Wildes Blut
Bitte verstehe, dass ich keine andere Wahl hatte und gehen musste. Bald werde ich dir alles erklären. Dann kannst du entscheiden, ob du mich noch liebst. Ich bete für unser Kind und für mich, dass du mir deine Liebe nicht entzogen hast.
Du wirst vielleicht Berichte hören, dass ich auf dem Weg nach El Paso del Norte umgekommen bin. Das stimmt nicht. Mehr kann ich jetzt nicht sagen. Vertrau mir nur für eine Weile.
Danach liegt alles in Gottes Hand. Vergiss nie, dass ich dich liebe. Dein Gemahl.
Er flehte um ihre Verzeihung - nicht nur, weil er zu den Juaristas hielt, sondern auch, weil er Luceros Identität angenommen hatte. Es war ihr nicht länger möglich, das zu leugnen oder zu verdrängen. Sie konnte ihn nicht länger Lucero nennen. Er sagte, er würde nach seiner Rückkehr alles erklären.
Aber wollte sie seine Erklärungen hören?
Vergeblich versuchte Mercedes zu beten. Sie war eine Sünderin, die einen Mann liebte, der nicht ihr Gemahl war, eine Ehebrecherin, die mit einem Bastard schwanger war - und dieses Kind mit einer Freude liebte, die ein Kind von Lucero niemals in ihr hätte hervorrufen können.
Sie sollte Pater Salvador ihre Sünde beichten, aber wie könnte sie das? Der Priester würde verlangen, dass sie niemals wieder bei ihrem Liebsten liegen, ihm vor der Welt entsagen sollte. Er würde gefangen, eingesperrt und erschossen werden.
Allein der Gedanke ließ sie erschauern. Nein, es würde für sie keine Erle ichterung durch die Beichte geben. Sie sehnte sich so sehr nach seiner Rückkehr, und zur gleichen Zeit fürchtete sie sich auch davor.
Allein zu schlafen rief in ihr ein solches Gefühl der Einsamkeit hervor, dass sie sich angewöhnt hatte, bis in die Morgenstunden zu lesen, ehe sie sich zur Ruhe begab. Seine zärtlichen Berührungen, die Wärme seines Körpers, wenn er sie beschützend an sich zog - sie sehnte sich verzweifelt danach.
Aber mehr noch als alles andere vermisste sie seine Stimme, sein Lachen, seine Gesellschaft. Er war ihr beides, Geliebter und Freund, der Vater ihres Kindes - und ein Fremder.
Ihr Bauch rundete sich allmählich. Angelina kümmerte sich um sie und verstand ihre Trauer. Jeder erwartete die Rückkehr des Patrons und wollte ihn mit Freude begrüßen. Nur Mercedes wusste von der Veränderung, die ihnen vielleicht bevorstand.
Das bittersüße Idyll war vorüber.
Mariano Vargas zügelte sein Pferd und ließ seinen Blick konzentriert über die felsige Landschaft schweifen. Seine Männer hatten die auffallende Livree der Vargas mit den einfachen Kleidern der contre-guerillas vertauscht. Sie verbargen sich am Eingang eines tiefen Flußcanyons, das die alte Handelsstraße kreuzte, die El Camino Real genannt wurde, die alte königlich-spanische Straße, die sich vo n New Mexico bis Mexico City erstreckte.
Eine kleine Staubwolke in der Ferne kündete von der Ankunft eines größeren Wagenzugs, der von bewaffneten Reitern begleitet wurde. In einer kleinen schwarzen Kutsche saß der Mann, den Vargas vernichten wollte.
Herna n Ruiz, der trotz seines zerschmetterten rechten Armes ein bemerkenswert guter Reiter war, zügelte neben Vargas sein Pferd. "Können wir Emelio, diesem Wilden, trauen?"
Vargas stellte das Glas ein, durch das er spähte. Die Wagen und Reiter waren draußen in flachem, unfruchtbarem Buschland, durch das Fernrohr leicht zu erkennen. "Ich sehe die Kutsche von Juarez", sagte er triumphierend und reichte das Glas an seinen Kameraden weiter.
"Mir gefällt das noch immer nicht, Mariano. Dein Vater..."
"Mein Vater ist tot", sagte Vargas tonlos. "Umgebracht von dem Abschaum, der dort mit diesem Indianer reitet. Aber bald werden sie alle auch sterben."
"Diesen verräterischen Emelio eingeschlossen. Ich traue niemandem, der sich gegen seine eigenen Leute wendet."
Vargas zuckte spöttisch die Schultern. "Wir haben ihn gut bezahlt. Ein Jammer, dass er nicht lange genug leben wird, um das Geld auszugeben."
"Und du machst dir keine Sorgen wegen des jungen Alvarado?"
"Nachdem es den beiden Männern meines Vaters nicht gelang, ihn zu töten, schickte ich eine Nachricht zu General Mejia, der sehr daran interessiert war, von einem hacendado zu hören, der den Kaiser verraten hat. Seine Männer sorgten dafür, dass Don Lucero Juarez niemals erreichte. Ich habe einen vollständigen Bericht über seinen Tod erhalten."
"Juarez' alter Mitstreiter Emelio Jarol ist noch immer in seiner Vertrauensposition, soviel ist richtig", sagte Ruiz.
"Jetzt müssen wir
Weitere Kostenlose Bücher