken.
Sie wurde rot, doch sie wich seinem Blick nicht aus.
"Zuerst wusste ich es nicht. Du warst seit vier Jahren fort, und wir hatten kaum Gelegenheit, einander kennen zulernen in den wenigen Wochen unserer Verlobung und unserer Ehe."
"Und doch hast du dich ihm auch noch hingegeben, als du die Wahrheit erfuhrst, nicht wahr?" Seine Stimme klang sanft.
Sie ging auf die Herausforderung nicht ein, sondern wappnete sich mit Zorn. "Er verdiente das Geburtsrecht, auf das du verzichtet hast. Er hat getan, wozu du nicht Manns genug warst." In dem Augenblick, da sie die Worte ausgesprochen hatte, bemerkte sie ihren Fehler.
Wütend presste er die Lippen zusammen, und in seinen Wolfsaugen lag ein gefährlicher Glanz. Dann änderte sich seine Stimmung plötzlich, und er warf den Kopf zurück und lachte.
"Nicholas hat gewiss Glück bei den Frauen. Ich frage mich, welche Wirkung er wohl auf Innocencia hatte. Ist sie vielleicht auch schwanger?"
Mercedes wusste, dass er nur auf eine Reaktion von ihr wartete und hoffte, dass sie ärgerlich oder verletzt sein würde.
Statt dessen war es diesmal an ihr zu lachen. "Nein. Ihre üppigen Reize gefielen ihm nicht, um ehrlich zu sein. Sie arbeitet als Küchenmagd."
Ehe er auf diese erstaunliche Neuigkeit etwas erwidern konnte, erscholl vom anderen Ende des Hofes eine Kinder-Stimme. "Papa, Papa, du bist wieder zurück! Sie haben mir gesagt, dass du wiederkommen würdest!" Rosario lief zu dem schattigen Säulengang, wo die beiden Erwachsenen einander gegenüber standen. Bufon folgte ihr auf dem Fuße. Doch der Hund blieb mindestens vier Meter von Lucero entfernt stehen.
Seine Rückenhaare stellten sich auf, und er knurrte.
"O Bufon, sei nicht dumm. Es ist Papa. Du musst mich nicht beschützen", schalt das Kind.
Falls Mercedes jemals auch nur den leisesten Zweifel an der Identität dieses Mannes gehabt hätte, die instinktive Reaktion des Tieres hätte ihn beseitigt. Ehe der Hund versuchen konnte,
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