Wildrosengeheimnisse
der über viel Erfahrung verfügt und ein gutes Auge für gewinnbringende Investitionen hat. Natürlich stach ihm die ›Butterblume‹ aufgrund ihrer guten Lage genau deshalb ins Auge. Er hatte, so wie ich glaube, schon die Idee, sie dir abzuluchsen, um dann ein weiteres italienisches In-Lokal daraus zu machen. Zunächst einmal wollte er aber den Sommer über den jungen Giovanni ein bisschen unter die Lupe nehmen, um herauszufinden, ob dieser überhaupt dafür geeignet wäre. Man darf nämlich nicht vergessen, dass Pacocini sich alles selbst hart erarbeitet hat. Er hat viel Erfolg, ja, aber er hat auch unermüdlich dafür gearbeitet. Und genau das erwartete er auch von Giovanni.«
»Und?«, unterbreche ich Michaels Redefluss.
»Giovanni hatte leider überhaupt keine Lust auf Arbeit und Stress. Er fand das Leben seines Onkels zwar ganz toll, vergaß dabei aber, dass dieser bereits morgens früh um sieben Uhr in seinem Laden nach dem Rechten sieht. Er schlief lieber erst mal aus, weil er die Nacht zuvor auf dem schicken Motorboot seines Onkels mit irgendwelchen Tussis Champagner-Partys feiern musste. Pacocini wurde dieses nichtsnutzige Leben seines Neffen sehr bald leid und er drohte damit, ihn wieder nach Hause zu schicken, wenn er nicht endlich arbeiten würde. Giovanni wollte aber lieber Chef spielen wie sein Onkel. Durch diesen kannte er die ›Butterblume‹ und beschloss, dem Schicksal ein wenig nachzuhelfen. Er sah, dass du allein und ohne Mann dort herumwurschtelst, und dachte, wenn er dir ein wenig Angst macht, dann würdest du schon irgendwann aufgeben. Sein Onkel könnte ein Lokal dort eröffnen, das er dann betreiben könnte. Aber er hat nicht damit gerechnet, so eine mutige und zähe kleine Person anzutreffen, die sich nicht so schnell vertreiben lässt.«
Michael lacht.
»Nachdem seine kleine Aktion keinerlei Wirkung zeigte und du partout keine Anstalten machtest, auf das Angebot seines Onkels einzugehen, musste er wohl oder übel andere Wege beschreiten. Zumal sein Onkel ihn vor die Wahl stellte, endlich anständig zu arbeiten oder nach Italien zurückzukehren. Zu beidem hatte er ausgesprochen wenig Lust. Also trieb er sich mit ein paar anderen komischen Gestalten, die er bei seinen Zechtouren kennengelernt hatte, in Spielhallen herum und drehte das ein oder andere krumme Ding. Schließlich wurde er in Lindau bei einem Einbruch erwischt. Seine Finger- und Fußabdrücke sind identisch mit denen, die wir bei dir im Garten und in der Gaststube der ›Butterblume‹ gefunden haben.«
Ich bekomme eine Gänsehaut, wenn ich daran denke, dass ich diesen Typen am selben Abend grinsend in Unteruhldingen gesehen habe, nachdem er zuvor in meiner ›Butterblume‹ eingebrochen und meinen kleinen Hund fast vergiftet hat.
»Ich glaube, Pacocini ist das Ganze gar nicht recht. Wie ich schon sagte, er ist zwar ein ausgekochtes Schlitzohr, aber kriminell, das ist er nicht.«
»Und wie geht es jetzt weiter?«, frage ich interessiert.
Ich spüre, wie mir ein Stein vom Herzen fällt. Im Unterbewusstsein hat mich dieser Einbruch die ganze Zeit doch sehr belastet und mir oft Angst gemacht. Wobei es auch dieser Ronny gewesen sein könnte, der nach seiner Frau gesucht hatte.
»Giovanni sitzt in Untersuchungshaft. Er hat nicht nur den Einbruch in Lindau und den bei dir, sondern noch ein paar andere Sachen zugegeben, die ihn mit Sicherheit eine Weile hinter Gitter bringen werden. Ist das nicht eine gute Neuigkeit?«
»Ja, klar. Das beruhigt mich auf jeden Fall sehr. Aber ich habe dir auch etwas zu erzählen«, verkünde ich und mache eine bedeutungsvolle Pause.
»Ich bin gespannt«, Michael guckt neugierig.
»Es geht um Isabella. Sie lebt.« Ich mache eine Pause. So überrascht, wie ich es mir erhofft hatte, ist Michael allerdings nicht.
»Aha, und woher weißt du das?«, erkundigt er sich.
»Weil ich sie getroffen habe.«
Das scheint ihn schon ein wenig mehr zu interessieren.
»Du hast sie gesehen? Wo denn?«
Ich erzähle Michael die ganze Geschichte. Angefangen mit der SMS, über den Goldbacher Stollen bis hin zu Isabellas Flucht, von der Angst vor ihrem Mann und der Furcht, doch noch von ihm entdeckt zu werden.
»Weißt du was, Maja? Ich habe die ganze Zeit nicht an einen Mord geglaubt. Meine Erfahrung sagte mir, dass sie noch lebt und dass ein anderer Mann dahintersteckt. Eine Zeitlang fasste ich einen Selbstmord ins Auge, aber da wir nie eine Leiche fanden, kam das nicht in Betracht. Dann wurde die Leiche
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