Wildrosengeheimnisse
dass das alles Ihnen unglaublich Angst machen muss. Aber ich glaube nicht, dass Herr Grothe noch einmal hier war. Ich habe ihm neulich deutlich gesagt, dass er sich von Ihrem Haus fernhalten muss. Ausschließen können wir es natürlich trotzdem nicht. Aber wir müssen auch andere Möglichkeiten in Betracht ziehen. Haben Sie vielleicht irgendwelche Feinde? Dieser Akt der Zerstörung sieht mir beinahe nach einer Racheaktion aus … oder vielleicht nach Neid?«
Spontan fällt mir die Drohung von diesem Pacocini wieder ein.
Aber so weit würde der doch nicht gehen, oder?
Als ich dem Kommissar davon erzähle, wiegt er abermals den Kopf.
»Wir werden dem Herrn mal unauffällig auf den Zahn fühlen. Aber soviel ich weiß, ist er ein integrer Geschäftsmann. Möglicherweise hat er dem einen oder anderen vielleicht eine Immobilie abgegaunert, aber mit der Polizei kam er meines Wissens noch nie in Konflikt. Das ist nicht sein Stil, sich die Hände schmutzig zu machen. Andererseits könnte er natürlich Helfer haben. Das Haus wäre prädestiniert für eine seiner Gaststätten und vielleicht denkt er, wenn Sie sich nicht mehr sicher fühlen, geben Sie auf.«
Ha, sonst noch was. Da kann er aber lange warten, dieser Herr Pacocini. So leicht lasse ich mich nicht vertreiben. Dafür habe ich zu sehr für meinen Traum gekämpft.
»Aber es könnte natürlich auch jemand völlig Fremder gewesen sein. Sozusagen ein ganz normaler Einbrecher, der, bevor er das Geld aus der Kasse fand, gestört wurde. Wir werden die Gegend im Auge behalten«, beschließt Michael Harter, »und des Öfteren eine Streife vorbeischicken. Vor allem nachts. Trotzdem bitte ich Sie um Vorsicht. Können Sie heute Nacht hierbleiben? Oder soll ich Ihnen ein Hotelzimmer in der Stadt reservieren?«
»Nein, vielen Dank.« Ich schüttele den Kopf. Ich lasse mich nicht vertreiben. »Meine Mutter und ihr zukünftiger Ehemann sowie seine Familie sind nur ein paar Häuser weiter. Ich kann sie rufen, wenn ich Angst habe.«
Obwohl ich todsicher weiß, dass ich genau das nicht tun werde.
Meine Mutter würde mich vermutlich erst richtig verrückt machen, wenn sie von dem Einbruch Wind bekäme. Sie hatte heute so einen schönen Tag und freut sich derart auf ihre Hochzeit, das will ich ihr beim besten Willen nicht kaputt machen. Vermutlich würde sie heute Nacht sonst auf meinem Sofa schlafen, um mich zu beschützen, und dadurch einen Hexenschuss oder sonst was bekommen. Das geht auf keinen Fall, so kurz vor der Hochzeit.
Herr Harter steht auf und sieht mir so tief in die Augen, dass mir ganz schwindelig wird: »Sie sind eine mutige Frau, Maja. Wenn Ihnen irgendetwas verdächtig vorkommen sollte oder Sie sich ängstlich fühlen, dann rufen Sie mich an. Ich bin immer für Sie da. Bei Tag und Nacht.«
Wie nett er doch ist. Obwohl ich mich etwas gestärkt fühle nach seinem Besuch, fühle ich Wut und Angst. Wut auf den oder die Einbrecher, die das schöne Interieur des Cafés so sinnlos zerstört haben. Und Angst, weil ich nicht weiß, wer das war und ob er oder sie nicht irgendwann wiederkommen. Das Schlimme ist, dass nicht nur die Saison unmittelbar vor der Tür steht, sondern in wenigen Tagen die Hochzeit stattfinden soll und ich schon wieder das Café schließen muss, um alles rechtzeitig in einen ordentlichen Zustand zu bringen.
Als Christian anruft, bin ich deshalb total fertig und erzähle ihm schluchzend, was passiert ist.
Nur zwei Stunden später steht er vor meiner Tür und nimmt mich wortlos in die Arme.
»Ach, Maja, es tut mir so leid. Ich bin sofort losgefahren, als wir aufgelegt haben. Ich konnte den Gedanken nicht ertragen, dass du und Nini ohne Beschützer seid, nach dem, was passiert ist. Ich wünschte, ich müsste dich nie mehr allein lassen.«
Es tut so gut, dass Christian bei mir ist. Habe ich ihm in den letzten Wochen auch misstraut und war wütend, dass er so wenig Zeit für mich hat, bin ich heute Nacht einfach nur glücklich, nicht ohne ihn schlafen zu müssen. Die ganze Nacht hält Christian mich in seinen starken Armen, doch ich träume wieder die schlimmsten Sachen. Von Männern, die nachts im Nebel durch den Garten laufen, Hexen, die mich an den Haaren ziehen, und dunklen Gestalten, die mein Café verwüsten. Der Höhepunkt meiner Alpträume ist jedoch eine Leiche, die an der Wasseroberfläche des Sees treibt und aussieht wie die verschwundene Isabella Grothe.
Bevor Christian am nächsten Morgen abfährt, weckt er mich zärtlich und sagt,
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