Wildes Liebesglück
niedergelassen hatten. Nach zwei Tagen segelten sie weiter und verbrachten auf den Shetland Inseln ihre letzte Nacht an Land.
Schließlich gelangten sie aufs offene Meer, wo Ungeheuer und Drachen von unglaublichen Ausmaßen jederzeit an die Oberfläche kommen und sie alle lebendig verschlingen konnten - oder zumindest klagten die Frauen über solche Gefahren. Sie fürchteten nichts mehr als das Unbekannte. Ein unerwarteter, heftiger Sturm trug auch nicht dazu bei, ihre Ängste zu lindern. Hohe Wellen griffen nach ihnen, und der Ozean öffnete seine Arme. Dort warteten Schlangen mit giftigen Zungen. Sogar Cordella, deren herablassende Haltung ihrer Stiefschwester gegenüber auf dem Höhepunkt angelangt war, saß nur noch jämmerlich schluchzend in der Ecke, bis der Sturm nachließ.
Linnet bereitete es große Schwierigkeiten, die Frauen zu beruhigen, da sie selbst nicht mehr die besten Nerven hatte. Sie flehte Brenna um Hilfe an, erhielt aber keine Antwort. Sie verstand, was Brenna durchmachte und warum sie schweigend vor sich hin brütete, aber sie fand, dass ein paar tapfere Worte von Brenna jetzt angebracht wären, um die Ängste der anderen zu verringern. Cordella, die nur noch heulte und glaubte, die Welt ginge unter, war ihr auch keine Hilfe.
Wenn Linnet nicht solche Sorgen gehabt hätte, es hätte ihr nahezu Vergnügen bereitet, Cordella in ihrer momentanen Verfassung zu sehen. Diese junge Frau hatte ihrem toten Gatten keine einzige Träne nachgeweint. Noch vor wenigen Stunden hatte die hitzköpfige Della damit geprahlt, dass sie sich nicht davor fürchtete, was die Zukunft bringen würde. So sicher war sie sich, dass alle einschließlich des Häuptlings sie mehr als alle anderen begehrten, besonders, seit sie Brenna in Ruhe ließen. Cordella war sicher, dass sie es in der neuen Heimat angenehm haben würde.
Vielleicht gab Cordella nicht zu Unrecht an. Immer mehr Männer kamen zu ihr, wenn sie eine Nacht an Land verbrachten. Und sie wehrte sich nicht mehr wie beim ersten Mal . Sogar der Anführer suchte sich Della aus.
Linnet überlief ein Schauer, wenn sie an die zwei Wüstlinge dachte, die sie an jenem schicksalhaften Tag in der Empfangshalle vergewaltigt hatten. Seit damals war sie nur noch einmal belästigt worden, von keinem anderen als dem Anführer selbst, der zumindest nicht so grob mit ihr umging wie die jüngeren Männer. Eigentlich war es ein zärtliches Zwischenspiel, denn sie hatte ihren Kampfgeist verloren, und er war auf seine Weise recht sanft gewesen. Sie war schon lange verwitwet und hatte seit Jahren keinen Mann mehr gehabt. Trotzdem betete Linnet, es möge sich nicht wiederholen. Von Anselm Haardrad von Norwegen hatte sie nichts zu erhoffen. Nach Fergus' Worten war er schon verheiratet.
Der Sturm dauerte nicht allzu lang, aber alle waren erschöpft. Wie durch ein Wunder wurde am folgenden Tag Land gesichtet. Die lange Küste Norwegens erstreckte sich, soweit das Auge reichte. Sie hielten nicht mehr an, sondern segelten Tag und Nacht weiter nach Norden, bis sie schließlich den Kurs änderten und über den Hjorten-Fjord ins Inland gelangten.
Es war Hochsommer und das leuchtende Grün der Bäume und Wiesen war eine Wohltat für die Augen. Der Himmel war tiefblau und mit flaumigen weißen Wölkchen übersät. Vor ihnen am Himmel stand eine einzelne große Wolke in Form eines riesigen Hammers - der fliegende Hammer des Thor.
Die Frauen sahen die Wolke, ohne sich etwas dabei zu denken, aber die Männer jauchzten ohrenbetäubend. Das war ein gutes Zeichen, denn es bedeutete, dass Thor ihnen seinen Segen gab.
Felsige Klippen erhoben sich zu beiden Seiten des Schiffes wie Steilwände. Als die Ufer wieder eben wurden, ruderten die Männer das Schiff an Land. Die Reise war vorüber.
7
Die Ansiedlung war dürftig. Eine Viertelmeile neben dem Fjord stand ein großes, fensterloses Holzhaus, das von vielen kleineren Häusern und Lagerschuppen flankiert war. In den Feldern hinter der Ansiedlung standen weitere grob zusammengebaute Häuser weit verstreut herum.
Einige Frauen und Kinder, die von sämtlichen Hunden begleitet wurden, kamen auf die Anlegestelle zugerannt, um die Männer zu begrüßen. Andere warteten vor dem Haupthaus. Brenna und den anderen Frauen wurden die Handgelenke gebunden, ehe man sie wie Frachtgut ablud und zwei Männer sie zu einem der kleineren Häuser brachten.
Alle Augen folgten der schmalen Gestalt in Schwarz, die stolz und furchtlos einherschritt. Die anderen
Weitere Kostenlose Bücher