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Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy , Carson Ellis
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die Vorstellung gerettet. Die gesamte Besetzung – zum Entzücken der Menge sogar Esben – verbeugte sich tief bei donnerndem Applaus und trabte dann zurück in das kleine rote Zelt. Das Deckenlicht ging an, der Ticketverkäufer tauchte auf und scheuchte die Leute ins Freie.
    Prue und Curtis wussten, was sie zu tun hatten.
    Am hinteren Eingang drückte sich immer noch derselbe Mann wie vorher herum. Er sah die beiden Kinder mit der Ratte auf sich zukommen und grinste. Seine Schneidezähne waren nur noch kurze Stümpfe.
    »Na, wenn das mal nicht die beiden Bärenkinder sind, die ihren alten Papa besuchen wollen.«
    Curtis zog ein böses Gesicht. »Wir sind wirklich große Fans.«
    »Lassen Sie uns denn jetzt bitte zu ihm rein?« Prue versuchte es mal mit Einschmeicheln.
    »Die packen schon zusammen«, sagte der Mann. »Es geht ab nach Pendleton. Oder sonst wohin. Die haben jetzt keine Zeit, mit Fans zu plaudern.«
    Unwillkürlich platzte Prue heraus: »Er darf nicht wegfahren!«
    »Wir müssen ihn wirklich unbedingt sehen«, ergänzte Curtis, der langsam sehr ungeduldig wurde. »Es geht um Leben und Tod.«
    »Also noch mal ganz langsam zum Mitschreiben.« Der Mann begutachtete lässig seine Fingernägel. »Ihr müsst einen Bären sehen. Einen Zirkusbären. Weil es um Leben und Tod geht.«
    »Das ist eine lange Geschichte«, sagte Prue. »Aber ja, genau so ist es.«
    »Bitte!«, flehte Curtis.
    Der Mann blickte zwischen den beiden hin und her, seine träge, müde Miene war einem verwunderten, mitleidigen Ausdruck gewichen. »Nein«, sagte er schließlich.
    Niedergeschlagen drehten sich Prue und Curtis um und stapften langsam weg. Hinter ihnen verklangen die Geräusche des Vergnügungsparks in der kalten Nacht, während die Fahrgeschäfte und Verkaufsstände nach und nach geschlossen wurden. Ein paar Regentropfen platschten geräuschvoll auf die schlammigen, schmelzenden Schneeklumpen, die hier und da noch auf dem Gelände lagen. Vereinzelt riefen Männer im großen Zirkuszelt einander knappe Anweisungen zu. Innerhalb weniger Minuten kippte die Zeltspitze zur Seite und das große Rund erschlaffte wie ein Ballon, aus dem man die Luft lässt. Ein Trupp Arbeiter mit Schweißfilm auf dem Gesicht plagte sich fluchend und spuckend mit dem Abbau ab. Prue zog sich ihre Kapuze über den Kopf und runzelte die Stirn.
    »Die ganze Sache ist zum Scheitern verurteilt«, klagte sie. »Wir können auf Esben nicht verzichten.« Mit gesenktem Kopf folgte sie Curtis am Zaun entlang. Als er ohne Vorwarnung stehen blieb, prallte sie beinahe auf seinen Rücken.
    »Moment mal«, sagte er. »Wo ist Septimus?«
    Den ganzen Abend hatte die Ratte auf seiner Schulter gesessen, und jetzt bemerkte er, dass er ihre Krallen nicht mehr durch die Jacke spürte.
    Da ertönte ein Schrei. Als die beiden Kinder aufblickten, sahen sie den Aufpasser am Hintereingang, mit dem sie gerade gesprochen hatten, einen zitternden Schrei ausstoßen und herumhüpfen wie eine Marionette, deren Puppenspieler zu viel Kaffee getrunken hatte. Curtis erkannte das Tänzchen sofort: Mit genau denselben Schritten hatte sich vor gar nicht allzu langer Zeit Henry mit seinem Zylinder vom Bock der gekaperten Kutsche geflüchtet.
    »Ach da ist er«, meinte Curtis.
    Bis er und Prue den Hintereingang wieder erreicht hatten, war der Mann schon kreischend mit großen Sätzen zur Männertoilette gehüpft, um dort das dämonische Pelztier zu entfernen, das ihm in den Jackenkragen gekrochen war. Der Weg war frei. Rasch sah Curtis sich um, dann schob er Prue durch den unbewachten Eingang.
    »Danke, Septimus«, flüsterte sie.
    Der Bereich hinter der Manege war ein Labyrinth aus Käfigen und Kisten, es wimmelte vor Arbeitern in schwarzen Overalls und schweren Stiefeln, die emsig alles abbauten und verpackten. Ja, es herrschte ein solches Getümmel, dass zwei Zwölfjährige gar nicht weiter auffielen.
    Und da Prue und Curtis annahmen, dass geduckt und auf Zehenspitzen schleichende Kinder weit mehr Aufmerksamkeit erregen würden, liefen sie ganz ungeniert mit erhobenen Köpfen weiter. Die beiden Käfige der störrischen Äffchen verrieten ihnen, dass sie sich dem Tierbereich näherten. Und als sie hinter einer Holzkiste mit einer Schar schnatternder Pfauen um die Ecke bogen, entdeckten sie einen allein stehenden schwarzen Eisenkäfig, über dessen Stangen ein Schild mit der Aufschrift ESBEN hing.
    Sie spähten hinein. Er war stockdunkel.
    »Esben?«, flüsterte Prue. Sie wollte nicht gern

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