Wildes Herz
Leon antwortete nicht, sondern grinste nur zufrieden vor sich hin.
Kapitel 11
Milwaukee, drei Wochen später
„Ich vermisse mein Rudel und mir fällt die Decke auf den Kopf.“ Chris biss mir von hinten sanft in den Nacken und legte seine Hände auf meine Hüften.
„Ich weiß nicht, wie ich die anderen vom Meutern abhalten kann, Chris.“ Ich hatte viel gelernt und einen interessanten Besuch von Black Feather gehabt, die mich unbedingt kennenlernen wollte. Das Gespräch mit ihr war äußerst aufschlussreich gewesen. Neben den bekannten Dingen hatte ich noch von einigen anderen netten Features erfahren. Da war zum Beispiel die Fähigkeit, dass ich jeden Wolf dazu zwingen konnte, sich zu wandeln. Eine Berührung meines Tiers genügte. Irgendwann würde ich es auch durch einen einfachen Gedanken tun können, versicherte mir die charismatische Lykanerin aus Arizona. Sie war nicht klassisch schön. Ihre Nase war ein wenig zu groß, die Wangen kantig, ihr Gesicht flach und die dunklen Augen riesig. Es war ihre Ausstrahlung, die sie so anziehend wirken ließ, ihr Lachen und ihre natürliche Art. Am liebsten hätte ich mich vor ihr zusammengerollt und auf ihre Füße gelegt, selbst als Mensch. Black Feather machte mich völlig kirre auf eine positive Art und Weise.
Ich konnte einen Wolf von der Wandlung abhalten. Was ganz nützlich sein konnte bei Wölfen, die sich nicht wandeln durften, weil sie verletzt oder schwanger waren. Enya bekam es ganz gut alleine hin. Ich wollte auch nicht an ihr experimentieren, wollte ich sie und ihren Welpen nicht in Gefahr bringen. Bei Chris hatte es ganz gut geklappt, auch wenn es ihn gewaltig fuchste, dass er sich auch jetzt noch nicht wandeln durfte. Es verärgerte ihn fast so sehr wie die Tatsache, dass er nicht zu seinem Rudel zurückkehren konnte.
„Black Feather meinte doch, dass mir nicht passieren wird, wenn du für Ruhe sorgst.“ Chris knabberte an meinem Hals und leckte kurz über sein Zeichen. Ein Bissmal, das er mir verpasst hatte. Nicht das Erste, um ehrlich zu sein. Es war ungemein sinnlich und am liebsten hätte ich unser Liebesspiel weiter fortgesetzt. So sehr es mir gegen den Strich ging, ich musste erst einmal für klare Fronten sorgen. Ich brachte ein wenig Abstand zwischen uns, wollte es aber eigentlich gar nicht. Doch wenn er so nah war, fiel es mir schwer, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen. Mein Tier wurde dann zu dominant und wollte die Führung übernehmen.
Ich teilte Black Feathers positive Einschätzung nicht. Sicher konnte ich Ruhe ins Rudel bringen. Doch ich bezweifelte, dass ich die, die von Anfang an gegen mich waren, positiv beeinflussen könnte. Die Verbindungen zu meinen Rudelgefährten war ein klein wenig anders, als die von Chris. Unsere Strukturen funktionierten nebeneinander, unabhängig von dem anderen und doch im Gleichklang. Bei mir gab es keine Ränge. Bei Chris war jeder Wolf in feste Strukturen eingebunden. Mein Netz – das beschrieb es noch am ehesten – funktionierte eher auf einer emotionalen Ebene. Jeder, der mit mir verbandelt war, gehörte dazu. Aaron hatte in Chris Ranking eine Position knapp über einem Unterwürfigen, weil er neu im Rudel und anders war. Aber niemand würde ihn rausdrängen können, festigte seine Bindung zu mir seine Position. Wer drin war im Rudel, konnte freiwillig gehen, aber nicht mehr gegangen werden durch Antipathie. Chris als Alpha konnte weiterhin Wölfe verstoßen und ich ebenso. Chris war jedoch so eine gute Seele, dass er selbst an dem Problemwolf Tyler festhielt. Tyler tat sich schwer mit Autoritäten. Er war aufgewachsen in einem Rudel, in dem er als Waisenkind der Prügelknabe gewesen war. Dort musste er sich durchbeißen und war dennoch aus dem rumänischen Rudel rausgeekelt worden. Bevor Chris ihn aufnahm, war er umhergetingelt und war rudellos. Er hatte ordentlich einstecken müssen, aber auch selbst ausgeteilt. Tyler war ebenso ein geprügelter Wolf wie ich. Nur, dass er nicht den Schwanz einzog, sondern in die Offensive ging. Deshalb war ich auch ein rotes Tuch für ihn. Er hatte kein Mitleid, nicht mit mir, nicht mit Chris, mit niemandem! Wieso auch? Mit ihm hatte auch keiner Mitleid gehabt. Ich als Frau war dagegen verhätschelt worden. Jeder wollte es mir recht machen, nur Tyler nicht. Vielleicht war es ja an der Zeit, dass ich ihm klar zu verstehen gab, dass die Schonfrist vorbei war, für uns beide! Ich musste aufhören den geprügelten Hund zu mimen, wenn auch nur jemand lauter
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