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Wildes Blut

Wildes Blut

Titel: Wildes Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Brandewyne
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andere Orte, an denen er gewesen war und besser als einige von ihnen. Der einsame Reiter spürte die neugierigen, heimlichen Blicke, die ihm folgten, als er mit klirrendem silbernem Zaumzeug und Sporen die Straße hinuntertrabte.
    Instinktiv schlugen die Bewohner der Stadt einen großen Bogen um ihn, denn sie wußten sofort, was er war. Nur drei Sorten Männer im Westen trugen zwei Revolver: Greenhorns, Narren und, sehr selten, Profis. Und dieser Mann mit dem harten, hungrigen Gesicht, hager, muskulös – war weder ein Greenhorn noch ein Narr. Sie hatten Männer wie ihn schon gesehen, und selbst die Schlimmsten unter ihnen wollten mit dieser gefährlichen Art nichts zu tun haben: Revolvermänner, Kopfgeldjäger, Männer, die sich auf beiden Seiten des Gesetzes bewegten. Diejenigen in der Stadt, die kein reines Gewissen hatten, wandten sich vorsichtig ab, jeder in der Hoffnung, daß er nicht seinetwegen gekommen war, dieser Mann. Niemand ahnte, daß es kein Kopfgeld war, was ihn nach Wichita gebracht hatte.
    Der Reiter mußte grinsen, als er die abgewandten Köpfe sah. Vielleicht konnte er hier doch ein paar Geschäfte machen, dachte er. Dann erinnerte er sich an den Grund seiner Anwesenheit in Wichita, und sein Lächeln erlosch. Seine behandschuhten Hände packten die Zügel fester, die einzige Geste, die seine innere Verwirrung und seinen Zorn andeutete.
    In diesem Augenblick bemerkte er den Aufruhr ein Stückchen weiter die Straße hoch. Er ließ sein Pferd im Schrittempo gehen und hielt vorsichtig Ausschau. Aber seine Vorsicht war unnötig. Er sah jetzt, daß der ganze Aufruhr nur eine ungeheuer aufgebrachte Frau war – die Frau oder die Geliebte irgendeines bedauernswerten Mannes, darauf würde er wetten. Und er kam zu dem Schluß, daß er die Wette auch gewonnen hätte, denn sie saß auf einer zierlichen braunen Stute, fuchtelte mit einem Gewehr herum – als wäre sie wild entschlossen in die Stadt geritten, um ihren Mann einzusammeln – und brüllte eine armselige, aufgedonnerte Schnalle an, die aus einem Fenster im ersten Stock des Saloons hing.
    Der Reiter schüttele angewidert den Kopf ob dieses Schauspiels. Gott sei Dank war er nie so dumm gewesen, sich an eine Frau zu binden. Oh, sie waren wunderbar, wirklich wunderbar, in einer langen, einsamen Nacht, wenn es einen Mann nach etwas Weichem und Warmen gelüstete. Aber am Morgen war es Zeit, weiterzuziehen – bevor sie einen so bezirzten, daß man nie wieder loskam. Ja, leicht gefreit, leicht entzweit, das war sein Motto. Man sah ja hier, was passierte, wenn sie einen am Haken hatten. Man konnte nicht einmal in Ruhe einen Drink genießen – oder etwas anderes!
    Frauen! schnaubte er verächtlich. Mein Gott!
    Wechselbälger sollte man sie nennen, denn sobald sie einen Ehering am Finger hatten, veränderten sie sich, und wie! Selbst die Schüchternsten und Süßesten verwandelten sich über Nacht in widerliche Hausdrachen. Wenn sie einen nicht wegen des Trinkens beschimpften, war es das Rauchen oder das Huren. Er hatte es, weiß Gott, oft genug beobachtet. Und wehe dem unvorsichtigen Ehemann, der seine Frau nicht beachtete, er würde bezahlen müssen, wie dieser arme Kerl hier anscheinend auch.
    Armer Narr, dachte der Reiter verächtlich. Man sieht, daß er keinen Mumm hat. Wenn die heißblütige Stute meine wäre, würde ich ihr schon ein paar Manieren beibringen!
    Er wollte weiterreiten, aber die nächsten Worte der Furie ließen ihn sein Pferd sofort zügeln. Erstaunt starrte er die schlanke, tobsüchtige Gestalt an.
    »Ich hab’ dich gewarnt, Jonathan Beecham!« brüllte sie. »Ich hab’ dich wiederholt gewarnt – offen und fair, sag ja nicht, ich hätte es nicht getan!«
    Dann, ehe der reaktionsschnelle Reiter etwas unternehmen konnte, hatte Rachel Wilder beide Läufe ihrer 1869er Parker »Damascus« auf das Saloonfenster gerichtet und abgedrückt.
    Zum Glück für Jonathan hatte die Hure Emmalou einen ausgeprägten Selbsterhaltungstrieb und riß ihn mit sich zu Boden, einen Augenblick, bevor das Fenster und ein Großteil des Rahmens in tausend Stücke zersplitterten und sich ein Regen von Glas und Holz über das ganze Zimmer und die Straße darunter ergoß. Der Lärm war ohrenbetäubend und der Rückschlag des Gewehres fürchterlich, aber Rachel und ihr Pferd Sunflower waren seit langem daran gewöhnt. Rachel hielt sich am Sattel fest und betrachtete die Wirkung ihres Schusses (den sie schon bald sehr bereuen sollte). Ihr braves Pferd warf

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