Wildes Blut
Arm aus, um eine Locke aus seiner Stirn zu streichen. Er bewegte sich im Schlaf und murmelte etwas, das sie nicht verstehen konnte, dann warf er ruhelos den Kopf hin und her, als hätte er einen bösen Traum.
"Sorge dich nicht um ihretwillen. Du musst nicht für die Sünden deines Vaters bezahlen", flüsterte sie. Dann lächelte sie traurig, als sie erkannte, dass er sich für genügend eigene Sünden würde verantworten müssen.
Fletcher und seine Gruppe machten sich gleich nach Tagesanbruch auf den Weg nach Durango. Die kleine Karawane, die nun mit ausgeruhten und gut gefütterten Pferden unterwegs war, verschwand in der Ferne. Mercedes bemerkte, dass Lucero ihnen gedankenverloren nachblickte. "Glaubst du, dass sie es schaffen?"
"Nach Durango? Ich denke schon", entgegnete er geistesabwesend. Sein Kopf schmerzte nach dem vielen Brandy der vergangenen Nacht so sehr, dass er ihre Frage kaum verstanden hatte. Er hatte darüber nachgedacht, wie er mit Bart McQueens Anweisungen umgehen sollte, und war froh, dass der unbequeme Mann Gran Sangre nun verlassen hatte. Dann fuhr er fort: "Wenn du aber wissen willst, ob sie die Ansiedlung im Tal überleben und richtige Mexikaner werden, so lautet die Antwort nein. Es sind Amerikaner. Zum Teufel, sie sprechen nicht einmal genug Spanisch, um sich zu verständigen."
"Was ist mit dem Immigrationsplan des Kaisers? Du glaubst nicht, dass er damit Erfolg hat, oder?"
"Nicht mit Leuten wie diesen", gab er zurück.
"Du tust so, als würdest du viele Amerikaner kennen."
"Viele kämpften mit den contre-guerillas", antwortete er bedachtsam.
Sie spürte, dass er sich nicht wohl fühlte, aber sie zögerte, sein einsames Trinken in der vergangenen Nacht oder den möglichen Grund dafür anzusprechen. Die Sorgen um das Überleben von Fletcher und seiner Gruppe war eines seiner geringsten Probleme, dessen war sie sicher.
Er stapfte zu den Stallungen hinüber und ließ sie allein und verwirrt im Hof stehen.
"Warum sollte es mich interessieren, was ihn bekümmert?"
fragte sie sich. Er ist dein Gemahl, erinnerte die Stimme der Pflicht sie.
Die einzige Möglichkeit, die Antwort herauszufinden, war, die Mutter ihres Gemahls zu fragen.
13. KAPITEL
Mercedes ging ihren morgendlichen Pflichten nach und dachte dabei noch immer an Luceros seltsames Verhalten.
Gegen Mittag sehnte sie sich danach, dass Rosario ihren Unterricht beendete und ihr in der Küche Gesellschaft leistete.
Das K ind blühte auf und hatte seine Schüchternheit überwunden. Sie wurde zu einem lebhaften, neugierigen fünfjährigen Mädchen.
Als sie die Küche betrat, legte Angelina die Suppenkelle ab und machte ein besorgtes Gesicht. "Sefiora, Rosario hat sich verspätet. Be hält Pater Salvador sie länger bei sich, weil sie ihre Lektionen nicht richtig gelernt hat?"
"Sie ist nicht hier?" Mercedes biss sich auf die Lippe. "Ich werde nachsehen. Aber sie macht ihre Aufgaben so gut, dass ich das bezweifle. Er scheint sich über ihre Fortschritte zu freuen."
Der Priester hatte Rosario zur üblichen Zeit entlassen und wusste nicht, wo sie sich aufhalten könnte. Jetzt war auch er besorgt, und sie suchten das ganze Haus ab. Mercedes erinnerte sich daran, wie sehr das kleine Mädchen die Blumen liebte, und fand sie wenig später zwischen den Rosenstöcken. Das Kind schluchzte herzzerreißend.
"Sag mir, was geschehen ist", verlangte sie, nachdem sie Lupe fortgeschickt hatte, um die Suche abzubrechen. Mercedes streichelte ihr über das dunkle Haar und hielt sie ganz fest.
Rosario schluchzte auf und presste ihre kleinen Fäuste gegen die Augen. "Es tut mir leid. Ich wollte sie nicht verärgern."
"Wen, mein Schätzchen?" fragte Mercedes und dachte, dass sie Innocencia persönlich bestrafen würde, wenn sie das Kind wieder gescholten haben sollte.
"Sie ... sie ist die Mutter meines Papas, oder?"
Die Frage überraschte Mercedes. "Du meinst Dona Sofia?"
Plötzlich keimte ein schrecklicher Verdacht in ihr auf. Als das Kind nickte, fragte sie: "Warst du in ihren Gemächern?"
"Ich wollte sie nur sehen und fragen, ob - ob ..."
Mercedes nahm Rosario in den Arm. "Was wolltest du fragen?"
"Ob sie meine Großmutter ist. Meine Mutter ist tot, aber nun habe ich meinen Papa und dich. Er sagte, wir wären eine Familie, aber ich habe gehört, wie Lupe und Angelina über seine Mutter sprachen, die so krank ist, dass sie niemals ihre Gemächer verlässt. Ich dachte, sie wäre vielleicht einsam. Ich wollte ihr vorlesen, um sie
Weitere Kostenlose Bücher