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Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie

Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie

Titel: Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Valentin Zahrnt
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gekachelten Bad umher, das fast so geräumig war wie sein Zimmer.
    Als er zurückging, trat Farid in den Flur, wünschte ihm nochmals eine gute Nacht und schloss das Arbeitszimmer hinter sich ab.
    Jan legte sich ins Bett und zählte seine Atemzüge. Er fand keinen Schlaf. Annas hasserfüllter Blick in der Küche, ihr Griff nach dem Messer, ihr Sprung zur Regenrinne, ihre Flucht aus der Psychiatrie, der blutende Hals der Krankenschwester, Annas bleiches Gesicht in der Nacht, das offene Fenster bei ihrer Rückkehr aus dem Garten ... er kam nicht zur Ruhe.
    Leise Schritte im Flur, der Schlüssel wurde umgedreht, ein Stuhl verschoben.
    Weswegen begab sich Farid so spät noch einmal ins Arbeitszimmer? Nach einigen Minuten hörte Jan wieder den Stuhl, die Schritte entfernten sich, es wurde ganz ruhig im Haus.
    Der Schlüssel war nicht wieder umgedreht worden!
    Jans Herz schlug schneller, ohne dass er recht wusste, wieso.
    Er zählte erneut seine Atemzüge.
    Konnte Farid im Arbeitszimmer Unterlagen über Anna aufbewahren? Wohl kaum, sie war erst seit heute seine Patientin.
    Außerdem ließ er seine Unterlagen vermutlich im Krankenhaus in einem gegen Einbruch und Feuer gesicherten Schrank.
    Aber er mochte Schiefer nicht und hatte ihn absichtlich schmoren lassen. Vielleicht wollte er sichergehen, dass sich der Kommissar die Unterlagen nicht eigenhändig beschaffte.
    Das war eine wirklichkeitsfremde Watergate-Fantasie.
    Jan drehte sich zur Wand und versuchte zu schlafen.
    Wahrscheinlich hatte Farid sowieso abgeschlossen und er es überhört. Das Beste war, aufzustehen und sich zu versichern. Dann hätte die liebe Seele ruh.
    Nur durfte er sich nicht dabei erwischen lassen. Das wäre äußerst peinlich, wenn sein Gastgeber sähe, wie er sich an der Tür des Arbeitszimmers zu schaffen machte. Schließlich konnte Farid nicht wissen, dass er gar nicht hinein wollte, sondern bloß nachschauen, damit er endlich schlafen konnte.
    Jan erhob sich und schlich in den Flur. Der Schlüssel steckte. Farid hatte wohl nur einen Moment im Arbeitszimmer verbringen wollen, den Schlüssel daher nicht abgezogen, als er hineinging, und ihn danach vergessen.
    Im Haus war es immer noch totenstill.
    Jan legte das Ohr an die Tür. Kein Geräusch war zu vernehmen. Und auch das Licht war erloschen – vorhin, auf seinem Weg zum Bad, hatte er es unter dem Türspalt brennen gesehen.
    Er hielt den Atem an und öffnete die Tür gerade so weit, dass er hineinspähen konnte. Die üblichen schmalen hohen Fenster zum See, Bücherregale an den Seitenwänden, ein Schreibtisch, ein Korbstuhl. Jan trat ein und schloss die Tür behutsam hinter sich.
    Auf dem Schreibtisch lagen einige Stifte und eine dicke Mappe. Jan beugte sich darüber, um die kleine Aufschrift zu lesen.
    Anna Herrera.
    Er blickte hinter sich zur Tür. Sollte er abschließen? Das war laut und nutzlos. Er würde nur einen raschen Blick riskieren und in sein Bett zurückschlüpfen.
    Als er die Mappe aufschlug, irgendwo in der Mitte, wo ein Blatt ein wenig an den Rändern herausstand, musste er einen Schrei unterdrücken. Eine krakelige schwarze Kindermalerei: ein Mädchen, aus deren Augen Tränen flossen, daneben, viel größer, ein Monster mit klauenbewehrten Händen, alles umringt von einer finsteren Wolkenwand.
     

7. Kapitel
    Anamnese, Vulnerabilitätsfaktoren, differentielle Diagnostik, posttraumatische Belastungsstörung, dissoziativer Stupor ... die Worte tanzten vor Jans Augen. Er las langsam die Überschrift: ‚Psychiatrischer Bericht für die Patientin Anna Herrera (*15.11.1994) vom 22.09.2006‘.
    Damals war Anna erst zwölf gewesen!
    ‚ ... wiederholte psychogene Anfälle mit deutlicher prodromaler Symptomatik ... Evidenz intensiver peritraumatischer Dissoziation ...‘
    Die Worte, die überall auftauchten: Trauma und Dissoziation.
    Zitternd schlug er eine andere Seite auf, weiter hinten in der Mappe.
    Ein Brief an Carmen, in dem jemand berichtete, dass Annas Zustand sich erfreulich entwickele, sie aktiver an der Suizidprävention mitwirke und sie seit dem letzten Schreiben keinen Pfleger mehr angegriffen habe. Datiert vom 31.01.2007.
    An den Brief war ein liniertes Blatt geheftet: ein Versprechen, sich nicht umzubringen oder sonst wie zu schädigen und über alle derartigen Gedanken und Versuche mit den Therapeuten zu sprechen. Es war mit vier verschiedenen Namen signiert, in vier verschiedenen Kinderhandschriften, die sich doch ähnelten.
    Ein anderer Gedanke bahnte sich durch Jans

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