Wildrosengeheimnisse
heute noch nie ausgesprochen habe.
»Aber andererseits hat er mich doch nie als Person wahrgenommen, sondern nur als Wesen an seiner Seite. Weißt du, als ich die Idee mit der ›Butterblume‹ hatte, plante ich zum ersten Mal etwas Eigenes. Das hat mich richtig beflügelt. Ich glaube, damit konnte er nicht umgehen, weil er immer der tolle Macher sein will.«
»Ja, er hat wohl eher davon geträumt, dass du zu ihm auf das Weingut kommst und fortan das Repräsentieren übst. Unter der Anleitung von Mama natürlich. Nein, ich denke, dass es für dich das Beste war, dich auf eigene Beine zu stellen, Maja. Wie läuft es denn so mit Christian?«
Ehe ich mich versehe, erzähle ich Emily davon, wie viel er mir bedeutet und wie sehr ich mich freue, wenn er plötzlich und unvermittelt vor der Tür steht. Und dass ich regelmäßig wieder in ein tiefes Loch falle, wenn er sich genauso plötzlich wieder verabschiedet.
»Weißt du, Emily, ich habe Angst, dass ich nur eine kleine Wochenendabwechslung für ihn bin. Woher soll ich wissen, ob er nicht auch in Stuttgart eine Freundin hat oder in Kanada mit seiner Exfrau schläft?«
»Das glaubst du doch wohl nicht im Ernst, Maja«, entrüstet sich Emily darauf.
»Warum sollte er das tun? Ihr versteht euch doch super, wenn ihr zusammen seid. Warum sollte er sich dann mit anderen Frauen treffen, ihm fehlt doch nichts bei dir. Ich bin sicher, er wäre ganz oft viel lieber bei dir als bei der Arbeit. Du musst Vertrauen haben – sonst kann das nichts werden mit euch. Eine Fernbeziehung ist schwierig. Aber man kann es auch andersherum sehen, nämlich, dass man auf die Art viel Zeit für seine eigenen Interessen hat. Versuche doch einmal, in der Zeit, in der er nicht bei dir ist, dein Leben so schön und sinnvoll zu gestalten wie möglich und denke nicht dauernd daran, was er wohl gerade macht.«
Etwas Ähnliches hat mir auch Nini geraten. Ich nehme mir fest vor, in Zukunft meine Ängste und Sorgen bezüglich Christian hintenanzustellen und mich zu freuen, einen so netten Mann wie ihn gefunden zu haben.
Endlich können wir uns nun dem eigentlichen Zweck unseres Treffens, nämlich der Hochzeitsplanung, widmen. Emily überrascht mich mit einigen tollen Ideen, die sie für die Dekoration der ›Butterblume‹ bereits im Kopf hat.
Ihr gefällt mein Vorschlag, dass meine Mutter und Steve in Friedas altem Haus wohnen können, wenn sie zu Ostern aus Amerika kommen, ebenso wie Steves Tochter Laura Ann mit ihrem Mann und ihren Kindern.
»Es wird dir guttun, wenn Friedas Haus wieder mit Leben gefüllt ist«, sagt sie, als ich erzähle, dass ich mich neulich in dem dunklen, kalten Haus auf einmal nicht allein fühlte. Davon, dass ich heimlich den Liebesbrief von Hermann gelesen habe, erzähle ich aber lieber nichts.
Als wir uns verabschieden, verabreden wir uns, sobald wie möglich Friedas Haus in Augenschein zu nehmen, um den Besuch besser planen zu können, und umarmen uns herzlich.
Dieser Nachmittag hat mir in vielerlei Hinsicht so viel gegeben. Dankbar für Emilys Freundschaft und Herzlichkeit, mache ich mich auf den Weg über den See zurück nach Hause.
*
In der nächsten Woche herrscht Ausnahmezustand in unserem kleinen Städtchen, denn die Narren haben das Zepter übernommen. Da das Brauchtum hier und in vielen Orten am Bodensee hochgehalten wird, finden überall Narrentreffen und -umzüge statt.
Leider ist das schöne Wetter schon wieder vorbei und der Winter zeigt sich noch einmal von seiner kalten und hässlichen Seite. Ich hoffe, dass die Narren mit ihren vielen gruseligen Holzmasken es schaffen, ihn endgültig zu vertreiben. Abgesehen von ein paar Luftschlangen, die wir in der ›Butterblume‹ aufgehängt haben, und Fasnachtskrapfen und Berlinern, die wir anbieten, halten wir uns allerdings ziemlich aus der Narretei heraus. Dafür ist am Schmotzigen Dunschdig in allen Kneipen in der Stadt, besonders im ›Galgenhölzle‹, bereits am Nachmittag die Hölle los. Am darauffolgenden Samstag findet der traditionelle Hänselejuck in der Altstadt statt. Dutzende von Hänsele, insgesamt sollen es sogar über tausend sein, toben durch die bengalisch erleuchteten Straßen, welche von Hunderten von interessierten und verkleideten Besuchern gesäumt sind. An zahlreichen Ständen und in so genannten Besenwirtschaften kann man sich mit Glühwein und anderen Alkoholika aufwärmen, entsprechend ausgelassen ist die Stimmung. Auch Christian und ich wollen diesem Ereignis beiwohnen, doch am
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