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Wildnis

Wildnis

Titel: Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Parker
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nicht, Chris, und ich habe es satt, mir darüber den Kopf zu zerbrechen. Er ist kein Mann, er ist ein großes Kind. Romantik und Ritterlichkeit und …“
    Sie machte eine hilflose Handbewegung.
    „Und ein Verhaltenskodex“, sagte Hood. „Ich habe seine Bücher gelesen. Es ist nicht das Schlechteste, Janet.“
    „Dann leb mal eine Weile damit.“
    Hood schwieg.
    „Würde es dich belasten, Chris? Adolph Karl umzubringen?“
    „Nein.“
    „Warum nicht?“
    „Ich sehe die Sache wie du, mir scheint, es ist das Beste, was ihr tun könnt.“
    „Aber Aaron wird es belasten, das kann ich dir jetzt schon sagen.“
    „Er hat es noch nie gemacht.“
    „Du meinst, er hat noch nie einen Menschen umgebracht?“
    „Ja.“
    „Ich auch nicht, aber mich belastet es nicht.“
    „Ich bin im Vorteil ihm gegenüber“, sagte Hood.
    „Du bist wahrscheinlich besser in Form.“
    „Nein. Aber ich habe auch Spaß daran.“

7
    Am nächsten Morgen erwachte Newman voller Unbehagen und mit schlechtem Gewissen. Wie immer, wenn er getrunken hatte, überlegte er, ob er etwas Schlimmes angestellt hatte. Ihm wurde ganz heiß vor Verlegenheit, als er daran dachte, wie er sich Chris gegenüber damit gebrüstet hatte, als Rausschmeißer in seinem Lokal auszuhelfen.
    Das Klimagerät summte. Janet schlief noch. Sie hatte ihm den Rücken zugewandt. Das Haar hatte sie hochgesteckt und sich ein blaues Tuch um den Kopf gebunden. Im Vorgarten stand ein alter Ahorn, der Stamm maß fast eineinhalb Meter im Durchmesser. Die saftig grünen Blätter bewegten sich sanft vor dem Schlafzimmerfenster. Er spürte, wie die Angst sich regte, wenn er an Adolph Karl dachte. Einen Psychopathen hatten die Cops ihn genannt. Und gestern Abend hatte er so laut getönt, dass er ihn umbringen würde. Er rückte näher an Janet heran, drückte sein Becken an ihr Gesäß, legte seine linke Hand auf ihre Brust. Sie trug einen BH. Wie eine Rüstung, dachte er. Immer BH, Höschen, Pyjama, Socken, auch wenn es noch so heiß ist. Muss ein Sicherheitsbedürfnis sein. Manchmal noch einen Bademantel. Sie rollte sich auf den Bauch und entzog sich ihm.
    „Keine Lust auf eine kurze Nummer?“
    „Hmmm“, sagte sie, noch im Schlaf.
    Er rollte zurück und legte sich auf den Rücken. Die Kehle war ihm eng geworden, und wieder brannten seine Augen, aber es kamen keine Tränen. Er dachte daran, wie er sie in der vergangenen Nacht auf dem Bett gesehen hatte. Nackt und hilflos. „Nicht mal spucken konnte ich.“ Die Begierde rumorte in ihm. Er sah sie an. Sie lag auf dem Bauch, das Gesicht von ihm abgewandt, völlig regungslos, nur ihr Rücken hob und senkte sich mit ihren ruhigen Atemzügen. Ein Lockenwickel hatte sich gelöst und schaute aus dem blauen Tuch hervor.
    „Du willst, dass ich einen Menschen für dich umbringe“, sagte er.
    Sie bewegte sich, noch immer schläfrig. „Hmmm.“
    Er lachte zynisch, dann stand er auf. Er schlief immer nackt. Er stellte sich vor den Badezimmerspiegel. Aaron Newman hatte die typische breite Gewichtheberfigur. Brustmuskel, Deltamuskeln, Trizeps – alles überentwickelt. Aber auch Fett war zu sehen, eine Rolle um die Taille, die den ganzen Körper verdickte, Fleisch, das die breite Brust schwammig wirken ließ. Die Oberlider waren erschlafft und verdeckten den oberen Teil der Augen, die Haut unter dem Kinn war wabbelig. Wenn er das Kinn einzog, verschwand der Hals ganz.
    Er richtete sich auf. Wenn er sich gerade hielt, sah er besser aus. Das scheinbar Weiche wirkte plötzlichhart, was wie Fett aussah, waren in Wirklichkeit Muskeln. Nicht schlecht für sechsundvierzig. Noch zwanzig Pfund runter und ich wäre echt gut für sechsundvierzig.
    Unter der Dusche beschäftigte er sich mit Adolph Karl. Ist es richtig? Habe ich das Recht, selbst den Richter zu spielen? Herrgott, das hört sich an wie aus einem Comic. Schlug er sich mit dem ethischen Problem vielleicht nur herum, weil er sich drücken wollte? Hatte er schlicht und einfach Angst?
    Er massierte apfelduftenden Schaum ins Haar und stellte sich unter den heißen Strahl, um ihn wegzuspülen. Angst – ja oder nein? Er versuchte, in sich hineinzusehen, seinen geistigen Zustand zu betrachten, wie man ein Bild betrachtet. Aber sein geistiger Zustand war schwer fassbar, ließ sich nicht festmachen. Es ist, als wenn man sich ein Elektron anschaut, dachte er. Durch die bloße Beobachtung ändert es sein Verhalten. Ja, ich habe Angst, aber erklärt das mein Zögern? Chris würde nicht zögern,

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