Wildes Lied der Liebe
konnte. »Der oder die Kleine ist krank. Ich vermute, dass es sich um Scharlach handelt.«
Trace pfiff leise durch die Zähne. » Großer Gott «, murmelte er leise. »Wo hast du das Kind her?«
Christy erklärte es ihm hastig. »Gibt es hier irgendwo einen Arzt?«, fragte sie wider besseres Wissen.
Er schüttelte den Kopf. »Der nächste ist Doc Tatum in Fort Grant. Und der wird sich von einem Kind mit Scharlach fern halten, um keine Epidemie unter den Soldaten auszulösen. Du kannst es aber in der Mission bei den Arrons versuchen. Der Reverend verstand sich auf das Heilen von Kranken, bevor er sich entschloss, den Heiden das Heil zu predigen.«
»Doc Tatum würde sich von einem kranken Kind abwenden? Sicher nicht, wenn es sich um ein weißes Kind handeln würde«, bemerkte Christy knapp. Sie wusste, wie ungerecht sie war, doch Furcht und Verzweiflung hatten noch nie einen guten Einfluss auf ihren Charakter ausgeübt.
»Das kann schon sein«, gab Trace zu. Dieses Wissen schien ihn ebenso sehr zu bekümmern wie Christy. »Versuche es bei den Arrons. Vor einigen Jahren haben sie vielen Menschen geholfen, als die Diphtherie ausbrach. Vermutlich nehmen sie das Kind sogar ganz bei sich auf.«
Hoffentlich, dachte Christy. Vielleicht würde sie aber auch mit dem Kind durch unbekanntes, gefährliches Gebiet reiten, nur um schließlich abgewiesen zu werden. Sie hatte auf der Reise viele freundliche und aufopferungsvolle Missionare kennen gelernt, aber auch solche, die sie dazu gebracht hätten, ewige Verdammnis auf sich zu nehmen, statt sich im Himmel in deren Gesellschaft zu befinden.
»Du kannst nicht allein reiten«, mahnte Trace, als sie schwieg. »Ich sage Bridget Bescheid, dass wir einen oder zwei Tage unterwegs sein werden, und begleite dich.«
Christy schüttelte bereits den Kopf, ehe er den Satz zu Ende gesprochen hatte. »Damit riskieren wir, Noah und das Ungeborene anzustecken. Keinesfalls, Trace.«
»Was dann?«
»Caney wird mich begleiten. Sie muss ja bald zurückkehren.
»Darauf würde ich nicht wetten«, meinte Trace mit der leisesten Andeutung eines Lächelns. »Ich habe sie gerade gesehen, wie sie mit Malcolm im Buggy aus der Stadt gefahren ist. Ich vermute, sie planen ein Mondscheinpicknick irgendwo da draußen. Es wird schwer werden, sie zu finden.«
Mit bloßer Willenskraft hielt sich Christy aufrecht. Am liebsten hätte sie sich mit dem Baby auf dem Arm an den Wegesrand gesetzt und hemmungslos geweint. Wie gewöhnlich stand ihr jedoch diese Möglichkeit nicht offen. »Ich muss einen Weg finden«, sagte sie, zu sich selbst ebenso wie zu Trace. »Ich kann das Kind nicht so einfach aufgeben ...«
Trace wendete den Wagen in einem großen Kreis. »Ich fahre zurück und versuche, Caney aufzutreiben. Megan kann bei uns bleiben, bis du zurückkommst.«
»Danke«, erwiderte Christy mit einem leisen Seufzer. Als Trace und der Wagen in einer riesigen Staubwolke verschwunden waren, ließ sich Christy auf einem umgefallenen Baumstamm nieder, wiegte das Kind in den Armen und summte ihm ein Schlaflied ohne Worte.
Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, bis Trace zurückkehrte. Er wurde jedoch nicht von Caney begleitet, sondern von Marshal Zachary Shaw. Der Gesetzeshüter ritt seinen stattlichen braunen Hengst und führte eine graue Stute am Zügel, die er sich offenbar geliehen hatte.
»Wo ist Caney?«, wollte Christy wissen.
»Sie ist beschäftigt«, antwortete der Marshal mit einem höflichen Lächeln. »In Jakes Mühle hat sich ein Mann den Arm halb abgeschnitten. Caney flickt ihn gerade zusammen.« Er saß ab und ging auf Christy zu, offenbar unbesorgt. »Außerdem ist der Weg zur Mission ohnehin zu gefährlich für zwei Frauen allein.«
Trace nahm den Hut ab und wischte sich die Schweißperlen von der Stirn. Er beobachtete den Wortwechsel so aufmerksam wie ein Wachsoldat, der mit einem Überfall rechnet. »Bridget und ich werden uns um Megan und Caney kümmern«, versicherte er. »Ihr solltet besser aufbrechen und das Tageslicht ausnutzen.«
Wäre Christy nicht beinahe krank vor Sorge um das Kind gewesen, hätte sie sich bestimmt Gedanken darüber gemacht, dass sie vom Pech verfolgt zu sein schien. Zuerst hatte sie Zachary Shaws Gesellschaft auf dem Bitt von Fort Grant ertragen müssen, und nun würden sie sich wieder gemeinsam auf den Weg machen. Es war eine R eise ins Ungewisse mit einem fiebernden Säugling. Christy war der Meinung, schon genügend Schwierigkeiten zu haben, ohne sich
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