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Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy , Carson Ellis
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Stadt endgültig hinter sich ließen, folgten die Gefährten dem dicken grünen Kabel, das auf dem Tunnelboden verlegt war. Es führte sie über lange, schmale Brücken, die sich über tiefe Schächte spannten. Es führte sie Stufen hinauf und Gänge hinab. Es führte sie eiserne Leitern hinab und hölzerne hinauf. So viele Windungen und Kurven beschrieb das Kabel, dass sie über die Gründlichkeit und Sorgfalt staunten, welche die Markierung des Wegs der Maulwürfin und ihrem Freund aus der Oberwelt abverlangt haben musste. Prue jedenfalls konnte sich nur annähernd ausmalen, wie viele falsche Abzweigungen man in diesem Labyrinth nehmen konnte. Das Beste war, sich auf das grüne Kabel zu konzentrieren und ihm blind zu folgen.

    Der Weg war weit. Sie mussten viele Pausen machen.
    Nach einer Weile wich der grob behauene Stein rauen Ziegeln, die Tunnel hier schienen aus einer deutlich neueren Zeit zu stammen. Allmählich erinnerten sie Prue an die Gänge, die sie in Südwald auf dem Weg zu Uhu Rex durchwandert hatte, und das gab ihr das Gefühl, dass sie vorankamen. Der Müll allerdings, aus dem der Baumeister die Maulwurfstadt gebaut hatte, deutete darauf hin, dass er sein Material aus der Außenwelt beschaffte – also von außerhalb des Waldes. Falls das stimmte, dann musste das hier eine Verbindung zwischen der Außenwelt und der Undurchdringlichen Wildnis sein, von deren Existenz selbst viele der älteren Bewohner des Waldes wahrscheinlich nichts ahnten. Die Tragweite des Ganzen war nicht abzusehen. Gerade grübelte Prue, ob die Peripheriefalle sich vielleicht bis unter die Erde ausdehnte, als ein lautes Klonk! ihre Gedankengänge unterbrach.
    »Was war denn das?«, fragte sie.
    Curtis, der vor ihr lief, bückte sich und inspizierte etwas auf dem Fußboden, gegen das er aus Versehen getreten hatte. »Eine Flasche.«
    »Wie? Was für eine Flasche?«
    »Eine Bierflasche«, sagte Curtis. Er gab sie Prue, und sie studierte das Etikett im Licht der Laterne.
    »Pabst Blue Ribbon«, las sie. Soweit sie sich erinnerte, war das jedenfalls keine Waldmarke.
    Septimus, der auf Curtis’ Schulter saß, steigerte sich gerade etwas theatralisch in die Vorstellung hinein, wie gut ein kühles Getränk jetzt schmecken würde, als sie plötzlich aus dem Dunkel vor ihnen ein Pfeifen hörten. Prue hob die Laterne, und der äußere Lichtkreis offenbarte eine einfache Türöffnung. Das Pfeifen kam näher. Ein Klicken, Licht strömte herein.
    Prues Augen hatten sich inzwischen so an den schwachen Schein ihrer Laterne gewöhnt, dass dieses neue, harte und grelle Licht sich anfühlte, wie direkt in die Sonne zu sehen. Alle drei zuckten zusammen und blinzelten. Eine Gestalt kam in Sicht. Sie trug eine Kiste.
    Vorsichtig gingen die Kinder weiter. Die Gestalt musste sie gehört haben, denn das Pfeifen brach abrupt ab. Jetzt konnten sie den Mann besser erkennen. Er war jung, vielleicht Mitte zwanzig, und er trug eine Melone auf dem Kopf und eine schmucke Weste. Seinen dicken Schnauzbart hatte er auf beiden Seiten mit Pomade zu kleinen Kringeln frisiert. Er sah aus, als entstammte er einem anderen Jahrhundert – weshalb er leicht als Bürger von Südwald durchgehen konnte.
    »Hallo?«, rief Prue.
    Der Mann war stehen geblieben und spähte nun durch den Durchgang. Offenbar konnte er ihre Anwesenheit nicht so recht zuordnen.
    »Was macht ihr denn hier?«, fragte er.
    »Dasselbe wollten wir Sie gerade fragen«, gab Curtis zurück.
    »Ich arbeite nur«, erklärte der Mann.
    »Ist das hier Südwald? Wie weit ist es bis zur Villa Pittock?« Prue war müde von der ganzen Lauferei, und ihr ging langsam die Geduld aus.
    Diese Frage schien den jungen Mann vollends aus dem Konzept zu bringen. »Hä?«, war alles, was er herausbekam.
    »Südwald. Sind wir unter Südwald?«, wiederholte Curtis leicht genervt von seiner Begriffsstutzigkeit.
    »Ich weiß nicht, wovon ihr überhaupt redet. Das hier ist Old Town. Also, die Innenstadt von Portland. Ich füll nur den Kühlschrank auf.«
    Jetzt waren Prue und Curtis ziemlich verwirrt. »Was?«, fragten sie wie aus einem Munde.

    »Ich hole Bier. Für die Kneipe.« Da dies die beiden Kinder offenbar nicht zufriedenstellte, probierte er es anders. »Hört mal, ich bin neu. Hab erst letzte Woche angefangen. Wenn ihr euch also einen Scherz mit mir erlauben wollt …« Plötzlich kam ihm ein Gedanke, und sein Gesicht leuchtete auf. »Ach, jetzt verstehe ich«, sagte er. »Wart ihr vielleicht auf einer von diesen

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