Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shril Henke
Vom Netzwerk:
durch. Dann begann sie zu lesen, nachdem das Kind unter die Decken gekrochen war und atemlos lauschte. Als sie geendet hatte, löschte sie das Licht, küsste Rosario auf die Stirn und schlich auf Zehenspitzen aus dem Zimmer.
    Ein Rascheln vom Bett her veranlasste sie, sich umzudrehen.
    "Rosario, du hast versprochen, gleich zu schlafen", schalt sie sanft.
    "Oh, Mama, das werde ich. Aber erst muss ich unserem Herrn danken, weil er mein Gebet erhört hat."
    Mercedes nickte stumm, unfähig zu sprechen, und warf ihrer Adoptivtochter eine Kusshand zu. Dann schloß sie leise die Tür.
    Sie ging die Halle entlang und betrat ihr Zimmer. Noch immer kein Zeichen von Lucero. Gut. Vielleicht suchte er Innocencia. Sie überprüfte das Schloss an der Tür zwischen ihren beiden Zimmern, dann schob sie den Riegel vor die andere Tür und ging zu ihrem Kleiderschrank. Es dauerte nur einen Augenblick, dann war sie aus dem Musselinkleid und in ein Nachthemd geschlüpft. Sie trat an ihren Frisiertisch. Der gepolsterte Stuhl fing ihr Gewicht auf, als ihre Knie plötzlich nachgaben. Eine Weile saß sie einfach nur da und starrte in den Spiegel, dann zog sie die Nadeln aus ihrem Haar, nahm die Bürste und begann, es mit langen, gleichmäßigen Bewegungen zu bürsten.
    Gegen ihren Willen erschien das Bild von Nicholas vor ihren Augen, wie er auf einmal hinter ihr stand, ehe sie sich in sein großes Bett im Nebenzimmer zurückzogen. Das Bett, in dem in dieser Nacht ihr rechtmäßiger Ehemann schlafen würde. In den Augen der Kirche mochte er ihr Gemahl sein, aber in ihrem Herzen war Nicholas der Mann, dem sie anvertraut war.
    "Ich muss aufhören, daran zu denken, sonst verliere ich noch den Verstand", flüsterte sie, legte die Bürste nieder und rieb sich mit den Fingerspitzen die Schläfen. Sie stand auf, um die Kerzen zu löschen, als plötzlich die Tür zwischen den beiden Schlafzimmern einen Spaltbreit geöffnet wurde.

    Mercedes fuhr herum. "Aber wie ..." Die Frage erstarb auf ihren Lippen, als er einen alten Schlüssel hochhielt.
    "Mein Vater sagte mir, dass er ihn einst benutzte, um sich Zutritt zu meiner geliebten Mutter zu verschaffen - nicht, dass er ihn allzu oft benötigte", fügte er bitter hinzu. "Sie war schon immer sehr kühl. Was ist mit dir, Gemahlin? Bist auch du noch kühl, oder hat Nick dich erwärmt?"
    Mercedes sah zu, wie er den Raum betrat, vollkommen überzeugt, dass sie sich ihm hingeben würde, nur, weil er ihr Gemahl war. Jetzt konnte sie viele kleine Unterschiede zwischen ihm und Nicholas entdecken. Er war etwas kleiner, feinknochiger. Sein Gesicht wies nicht die Narbe auf, die ihr Geliebter hatte. Aber abgesehen von den äußerlichen Unterschieden fühlte sie einfach, dass dies der falsche Mann war. Sie tastete nach der Sharps in der Tasche ihres Morgenmantels und spannte sie. Dann zog sie sie mit erstaunlich ruhiger Hand heraus und zielte auf Lucero. "Ich bin eine recht gute Schützin geworden, und da ich bereits einen Mann getötet und einen anderen verwundet habe, würde ich keinen Augenblick zögern, dich zu erschießen."
    Die Geste mit der Pistole und ihre einfache Erklärung waren so sachlich, dass Lucero innehielt. Rasch gewann er seine Haltung wieder und kreuzte die Arme vor der Brust. "Ich habe ein Recht auf deinen Körper."
    "Du hast auf dieses Recht verzichtet, als du mich einem anderen gabst, Lucero."
    Er machte einen weiteren Schritt, forderte sie heraus. "Du kannst keinen Unbewaffneten erschießen."
    "Für dich würde ich eine Ausnahme machen. Dein Tod würde eine Menge Probleme lösen."
    "Für dich und Nick?" Er lachte leise. Es war ein tiefes, boshaftes Lachen. "Du kannst ihn nicht heiraten, das weißt du."
    "Wenn du tot bist, schon. Komm nur noch einen Schritt näher", gab sie zurück.

    "Das wäre Inzest in den Augen der Kirche." Sie erbleichte, und die Waffe zitterte einen Moment lang. "Du kleine Närrin, hast du es nicht erraten? Was glaubst du - warum sieht er mir wohl so ähnlich? Woher sollten diese Alvarado-Augen kommen
    - die Augen meines Vaters? Die Augen meiner Tochter? Er ist mein Bruder! Du hast dic h in einen von Anselmo Alvarados Bastarden verliebt! Seine Mutter war eine gringa, eine Hure aus New Orleans. Er ist Abschaum, ein Niemand, der sein Leben als bezahlter Killer verbracht hat. Und du trägst jetzt den Bastard eines Bastards. Wie passt das zu einer vornehmen Dame?"
    Kleine Sterne tanzten vor ihren Augen. Sie blinzelte, und ihre Knie zitterten. "Du bist der Killer, nicht

Weitere Kostenlose Bücher