Wildrosengeheimnisse
Schatz sagen zu meinem Christian? Obwohl – mein Christian. Ist er das überhaupt noch? Oder sollte ich besser sagen: War er das jemals? Ich streife das Tiffany-Armband ab und drücke es dieser blöden Daniela in die Hand. »Hier. Das geben Sie Christian bitte. Mit einem schönen Gruß von mir. Und viel Spaß im Ballett und in Kanada.«
Ich drehe mich um, damit sie nicht sieht, dass mir die Tränen kommen, und haste eilig die Treppe hinunter. Wenn ich jetzt hinfalle, verliere ich vielleicht das Baby, und das ist dieser Mistkerl nun wirklich nicht wert. Wütend gehe ich auf die Straße zurück. Was nun? Das Taxi ist natürlich weg, also bleibt mir nichts anderes übrig, als zur Bushaltestelle zu laufen und von dort aus mit dem Bus zum Hauptbahnhof zurückzufahren. Unterwegs trete ich gegen einen Zaun. Aua. Das hab ich nun davon. Der Zeh wird sicher blau. Trotzdem fühle ich mich danach besser. Dieser Blödmann. Wie kann er mir das nur antun. Wahrscheinlich ist er schon lange wieder mit ihr zusammen. Und sie lachen sich halb tot über mich. Wie konnte ich nur so blöd sein? So blöd. Blöder als blöd. Sicher wird er mir nun auch die ›Butterblume‹ wegnehmen, jetzt, wo er wieder mit ihr zusammen ist.
Obwohl, sie sagte doch, sie würden nach Kanada zurückfliegen. Also wohnen sie jetzt endgültig dort. Dann könnte ich eigentlich in der ›Butterblume‹ bleiben. Wenn ich sie weiter pachten darf und nicht dieser affige Pacocini. Der zahlt sicher wesentlich mehr als ich. Aber so schnell lasse ich mich dort nicht vertreiben. Das steht fest. Dafür habe ich für meinen Traum vom ›Café Butterblume‹ zu hart gekämpft und gearbeitet. Meine Stimmung wechselt auf der Heimfahrt zwischen Wut und Enttäuschung. Noch nie in meinem ganzen Leben habe ich mich so schrecklich gefühlt. Ich habe Christian geliebt. Ihm vertraut. Mein Herz und meine Zukunft in seine Hände gelegt. Und was hat er damit gemacht? Gespielt. Die ganze Zeit wahrscheinlich schon. Und dann diese arrogante Kuh. Selbst schuld, wenn er sich mit der einlässt, viel Spaß auch. So oft ich auch versuche, an etwas anderes zu denken, es gelingt mir nicht. Das süffisante Grinsen dieser Daniela will mir nicht aus dem Kopf gehen. Nini stellt keine Fragen, als ich nach Hause komme. Sie sieht an meinem Gesicht, was los ist.
»Reden?«, fragt sie mitfühlend.
»Morgen, ok?«, bringe ich nur heraus.
Ich brauche erst einmal frische Luft und schnappe die Hundeleine und Jojo. Bei einem kleinen Spaziergang an meinem geliebten See werde ich schon wieder zur Ruhe kommen.
Es hilft nichts, es muss irgendwie weitergehen.
Gut, ich habe es zumindest versucht. So gern hätte ich mit Christian eine kleine Familie aufgebaut. Aber es hat nicht sollen sein. Was würde Frieda jetzt sagen? ›Kopf hoch, Mädel. Brust raus. Und Arschloch zum Deibel.‹ Genau so werde ich es machen.
*
Die frische Luft hat mir gutgetan. Es ist noch spätsommerlich warm, aber bei Weitem nicht mehr so heiß wie an den vergangenen Tagen. Ich nehme mir ein Gläschen Maracujasaft und setze mich einen Augenblick auf den Steg. Das Wasser kühlt meine Beine und auch mein Gemüt, als Michael durch den Garten kommt.
»So lässt sich’s leben«, scherzt er und strahlt mich an.
Ich lächle ein wenig schief zurück, froh, den netten und angenehmen Kommissar zu sehen, der mir inzwischen ein Freund geworden ist.
»Maja, wenn ich dich lächeln sehe, geht mir das Herz auf.«
»Danke für die Blumen«, freue ich mich über das Kompliment. Wenn er wüsste, wie sehr ich das gerade brauchen kann. »Was führt dich zu mir, Michael?«
»Das sagte ich doch schon: dein Lächeln.«
Hoppala, das sieht mir jetzt aber schon ein wenig nach einem Flirtversuch aus. Und das kann ich im Moment nun überhaupt nicht brauchen …
»Aber natürlich nicht nur. Ich wollte dir und Nini etwas mitteilen, was euch sicher interessieren dürfte. Ich war heute in Wallhausen …« Michael setzt sich neben mich auf den Steg und spricht weiter. »Die Wasserschutzpolizei hat dort einen leeren Tauchanzug gefunden, der ans Ufer gespült worden ist. Er war voller Wasser gelaufen und …«
Ich verstehe nicht ganz, warum er mir das erzählt. Was interessiert mich ein Tauchanzug, ob leer oder voller Wasser?
»Jedenfalls glauben wir, dass das die ›Leiche‹ war, die Nini und ihre Freunde neulich nachts am Teufelstisch gesehen haben.«
Michael macht eine bedeutungsvolle Pause.
»Wir vermuten, dass ein Taucher irgendwo in der Nähe des
Weitere Kostenlose Bücher