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Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken

Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken

Titel: Wildhexe 2 - Die Botschaft des Falken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lene Kaaberbol
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einen Gummistiefel. Ich schrie und schlug nach ihnen, versuchte, mich auf den Beinen zu halten, aber sie zerrten und zogen an meiner Hose, meinen Armen und Stiefeln, ich wurde hin und her gerissen und knallte schließlich auf die Knie, und in der nächsten Sekunde hingen schon drei, vier Hunde an meinem Rücken, sodass ich nach vorne kippte und unter einem Haufen sabbernder Mäuler, gelbbrauner Körper und breiter Pfoten mit kräftigen weißgelben Krallen begraben wurde.
    » HAUT AB! « Ich bekam Sand in den Mund, konnte kaum mehr atmen. Ich versuchte, die Sandkörner auszuspucken, während ich gleichzeitig brüllte und HAUT AB schrie, laut, aber auch in meinem Kopf. Aber sie ließen nicht von mir ab.
    Sie wollen mich in Stücke reißen, dachte ich panisch. Nicht mehr lange, und von mir wäre nichts mehr übrig als ein paar abgenagte Knochen und eine Pfütze Blut im gefrorenen Sand.
    Aber dann wurden mir zwei Dinge bewusst.
    Die Hunde gaben keinen Ton von sich – kein Knurren, kein Blaffen. Und noch hatte keiner von ihnen etwas anderes als meine Kleidung angerührt. Sie waren gar nicht im Begriff, mich aufzufressen. Sie wollten mich nur auf dem Boden festhalten. Ich endete halb auf dem Rücken, halb auf der Seite, die Hündin mit dem Fetzenohr stand auf mir. Sie senkte ihr Hinterteil und pinkelte auf mein Bein. Dann schoss ihr Kopf in einer abrupten und erschreckenden Bewegung nach vorne, und sie schloss ihre Kiefer um meinen Hals und mein Kinn, gerade so fest, dass ich spüren konnte, wie scharf ihre Eckzähne waren.
    Ich hörte auf zu schreien. Ich blieb einfach still liegen und merkte, wie das warme Hundepipi durch meine Schneehosen und die dünnen Leggings sickerte und mein Bein nass wurde. Ich schloss die Augen. Es kam mir vor, als verharrte sie eine Ewigkeit in diesem Kehlgriff, aber vielleicht waren es auch nur Sekunden oder Minuten, ich weiß es nicht.
    Kater, dachte ich. War es nicht Sinn der Sache, dass du auf mich aufpasst? Wie kannst du das hier zulassen?
    Und das Schlimmste war noch nicht mal, dass ich hier im eiskalten Sand lag, mit Hundepipi auf dem Bein und einem Satz Hundezähne an der Kehle. Das war ja nur der Anfang. Denn inzwischen war mir klar geworden, warum die Hunde mich nicht bissen, sondern nur festhielten. Shanaia hatte es ja gesagt. Sie umzingelten mich, und ich konnte mich nicht befreien . Sie hatten auch Shanaia nicht umgebracht, sondern sie nur festgehalten, genau wie mich jetzt.
    Sie warteten auf Chimära.

13  FETZENOHR

    Wie lange? Wie lange würde es dauern, bis Chimära kam? Einmal hatte ich sie fliegen sehen, obwohl andere Wildhexen behaupteten, dass nicht mal so gewaltige Flügel wie ihre das Gewicht eines Menschen tragen könnten – oder eines Wesens, das irgendwann einmal ein Mensch gewesen war. Ich starrte in den graublauen Himmel, aber ich konnte keine anderen Flügel entdecken als die der Möwen.
    »Kater«, flüsterte ich. »Kater, hilf mir.«
    Ich hatte geweint, ohne es zu merken. Jetzt spürte ich den Sand, der an meinen Wangen klebte, wo sie von Tränen und Wildhundesabber nass geworden waren. Aber ich konnte Kater weder sehen noch hören. Vielleicht waren fünfundzwanzig Wildhunde sogar für ihn eine Nummer zu groß. Vielleicht hielt er sich deshalb fern.
    Die Hunde waren beängstigend still. Fetzenohr hatte meine Kehle inzwischen zwar losgelassen, aber sie lag immer noch mit ihrem ganzen Gewicht auf meiner Brust. Neun, zehn Hunde hatten sich in meine Ärmel und Hosenbeine verbissen, und ich hätte mich höchstens dann noch bewegen können, wenn ich in der Lage gewesen wäre, vierzig bis fünfzig Kilo Hund zu stemmen. Das konnte ich nicht, nicht mit den Beinen und schon gar nicht mit den Armen. Keiner von ihnen gab einen Laut von sich. Sie hielten mich einfach nur fest. Und die, die nichts erwischt hatten, in das sie hineinbeißen konnten, standen vollkommen reglos neben mir und warteten. Keiner von ihnen schüttelte sich, kratzte sich hinter den Ohren, schnüffelte oder machte andere normale Hundesachen. »Ein abscheuliches Verbrechen«, hatte Tante Isa es genannt, und erst jetzt begriff ich wirklich, was sie damit gemeint hatte. Das hier war nicht dieselbe Art, über ein Tier zu bestimmen, wie Menschen es tun, die einen Hund oder ein Pferd trainieren. Was Chimära diesen Hunden angetan hatte, war etwas vollkommen anderes. Sie hatte sie übernommen . Sie hatte ihnen ihre natürlichen Instinkte, ihre ganze … Hündischkeit geraubt und kleine, ferngesteuerte Roboter

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