Wildes Erwachen
die Nürnbergers noch für das Wirtshaus bekomme ich einen Durchsuchungsbeschluss, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche! Aber«, er lehnte sich zurück, verschränkte die Arme und signalisierte mit bedächtigem Kopfnicken Entschlossenheit, »ich werde mir den verflixten Wagen ansehen, gleich morgen früh.«
»Aber wie willst du …?«, begann Kral zaghaft.
»Lass dich überraschen, mir fällt schon was ein«, entgegnete Schuster lachend, »schließlich hat der Mann ohne Not seinen Hund auf dich gehetzt.«
Er hatte sie aus seinem Bett geworfen und in die daneben liegende Kammer gesperrt, aus der es kein Entrinnen gab. Das Fenster hatte er inzwischen mit einer Verschalung so verrammelt, dass ihr auch dieser Weg in die Freiheit versperrt war.
Ihr graute vor der folgenden Nacht. Sie würde wenig schlafen, dabei aber immer wieder von diesen schlimmen Alpträumen geplagt werden. Die Hexe und ihr missratener Sohn wollten immerzu nur quälen und töten. Manchmal standen nur die Bilder ihrer lachenden oder keifenden Fratzen dicht vor ihrem Gesicht, dann wieder die sich ständig wiederholdende Erschießung von Fritz, inszeniert als Hinrichtung, wobei fast immer seine Mutter das Kommando zum Schießen gab. Schließlich ihr eigenes Ende, das nie ohne die vergebliche Flucht und irgendeinen Bezug zum Schlachten auskommen wollte.
Wenn sie dann heftig atmend und verschwitzt aufwachte, drehten sich ihre Gedanken im Kreis: Sie wusste, dass sie es auf dem Hof nicht länger aushalten konnte. Ihr war klar, dass sie über kurz oder lang schwanger werden würde, denn dieses Schwein hielt es nicht für nötig, sich ein Kondom überzuziehen. Sie hatte ihn einmal darum gebeten, aber nur ein blödes Grinsen geerntet. Wahrscheinlich war dieser Trottel zu blöde, um sich die Dinger zu besorgen, oder er glaubte, Prostituierte könnten nicht schwanger werden. Wäre ja auch nicht sein Problem! Was dann, wenn sie von dieser missratenen Kreatur ein Kind im Bauch trug?
Ihr Plan nahm langsam Gestalt an: Sie hatte neben dem Stall in dem Raum, wo der Rübenhäcksler untergebracht war und wohin er das Futter lieferte, ein alte, völlig verrostete Axt gefunden. Außerdem hatte sie mehrere ausrangierte Kälberstricke zusammengesucht und ebenfalls in der Futterkammer versteckt. Blieben nur noch das Wie und das Wann! Die Schwierigkeit bestand darin, dass er sie fast nie aus den Augen ließ, ihr bei der Arbeit kaum einmal den Rücken zuwandte. Zwar gab es die Situationen, wo er kaum Herr seiner Sinne war: Wenn er gierig grunzend über sie herfiel, um seine Geilheit zu befriedigen. Das geschah einmal, manchmal zweimal am Tag, fast immer nach dem gleichen Schema: Er drückte sie aufs Bett und entkleidete sie mit groben Griffen. Dann begann er mit seiner Knutscherei, bohrte ihr seine Zunge in den Mund. Sein faulig stinkender Atem verursachte ihr heftigen Brechreiz. Saugend und lutschend arbeitete er sich in tiefere Regionen vor. Wenn er der Meinung war, sein Vorspiel habe sie geil genug gemacht, drang er in sie ein und erreichte in der Regel schnell den Höhepunkt.
Ihre Chance könnte sich ergeben, wenn er sich heftig schnaufend und stöhnend zur Seite gewälzt hatte und entspannt neben ihr lag, zufrieden mit seinem Gerammel. Das Schwein schien wirklich zu glauben, dass ihr diese Erniedrigung Spaß machte und ihre Schmerzensschreie Ausdruck höchster Lust waren.
Aber wie sollte sie die Axt in sein Zimmer schmuggeln? Die musste ja griffbereit unter oder neben dem Bett liegen. Oder sollte sie ihm doch lieber beim Eintreten in den Keller auflauern und ihm das Ding über den Schädel ziehen?
Immer wieder quälte sie die Frage, welche Rolle der ältere Mann spielte, dem Nürnberger ab und zu erlaubte, zu ihr ins Bett zu steigen. Ein Freund konnte er nicht sein, dafür stritten sie sich zu oft, worüber, war ihr nicht klar. Sie verstand zwar ziemlich gut Deutsch, aber dem Dialekt, den die beiden benützten, konnte sie überhaupt nicht folgen. Wahrscheinlich stritten sie sich über den Preis, den er zu bezahlen hatte. Eigentlich ein bequemer Freier, denn er bequatschte sie nicht und verzichtete auf jegliche Zärtlichkeit. Außerdem roch er angenehm, irgendwie frisch, manchmal glaubte sie sogar, Waldluft zu riechen. Wie würde er reagieren, wenn sie ihm von der Sache mit dem Brudermord erzählte? Wahrscheinlich würde er ihr gar nicht zuhören, denn er vermied jedes Gespräch.
»Du mir helfen?«, hatte sie ihn einmal gefragt, aber er hatte nur mit
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