Wildes Herz
tat es leid, aber das durfte ich nicht offen zugeben.
„Danke, Ty, das hoffe ich doch auch. Ich würde dir ungern erneut dein hübsches Näschen brechen müssen.“ So viel konnte ich ihm zugestehen. Ich legte meine Hand in einer vertrauten Geste auf seine Schulter und schenkte ihm ein offenes Lächeln aus ganzem Herzen. Die folgenden Worte wählte ich mit Bedacht so, verlieh ihnen damit eine emotionalere Bedeutung. Ich erkannte ich damit nicht nur als Rudel an, sondern auch als Wesen. „Ich akzeptiere dich, Tyler.“
„Danke, Alpha.“ Der Ausdruck auf Tylers Gesicht war ungewohnt und auch schwer zu deuten, durch all die Schwellungen und Blutergüsse. Doch es war ein ehrliches Lächeln mit einem gehörigen Schalk. Das gefiel mir schon viel besser!
„Jetzt ist die Versammlung beendet!“, verkündete ich inbrünstig und bemerkte meinen Fehler sofort. „Nicht, Alpha?“, hängte ich reumütig an.
„Sicher doch, Gefährtin!“, lachte Chris. Er war mir nicht böse. „Schwirrt endlich ab!“
Kapitel 13
3 Monate später
„Meg? Meg!“
Das Leben im Rudel war interessant, nett ausgedrückt. Immerzu kamen irgendwelche Wölfe mit ihren ach so wichtigen Anliegen. Für sie waren sie wichtig, auch wenn es mir nicht so erschien. Aber das jemand nachts um drei an unsere Schlafzimmertür hämmerte, das war dann doch schon recht dreist.
„Meg, bitte!“ Ganz sicher Enya. „Es ist dringend!“
„Wenn du Wehen hast, geh zu deiner Mutter! Sie ist die Hebamme“, murmelte ich in mein Kissen und schmiegte mich an Chris, der nur ein leises Knurren für die nächtliche Störung übrig hatte.
„Ich habe keine Wehen!“ Das Timbre von Tränen klang in ihrer Stimme. „Leon ist weg! Er ist einfach abgehauen!“
Schlagartig war ich hellwach. Der Vampir hatte doch hoffentlich keine kalten Füße bekommen, nur zwei Wochen vor der Hochzeit. Leon erschien mir einfach nicht wie der Typ, der seine hochschwangere Frau einfach sitzen ließ.
Chris war ebenfalls wach, legte als ersten Akt nach dem Aufstehen die Orthese an, die sein Bein stützen sollte. Es war nicht viel besser geworden, aber auch nicht schlechter. Mit dem Hilfsmittel und einem Stock, klappte es inzwischen auch ganz gut. „Lass sie rein, damit sie uns erklären kann, was passiert ist.“
Wie ein Häufchen Elend saß Enya auf unserem Bett. Sie sah schrecklich mitgenommen aus und schniefte immer zu.
„Hattet ihr Streit?“, fragte Chris und reichte ihr ein Glas Wasser, das sie mit zitternden Händen entgegennahm und einen kräftigen Schluck daraus trank.
„Nein, natürlich nicht! Es war alles wunderbar, nur …“ Sie streichelte immer zu über ihren riesigen Schwangerschaftsbauch. Beim nächsten Vollmond wäre es schon so weit. Lykanerschwangerschaften gingen ratzfatz, dauerten gerade mal vier bis sechs Monate und der Entbindungstermin lag IMMER an einem Vollmond, den wir just heute hatten. Deswegen war ich auch hundemüde. Ich hatte mich nach einem exzessiven Lauf, gerade mal vor einer Stunde hingelegt. Die meisten Wölfe waren selbst jetzt noch unterwegs beim Laufen. Sie nutzten jede Sekunde dieser Vollmondnacht als Tier.
„Er hatte wieder öfters Blackouts. Doch er hat sich auch an etwas erinnert. Es hatte ihn richtiggehend in seinen Bann gezogen, aber er konnte sich keinen Reim darauf machen. Bevor wir heute zu Bett gingen, meinte er, dass er noch etwas erledigen muss vor der Hochzeit. Ich dachte aber eher daran, dass er noch was besorgen müsste. Nicht, dass er sich klammheimlich aus dem Staub macht!“
Mir schwante Fürchterliches.
Chris schien meinen Bedenken zu teilen. „Leon hat doch sein Handy mitgenommen, oder, Enya? Dann können wir es orten, und wenn er seine Kreditkarte benutzt hat … Keine Sorge! Corwin wird seine Verbindungen bei der Polizei nutzen.“ Er zog Enya in seine tröstende Umarmung. „Ich werde alles veranlassen. Bleib ruhig, Enya. Es tut dem kleinen Wolf und dir nicht gut, wenn du dich zu sehr aufregst. Wir finden ihn, ganz sicher!“
„Ich wollte ja schon immer mal nach Berlin, aber unter anderen Voraussetzungen.“ Seufzend lehnte ich mich in den Sitz des Wagens zurück.
„Ich verstehe auch immer noch nicht, dass das Alphapaar das persönlich erledigen muss und vor allem, was ich dabei soll!“ Tylers Stimme schrillte unangenehm hoch. Er wollte überall sein, nur nicht hier. Das war ihm zu eng, zu viel Nähe zu anderen Wesen. Ich hingeben liebte es, Ty so einzuspannen. Denn auch wenn er sich nach außen sträubte,
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