Wildes Lied der Liebe
Leinenlaken beschäftigte, war es leid, ihren Entschluss zu verteidigen. »Du würdest Primrose Creek nicht verlassen«, entgegnete sie spitz. »Schließlich hast du es darauf abgesehen, Mr. Hicks zu heiraten, der bestimmt in der Stadt bleiben will.«
»Ich kann mit Mr. Malcolm Hicks verheiratet sein und mir trotzdem aussuchen, mit wem ich Umgang pflege, Miss Hochnäsig. Und bilde dir nicht ein, dass du mich dazu überreden kannst, dir den Haushalt zu führen. Das kommt nicht infrage. Da ziehe ich lieber auf die andere Seite des Flusses und helfe Miss Bridget und Trace und den Babys. Dir werde ich es schon zeigen.«
Insgeheim hatte Christy gehofft, dass Caney für sie arbeiten würde, wenn sie erst mit Jake Vigil verheiratet wäre. Der Gedanke, Caney könne Megan und sie um Bridgets willen im Stich lassen, trieb ihr die Zornesröte in die Wangen. »Warum gehst du dann nicht gleich zu ihnen, wenn es das ist, was du tun willst?«, fragte sie gespielt gleichgültig.
Nach kurzem, beredtem Schweigen war es Caney, die das Wort ergriff. »Miss Megan braucht mich hier, zumal ihr eigen Fleisch und Blut den Verstand verloren hat.«
Christy spülte einen Kissenbezug aus, vielleicht mit etwas mehr Eifer, als es nötig gewesen wäre. Nach ihrer Heirat mit Jake würden sie, Megan und Caney in einem schönen, großen Haus leben, an einem Ort, an dem sie gut versorgt und geborgen waren. Nie wieder würden sie Entbehrungen hinnehmen müssen. Warum konnten denn weder Caney noch Megan einsehen, dass es das Beste für alle war?
Es ärgerte Christy sehr, dass die Freundin, deren Meinung sie schätzte, ihren Plänen so ablehnend gegenüberstand. »Du bist eine unabhängige Frau«, erklärte sie knapp, »und kannst tun, was dir beliebt.«
Inzwischen wirkte Caney eher traurig als wütend. »Du wirst deine Meinung nicht ändern, nicht wahr? Bei Gott, ich habe schon Stiere gesehen, die weniger dickköpfig waren als du.«
Christy schüttelte nur den Kopf. Nein, sie würde an ihrem Vorhaben festhalten. Sie blickte sich nach ihrer Schwester um, die gerade zwei volle Wassereimer zur Hütte hinaufschleppte. Megan hatte bereits die Maultiere gefüttert und mehrere Stunden im Garten gearbeitet. Zwar schien sie nicht unzufrieden zu sein, doch Christy konnte sich nur allzu lebhaft vorstellen, wie die Jahre der Mühsal und Plage den Glanz aus Megans grünen Augen stehlen würden. Alt und gebrechlich würde sie werden, lange vor der Zeit.
Diesen Gedanken konnte Christy nicht ertragen, weder für sich, noch für ihre Schwester oder die Kinder, die sie in einem liebevollen und sicheren Zuhause aufzuziehen hoffte.
»Das Mädchen wird seinen eigenen Weg finden«, versicherte Caney leise, als sie Christys gedankenverlorenem Blick folgte. »Der Herr hat Pläne mit ihr, wie mit uns allen.«
Christy presste die Lippen zusammen. Sie hatte genug von den Plänen des Herrn - seinen Plänen für ihren Großvater, ihre Mutter, den Süden und die Farm, auf denen viele Generationen von McQuarrys glücklich gewesen waren. Sie würde nie wieder Gott etwas anvertrauen, das so wichtig war wie die Zukunft ihrer Schwester. Dennoch schwieg sie, da sie wusste, wie viel Caney Gott und seine Werke bedeuteten. Sie verwandelte sich in einen Feuer speienden Drachen, wenn sie sich gezwungen sah, ihren Glauben zu verteidigen.
Caney schien in diesem Augenblick ihre, Christys, Gedanken lesen zu können. Sie stand auf, wrang den Unterrock aus und legte ihn zum Trocknen über einen Busch. »Ich gehe in die
Stadt«, sagte sie steif, »warte nicht mit dem Abendessen auf mich.«
Christy erhob keine Einwände. Im Gegenteil, sie war froh, eine Weile mit ihren Gedanken allein sein zu können. Sie beendete die Wäsche und erhob sich dann langsam. Ihre Arme und Knie schmerzten von der harten Arbeit, ihr Rock war durchnässt, und ihre Frisur hatte sich praktisch aufgelöst.
Megan überquerte gerade die Brücke, vermutlich um Skye einen Besuch abzustatten, und Caney hatte eines der Maultiere gesattelt und war in einer Wolke aus Staub und Entrüstung davongeritten. Erschöpft machte sich Christy auf den Weg zur Hütte. In einigen Stunden würde sie die Wäsche hereinholen und in der Zwischenzeit den Wald und die Felder nach wilden Erdbeeren absuchen. Vielleicht fand sie sogar eine Honigwabe.
Die Bienen schwirrten emsig umher, und Christy entdeckte einen großen Bienenstock in einer Astgabel. Doch dann erspähte sie in weiter Ferne einen Bären und ließ von ihrem Vorhaben ab. Sie war
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