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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shril Henke
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Zeit", entgegnete er. Wieder änderte sich seine Stimmung.
    Mercedes aß ihren Teller leer. "Wenn du mich entschuldigen würdest - schwangere Frauen essen nicht nur viel, sie ermüden auch leicht." Sie erhob sich vom Tisch, aber er stand nicht auf, und er schob ihr auch nicht den Stuhl zurück, wie es die Höflichkeit verlangte.
    Statt dessen verharrte er in seiner lässigen Haltung und sah zu ihr auf. "Angelina wird sich fragen, warum du ihr Dessert nicht angerührt hast", sagte er, obwohl es ihn offensichtlich nicht im geringsten interessierte, was die Dienstboten dachten.
    "Ich habe wesentlich mehr gegessen als du. Desserts sind zu üppig für mich. Gute Nacht." Mercedes wandte sich ab und ging gemessenen Schrittes aus dem Zimmer, kerzengerade und mit hocherhobenem Kopf. Sie blickte nicht zurück. Er unternahm keinen Versuch, ihr zu folgen.
    Angelina würde verstehen, warum sie nur wenig Appetit hatte. Das Fleisch zu essen war schon das Äußerste, was sie noch zuwege gebracht hatte. Seltsam, wie leicht es ihr fiel, Lucero beim Namen zu nennen, während er ihr kaum über die Lippen gekommen war, wenn sie Nicholas ansprach.
    Nicholas Fortune. Ein Americano? Höchstwahrscheinlich. Er hatte diesen Akzent, wenn er Englisch sprach, nicht das vornehme Britisch, das ihre Mutter sie gele hrt hatte. Ich kenne seinen Namen, aber ich weiß nichts sonst über ihn. Nur, dass ich ihn liebe. Wer war er, und warum hatte er sich auf diese bizarre Vereinbarung mit Lucero eingelassen? War es das Land? Sie wollte nicht ausschließen, dass Lucero ihm etwas über großen Reichtum erzählt hatte. Vielleicht war Nicholas gekommen, weil er glaubte, ein privilegiertes und leichtes Leben führen zu können.
    Aber Nicholas hatte schwerer gearbeitet als irgend jemand sonst, um die von Don Anselmo vernachlässigte Hazienda wieder aufzubauen. Er liebte das Land, und er hatte ihr gesagt, dass er sie liebte. Konnte sie ihm glauben?
    Mercedes war besorgt und erschöpft, als sie nach oben ging, um Rosario ins Bett zu bringen. Wie sollte sie Luceros Kälte der Tochter erklären, die doch Nicholas so liebte? Als sie das heitere kleine Schlafzimmer des Kindes mit seinen rosa Vorhängen und dem bunten Flickenteppich betrat, kniete Rosario gerade vor dem Bett und sprach ihr Gebet. Mercedes blieb still an der Tür stehen, denn sie wollte nicht stören.
    "Bitte, Herr Jesus, es tut mir leid. Ich muss etwas falsch gemacht haben, weil mein Papa fortging. Ich weiß nicht, wer der fremde Mann ist, aber er ist nicht mein Papa. Nachdem meine Mama in den Himmel kam, schicktest du mir Papa, damit er mich lieb hat. Jetzt ist er fort. Dona Mercedes ist sehr gut zu mir. Wenn sie meine Mama wäre, dann könnte ich es vielleicht ertragen, Papa zu verlieren. Die Nonnen haben gesagt, dass ich mich deinem Willen fügen muss, aber sogar du hattest eine Mama und einen Papa. Bitte lass mir wenigstens einen von beiden. Ich verspreche, ein braves Mädchen zu sein. Oh, und bitte, pass auf meinen richtigen Papa auf, wo immer er sein mag, auch wenn er nicht zu mir nach Hause kommen kann. Amen."
    Mercedes fühlte, wie ihr die Tränen über die Wangen liefen.
    Kein Kind war so sensibel und verständig wie Rosario. Lucero war ein kostbares Geschenk gemacht worden - und er verachtete es: eine schöne Tochter, die wusste, dass er sie nicht liebte.
    In der Ecke neben ihrem Bett saß Bufon und wedelte verständnisvoll mit dem Schwanz.
    Rosario stand auf und begann, ins Bett zu klettern, als sie Mercedes sah. "Du weinst. Ist er schlecht zu dir gewesen?"
    fragte sie.
    "Nein, Liebes. Er hat nichts damit zu tun", sagte Mercedes und kniete sich hin, um Rosario in ihre Arme zu ziehen und fest an sich zu drücken. "Ich wollte eigentlich etwas länger warten, aber vielleicht ist dies der geeignete Augenblick. Rosario, ich weiß, dass du deine Mama immer lieben wirst, aber wenn du möchtest - es würde mich freuen, wenn du von nun an Mama zu mir sagst. Würde dir das gefallen?"
    Das Kind schlang die Arme um Mercedes und seufzte.
    Schluchzend flüsterte sie: "Ja, gern, Mama."
    Sie sagte das letzte Wort so hoffnungsvoll, dass neue Tränen Mercedes über das Gesicht strömten. Dann strich sie dem kleinen Mädchen über die dunklen Locken und wiegte es hin und her. "Nun ist es Zeit für dich, ins Bett zu gehen. Ich werde dir eine Gutenachtgeschichte vorlesen, wenn du versprichst, gleich darauf einzuschlafen."
    Rosario nickte, und Mercedes nahm ein Buch aus dem Regal neben dem Bett und blätterte es

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