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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
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seufzte sie dabei sehnsüchtig.
    Er kam nur selten nach Dry Gulch, was sie insgeheim bedauerte, da sie ein bißchen in ihn verliebt war, obwohl er ihre Hoffnungen und Gefühle für ihn nie ermutigt hatte. Er benutzte sie zwar nicht so brutal wie die anderen, aber ein Benutzen war es schon. Tief in ihrem Herzen wußte Lolly, daß sie nur der Befriedigung seiner Lust diente, auch wenn er immer sie wählte, wenn er in der Stadt war. Er machte es nur, weil sie gepflegter und nicht so schmutzig wie die anderen war. Nach den Maßstäben von Dry Gulch war Slade »zimperlich«, aber keiner, dem seine Haut lieb war, hätte ihm das je ins Gesicht gesagt. Wenn er auch übertrieben reinlich war, konnte er doch auf fünfzig Meter ein Auge aus einer Spielkarte schießen, und außerdem war er, wie alle wußten, unglaublich jähzornig.
    Slade war zwar ein berüchtigter Revolvermann und Kopfgeldjäger, aber auch einer der wenigen Männer in der Stadt, auf dessen Kopf kein Preis ausgesetzt war. Er bewegt sich zwar ganz nach Belieben auf beiden Seiten des Gesetzes (wenn auch öfter auf der richtigen als auf der falschen Seite), aber die Tatsache, daß ihm keine Gesetzesmänner oder Kopfgeldjäger auf den Fersen waren, war eher seinem Geschick als seiner Moral zuzuschreiben. Natürlich hatte er, wenn es die Situation verlangte, keinerlei Skrupel, seine beiden, speziell für ihn gefertigten, silberbeschlagenen, sechsschüssigen 45er Colt Peacemaker mit den Elfenbeingriffen und den einundzwanzig Zentimeter langen Läufen mit tödlicher Treffsicherheit einzusetzen.
    In seiner Nähe fühlte Lolly sich sicher, aber sie war sofort in Alarmbereitschaft, als Slade eine heimliche, aber unmißverständliche Bewegung machte, deren Bedeutung nur allzu klar war. Die Erfahrung hatte sie gelehrt, daß es dumm war, sich dem Befehl eines Mannes zu widersetzen, also begann sie verängstigt, so unauffällig wie möglich vom Tisch wegzurutschen.
    Slade spielte jetzt schon seit vielen Stunden Karten, und die ganze Zeit über war er sich sicher gewesen, daß man ihn betrog. Er hatte jeden Mann am Tisch genau beobachtet und wußte jetzt, wer der Schuldige war. Der Mann, der in Dry Gulch als »der Dekan« bekannt war, hatte die ganze Zeit Karten von unten ausgeteilt und auch einige im Ärmel verschwinden lassen.
    Wenn es etwas auf dieser Welt gab, das Slade Maverick haßte, dann waren es Falschspieler. Selbst in Dry Gulch spielten die Männer am Pokertisch ehrlich – oder sie spielten überhaupt nicht.
    Als jetzt die gierigen Hände des Dekans wieder den Gewinn einstreichen wollten, schoß Slades linke Hand nach vorn und klatschte auf das Geld in der Mitte des Kartentisches. Wie Reis bei einer Hochzeit flogen die Dollarscheine in die Luft. Mit ominösem Geklapper rollten ein paar Silbermünzen auf den tabakverklebten Boden.
    »Was soll das, Maverick?« fragte der Dekan, und seine schwarzen Augen waren plötzlich mißtrauisch und funkelten böse im Lampenlicht. Er biß in die dicke Zigarre, an der er schon den ganzen Tag paffte. »Eine Full Hand schlägt drei Damen allemal – das weißt du!«
    »Ja«, sagte Slade gelassen, »wenn die Full Hand ehrlich ausgeteilt worden ist.«
    »Dein Ton gefällt mir nicht, Maverick. Für mich hört sich das so an, als beschuldigst du mich als Falschspieler!«
    »Du hast recht gehört«, sagte Slade leise. »Krempel die Ärmel hoch, Dekan, damit ich und die Jungs sehen können, was du da drin hast.«
    »Du machst einen großen Fehler, Maverick. Solche wie dich hab’ ich reihenweise umgelegt, bevor du auf der Welt warst! Aber so alt bin ich wohl noch nicht, daß ich nicht …«
    Im selben Moment sprang der Dekan plötzlich auf und versetzte dem Kartentisch einen Stoß, um Slade umzuwerfen. Durch die Stille im Saloon peitschten Schüsse. Die Schweinsaugen des Dekans wurden groß vor Staunen, als sich in schneller Reihenfolge mehrere Kugeln in seinen massigen Körper bohrten. Frauen schrien und liefen weg. Blut spritzte so heftig aus den klaffenden Wunden des Dekans, daß sich alles um ihn herum rot färbte. Wild um sich schlagend, taumelte er rückwärts und schoß dabei seinen Revolver leer, aber die Kugeln schlugen in die Wände und den umgestürzten Pokertisch ein. Dann ließ er stöhnend seine Waffe fallen, krümmte sich, umklammerte verzweifelt seine Brust und Bauch, aus denen ihm das Blut durch die Finger tropfte. Mit schwerer Schlagseite machte er zwei unsichere Schritte und fiel über einen Stuhl, der zerbrach.

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