Wildes Erwachen
unterkühltes Lächeln.
Die Sitzung nahm ihre Fortsetzung im Brauhaus Selb, jetzt allerdings im kleinen Kreis mit Brückner, Schuster, Ploß und Kral. Aneta Kučerová hatte die Aufgabe übernommen, Oberst Jurosz, den stellvertretenden Leiter der Polizeidirektion, zurück nach Eger zu chauffieren.
»Außer Spesen nichts gewesen!«, kommentierte Schuster lachend das Treffen, »der Giftzwerg war leider nicht zu bremsen, als er über meinen Chef von dem Termin gehört hat. Er hätte das mit Sicherheit noch größer aufgezogen, wenn genug Zeit zur Vorbereitung geblieben wäre.«
»War auch so überflüssig wie ein Kropf!«, meinte Brückner, »jetzt dürfen wir hier nachsitzen, um die wirklich wichtigen Dinge zu besprechen. Aber zunächst habe ich Kohldampf. Jan, du kennst dich hier ein bisschen aus. Was kannst du mir empfehlen?«
»Wenn ich das richtig sehe«, antwortete der, »ist heute Donnerstag und das ist hier in dem Laden der Kronfleisch-Tag. Also, ich bestelle mir eine Portion.« Schuster zeigte sich begeistert: »Muss ich unbedingt auch probieren, mal sehen, wie das hier schmeckt!« Ratlosigkeit bei Brückner und Ploß, die die eher im Fichtelgebirge und in der nördlichen Oberpfalz verbreitete Spezialität nicht kannten.
»Schön, könnte ich vielleicht auch bestellen, wenn mir mal jemand sagen würde, was ich damit meinem Magen zumute«, meldete sich Brückner etwas ungehalten. »Mach du!«, richtete sich Kral an Schuster, »du bist in der Region verwurzelter als ich.« – »Also gut«, begann der, »ich versuch’s mal: Das ist das Zwerchfell vom Rind. Wird in einer Brühe kurz gekocht, damit es innen noch rosa ist. Serviert wird es mit Brot, glasierten Zwiebeln, Meerrettich und Kräuterbutter. Sehr schmackhaft, aber«, jetzt lachte er, »man sollte schon gute Zähne haben, denn butterweich ist das Fleisch gerade nicht.«
»Also zäh! Aber trotzdem, klingt irgendwie gut!«, stellte Brückner entschlossen fest, »ich probier’s einfach mal!« Ploß zuckte jedoch zurück. Das Zwerchfell gehöre schließlich zu den Innereien, begründete er seine Ablehnung mit einem leichten Anklang von Ekel in der Stimme, und an so etwas gehe er mit Sicherheit nicht ran. Er entschied sich auf Hoferisch für »a boor Broodwäscht mid Kraud!«.
Die Bestellung nahm eine außerordentlich hübsche junge Bedienung auf, die, das zeigte ihr Akzent, aus Tschechien stammen musste. Eigentlich klar, dass Brückner jetzt den Mund nicht halten würde. Es musste irgendein Spruch von ihm kommen, das war er seinem Ruf schuldig.
Sein geziert vorgetragener Annäherungsversuch: »Darf man fragen, woher das schöne Fräulein kommt?« wurde höflich, aber knapp beantwortet: »Aus Asch, mein Herr!« Und schon war die Bedienung wieder in Richtung Theke unterwegs. Ploß’ missbilligendes Kopfschütteln zeigte, dass er die Sache lieber selbst in die Hand genommen hätte und bedeutend einfühlsamer vorgegangen wäre.
»Also, ihr habt ja gehört, was bei uns abläuft«, kam Brückner auf den eigentlichen Zweck des Kneipentreffens zurück, »wir sind überzeugt, dass die Straková ganz oben in der Hierarchie der Bande angesiedelt ist. Warum sonst hätte man die aus der Direktion rausgeholt? Haben wir die, haben wir sie alle!«
Schuster schüttelte ungläubig den Kopf: »Mir will immer noch nicht in den Kopf, wie man die Frau …!«
»Ist schon gut, Karl!«, unterbrach ihn Brückner ungehalten, »wäre natürlich in Deutschland nicht passiert! Wir sind eben, was die Arbeit der Polizei angeht, eine Bananenrepublik. Damit musst du einfach leben. Sag mir lieber, was bei eurer Aktion in Bayreuth rausgekommen ist!«
Schuster versuchte sich zu verteidigen: »Das war doch keine Kritik! Außerdem wollte ich niemanden beleidigen!«
»Ist gut, hab’ ich gesagt! Reden wir nicht mehr drüber!«, reagierte der Major kühl, »wir waren inzwischen schon bei Bayreuth!«
»Da hat sich nicht viel Verwertbares ergeben«, kam Schuster zur Sache, »die Vermittlungsaktionen über Eger sind nicht in den Büchern vermerkt. Bei dem Institut handelt es sich um eine in England registrierte Gesellschaft mit beschränkter Haftung, eine so genannte Limited. Das hat vor allem den Vorteil, dass man nur ein sehr geringes Eigenkapital als Stammeinlage benötigt, ein Pfund, hat man mir gesagt. Die Gründerin der Gesellschaft ist Frau Straková. Jetzt wird’s aber spannend: Einer der Gesellschafter ist ein Bayreuther –«
»Bauunternehmer«, platzte Kral
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