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Wildes Erwachen

Wildes Erwachen

Titel: Wildes Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Koenig , Birgit Koenig
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etwas verlegen, »aber man will ja nicht immer gleich mit der Tür …, na ja, Sie wissen schon.«
    »Schon«, antwortete die Dame, »aber Sie sollten wissen, ich halte es mit dem klaren Wort. Übrigens: Die Geschäfte der Dame sind mit Sicherheit nicht koscher. Nicht wahr, Herr Hörl?«
    Als die Runde auseinanderging, war der Saal fast bis auf den letzten Platz besetzt. Kral staunte, denn kaum ein Mann war zu sehen, die meisten Tische waren besetzt mit Damen der gehobenen Alters- und Einkommensklasse, Kaffeekränzchen eben, wie sie typisch sind für eine Weltstadt auf Zeit.
     
    Kral war auf der Autobahn in Richtung Fichtelgebirge unterwegs. In gut einer Stunde hatte er den nächsten Termin, und zwar im GPZ Selb, wo sich Vertreter der Kripo-Dienststellen Hof und Eger treffen wollten. Ihm war die Rolle des Dolmetschers zugedacht. Nun setzte allerdings leichter Nieselregen ein. Ziemlich kalt, könnte auf der Landstraße Schwierigkeiten mit Glätte geben, denn mit zunehmender Höhe wird’s mit Sicherheit noch kälter werden.
    Als er hinter Gefrees auf den Höllpass zusteuerte, hatte er den Salat: Vor ihm auf der langen Steigung stand der Verkehr. Ziemlich weit oben rotierten mehrere Blaulichter. Wahrscheinlich ein Unfall. Verdammter Mist! Was tun? Zurück nach Gefrees und dann über den Waldstein in Richtung Heimat? Nicht gut, da geht’s noch höher hinauf! Also warten und hoffen, dass es da vorne bald weiter geht!
    Was gab das für ein Bild ab, wenn er nicht mal in der Lage war, einen Termin im GPZ Selb pünktlich wahrzunehmen? Ihm genügte schon das Gemecker in der Schule über seine Extratouren, wie man sein Engagement bei der Polizei dort bezeichnete. Aber irgendwie hatte er Verständnis für die Kolleginnen und Kollegen, die für ihn Vertretungen schieben mussten. Schließlich hatte man ihm vier Entlastungsstunden zugebilligt.
    Er hatte Klassik-Radio eingeschaltet, obwohl der Sender nicht so recht sein Ding war: Konzert- und Opern-Highlights in Häppchenform, dazwischen immer wieder viel Gelaber und Werbung. Eigentlich eine Dauerwerbesendung für Tonträger der klassischen Musik! Aber immer noch besser als das nervende Gewummer der Popwellen, das irgendwie hohl und nach Plastik klang.
    Zurücklehnen und Augen zu! Nicht ärgern, entspannen! Sollten sie doch ohne ihn anfangen! Seine Dolmetscherei war eh nur eine Schaufensteraktion: Seht her, auch die bayerische Polizei ist multilingual!
    Dass er jetzt durch das Schulhaus irrte und diese 7d nicht fand, machte ihn reichlich nervös, rechnete er doch damit, dass ihm sein Direktor einen Kontrollbesuch abstatten würde. Hat man denen ein neues Klassenzimmer zugeteilt? Oder wollen die Schüler ihm einfach nur eins auswischen? Keine Ahnung! Also noch mal rein ins Lehrerzimmer, nachsehen auf dem Klassenplan! Seltsam, da war überhaupt keine 7d verzeichnet. Plötzlich hinter ihm Frau Engel mit ihrem typischen »Zum-Chef-Gesicht« samt der Zusatzinformation »Krieg-in-Sicht«. Also rüber ins Allerheiligste. Nur in dem Zimmer war kein Chef zu sehen! Plötzlich heftiges Klopfen an der Tür. Was soll jetzt dieses …?
    Klassik-Radio mit seiner Vorliebe für die absoluten Highlights hatte sich inzwischen für Schumanns »Träumerei« entschieden. Kral, der seinen Traum gerade hinter sich gebracht hatte, dachte: Wieder so eine blöde Geschichte! Irgendwie scheine ich nie so richtig in dieser pädagogischen Dienstleistungsfirma angekommen zu sein.
    Die vorwurfsvolle Stimme kam von draußen: »Herr Nachbar, wollen Sie hier übernachten? Sie halten doch den ganzen Verkehr auf!« Er blickte nach vorne. Der Stau hatte sich aufgelöst. War er doch tatsächlich eingenickt! Um fünf begann die Sitzung. Wenn er jetzt zügig weiterkam, konnte er das GPZ noch mit geringer Verspätung erreichen.
     
    Als Kral das eher kleine Sitzungszimmer des GPZ betrat, staunte er nicht schlecht: 15 oder gar 20 Personen drängten sich in dem Raum zusammen. Ein Team vom Hofer Fernsehsender hatte eine Kamera aufgebaut. Sieht eher nach einer Pressekonferenz aus, dachte Kral und jetzt entdeckte er ihn: An der Tischreihe zu seiner Linken, den Zuhörern zugewandt, saß Dr. Wohlfahrt, wie nicht anders zu erwarten, in der Mitte. Rechts neben ihm ein freier Stuhl, es folgten der Leiter des Zentrums und dann die Hofer Kommissare Schuster und Ploß. Auf der anderen Seite folgte zunächst ein Kral unbekannter Polizist aus Tschechien, den Rangabzeichen nach ein Oberst, daneben Brückner und schließlich Frau

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