Wildes Lied der Liebe
überzeugt, doch er fürchtete, Megan und Christy nie mehr wiederzusehen. Und er sollte Recht behalten. Trace hatte nahezu ein Jahr in einem Veteranenhospital zugebracht und war von einer Verletzung genesen, die ihn beinahe ein Bein gekostet hätte. Als er endlich nach Virginia zurückgekehrt war, hatte man Gideon bereits neben seiner Frau begraben. Auch E li und J.R. waren neben ihren Eltern beigesetzt. Einer war für die Union gefallen, der andere für die Konföderierten. Trace erfuhr, dass Bridget sich auf den Weg nach Westen gemacht hatte, um in Primrose Creek in Nevada das Stück Land in Besitz zu nehmen, das Gideon ihr und Skye hinterlassen hatte. Die einst so blühende Farm der McQuarrys war inzwischen Fremden in die Hände gefallen.
Trace richtete sich auf und wischte sich wieder den Schweiß von der Stirn. Dankbar beobachtete er Skye, die mit einem Eimer und einer Kelle auf ihn zulief.
»Ich dachte, du hättest vielleicht Durst«, meinte sie.
Trace lachte. Er hatte wirklich Durst, war Skye aber auch dankbar dafür, dass sie ihn von den düsteren Gedanken an Virginia ablenkte. Gideon und Mitch waren tot, Bridget auf und davon und die Farm, auf der er seine Kindheit verbracht hatte, war auf ewig verloren. Es schien Trace, als müsste die Welt aufhören, sich zu drehen. Er hatte sich erst von dem überwältigenden Verlust erholen müssen, bevor er sich schließlich auf den Weg nach Nevada gemacht hatte, um sein Versprechen zu erfüllen.
»Danke«, sagte Trace und trank eine Kelle voll Wasser. Die zweite Füllung goss er sich zur Erfrischung über den Nacken.
Skye sah aus, als bemühte sie sich, all ihren Mut zusammenzunehmen. Er kannte diesen Gesichtsausdruck nur zu gut, denn Skye war schon als kleines Mädchen ständig ihm, Mitch und Bridget nachgelaufen. Er machte sich auf alles gefasst.
»Wenn Bridget dich nicht heiraten will«, erklärte sie hastig, »dann nehme ich dich.«
Was auch immer er von dem Mädchen erwartet hatte, auf diese Äußerung war er nicht gefasst gewesen. Zunächst sah er sie nur schweigend an und suchte verzweifelt nach Worten, die nicht allzu verletzend klangen. »Wenn du einige Jahre älter wärst«, erwiderte er schließlich, »würde ich dich auf der Stelle beim Wort nehmen. Aber wenn du eines Tages erwachsen bist, wirst du in mir nur noch den guten alten Trace sehen und all die jungen Kerle abwehren müssen, die Nacht für Nacht unter deinem Fenster stehen und dir ein Ständchen bringen.«
Skyes Unterlippe zitterte leicht, und ihre Augen wirkten auf einmal dunkler. »Also willst du mich nicht«, stellte sie anklagend fest.
Nicht weinen, flehte Trace stumm. Bitte nicht weinen. Er konnte es nicht ertragen, ein weibliches Wesen in Tränen ausbrechen zu sehen.
»Nein«, antwortete er, weil er sich nicht anders zu helfen wusste. »Nein, Kleines, ich will dich nicht. Und wenn es anders wäre, sollte man mich besser erschießen.«
Skye presste die Lippen zusammen und wandte den Blick ab. Doch dann sah sie Trace wieder an, und ihre Augen funkelten herausfordernd. Sie ist ebenso leidenschaftlich wie Bridget, dachte Trace, hat das gleiche Feuer. Er sah im Geiste schon Scharen von Jünglingen vor sich, die sich unter Skyes Fenster auf ihre romantischen Serenaden einstimmten.
Mit schierer Willenskraft unterdrückte Trace bei diesem Gedanken ein Lächeln. Ein drittes Mal füllte er die Kelle mit Wasser und trank, während er Skye beobachtete. Diese stemmte nun empört die Hände in die Hüften. »Du willst Bridget ja gar nicht um Mitchs willen heiraten, sondern weil du sie liebst. Schon damals, als dein bester Freund sie umwarb, hast du sie ge li ebt. Und auch, als sie längst seine Frau war ...«
»Das genügt jetzt, Skye«, unterbrach Trace sie warnend. Sie hatte Unrecht. Er mochte Bridget und hielt sie für eine schöne Frau. Aber Liebe? Nein, er war klug genug, um nicht in diese Falle zu tappen.
Skye blinzelte und schob trotzig das Kinn vor. »Ich habe gesehen, wie du sie am Tag vor ihrer Hochzeit draußen im Küchengarten geküsst hast.«
Diesen Vorwurf vermochte Trace nicht abzustreiten. Weder er noch Bridget hatten seinerzeit bemerkt, dass sie beobachtet wurden. Ja, er hatte sie wahrhaftig geküsst - und sie ihn. Fraglich war jedoch, ob Bridget sich überhaupt noch daran erinnerte. Er rechtfertigte sich nicht, obwohl es so einfach gewesen wäre, Skye zu erklären, er habe Bridget nur alles Gute für die Zukunft mit seinem Freund wünschen wollen. Die Worte wären ihm
Weitere Kostenlose Bücher