Wildes Lied der Liebe
auch noch mit diesem Mann auseinander setzen zu müssen.
»Lassen Sie mich sehen«, bat er, und nahm ihr das Baby so selbstverständlich aus den Armen, als hätte er selbst schon ein Dutzend Kinder aufgezogen. Er schlug die Satteldecke zurück und sprach leise mit dem Säugling. »Hallo, Kleines. Ich habe gehört, dass du uns einmal besuchen wolltest. Du fühlst dich nicht besonders wohl, habe ich R echt?«
Christy schien es den Hals zuzuschnüren. »Wir sollten uns wirklich auf den Weg machen«, bemerkte sie niedergeschlagen. Der Himmel allein wusste, welche Auswirkungen diese Reise auf ihre Heiratspläne haben würde. Ungeachtet ihrer Gründe wäre Jake sicher nicht damit einverstanden, doch sie hatte keine Wahl.
»Das Baby braucht etwas Wasser«, stellte sie leise fest.
Trace rief ihnen einen Gruß zu und machte sich auf den Heimweg.
»Ich habe eine Feldflasche dabei«, antwortete Zachary. »Steigen Sie nur auf, dann gebe ich Ihnen das Kind.«
Christy griff mit einer Hand nach den Zügeln und schwang sich leicht in den Sattel der Stute. Zachary legte ihr das Baby in den Arm und tränkte dann ein Taschentuch mit Wasser aus seiner Feldflasche. Auch das reichte er ihr.
Sanft legte Christy das Stück Stoff zwischen die Lippen des Babys. Es wimmerte leise und begann, schwach an dem Tuch zu saugen. Zachary gab Christy die Feldflasche und lenkte dann seinen Hengst in die R ichtung der Berge im Westen.
»Wir könnten die Mission bis Mitternacht erreicht haben«, erklärte er. »Wenn Sie durchhalten.«
Christy hatte nicht die Absicht, sich von ihm ärgern zu lassen. Stattdessen ließ sie ihr Pferd neben seinem in einen leichten Trab fallen. »Wo haben Sie das gelernt?«, fragte sie.
»Was denn?« Seine Augen schimmerten so strahlend blau, dass es beinahe schmerzhaft war, seinem Blick zu begegnen.
Sie hatte das Baby fest im Arm und hielt die Zügel der Stute mit einer Hand. »Sie können mit Kleinkindern umgehen. Wie kommt das?«
Er rückte lächelnd seinen Hut zurecht. »Ich wuchs in einer großen Familie auf. Fünf jüngere und fünf ältere Geschwister. Wir haben alle mit angepackt.«
Dankbar griff Christy diesen Gesprächsfaden auf. »Wo? Ich meine, wo kommen Sie her?«
»Geboren wurde ich in Sioux City. Wir sind nach Denver gezogen, als ich vierzehn Jahre alt war. »Wir brauchten zwei Planwagen allein für die Familie. Mein Vater war Prediger, Beerdigungsunternehmer, Hufschmied und Zahnarzt, je nachdem, was gebraucht wurde. Wir hatten nicht viel Geld, litten aber niemals Not.«
»Und Ihre Mutter?«
»Sie lebt noch immer in Denver, bei meinem ältesten Bruder und seiner Frau. Wir anderen sind über das ganze Land verstreut.«
Christy fiel auf, mit wie viel Zuneigung Zachary von seiner Familie sprach. Mochte die Familie Shaw auch arm gewesen sein, offenbar hatte Zachary dennoch eine glückliche Jugend erlebt. Sie beneidete ihn darum. »Warum haben Sie Denver verlassen?«
Sie befanden sich auf einer ebenen Strecke, und die Pferde fielen wie von selbst in einen leichten Galopp. Zachary sah nachdenklich aus, ein wenig abweisend sogar, doch schließlich antwortete er: »Wegen einer Frau.«
Christy bereute ihre Frage. Hatte sie wirklich geglaubt, ein Mann wie Zachary wäre noch nie in seinem Leben in eine Frau verliebt gewesen? Dennoch erschien ihr der Gedanke an seine Bemühungen um eine andere beinahe unerträglich. Obwohl sie selbstverständlich nicht an ihm interessiert war. »Verzeihung«, sagte sie. »Ich wollte nicht neugierig sein.«
»Es macht mir nichts aus, Ihnen davon zu erzählen«, gab er ruhig zurück. »Ihr Name war Jessie St. Clair. Wir waren miteinander verlobt. Eines Tages ging sie zur Bank, um die Einnahmen aus dem Geschäft ihres Vaters einzuzahlen, und geriet in einen Überfall.« Er zögerte und senkte kurz den Blick. »Sie wurde erschossen.«
»Es tut mir Leid«, murmelte Christy, die sich schuldig fühlte, weil sie auf eine Frau eifersüchtig gewesen war, die so jung ums Leben gekommen war.
»Schon gut«, erwiderte Zachary knapp. »Können Sie das Baby halten, oder soll ich Ihnen eine Trageschlinge machen?«
»Ich kann es noch eine Weile halten«, antwortete Christy. »Haben Sie Jessie geliebt?« Was, um alles in der Welt, hatte sie zu dieser Frage veranlasst?
Zachary blickte sie durchdringend an. »Ja«, antwortete er. »Ich liebte sie. Und nun verraten Sie mir bitte, wie Sie eigentlich zu diesem Baby gekommen sind. Traces Schilderung war sehr kurz.«
Christy erzählte ihm
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