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Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy , Carson Ellis
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»Er will dir etwas mitteilen.«
    Prue erschrak. »Was? Wer?«
    »Der Baum. Er hat dich hergerufen, weißt du.«
    »Woher – wieso kannst du ihn hören ?«
    Alister zuckte die Achseln. »Das konnte ich schon immer. Warum, weiß ich nicht. Meinen Lehrern, den älteren Mystikern, hab ich es nicht erzählt. Sie sagen, ich dürfte das eigentlich nicht können. Ich wollte sie nicht korrigieren.«
    Prue ging näher zu ihm. »Was sagt er?«
    Der Junge antwortete nicht, und Prue war nicht sicher, ob er sie gehört hatte. Sie wiederholte die Frage, aber immer noch reagierte Alister nicht.
    Endlich sprach er, die Augen jetzt auf Prues Füße gerichtet. »Er sagt, du kannst die getrennten Drei zusammenbringen.«
    »Ich weiß nicht, was das bedeutet.« Prue blinzelte mehrmals schnell hintereinander.
    »Die Drei Bäume des Waldes«, erklärte Alister. »Du kannst sie vereinen. Aber …« Er hielt inne und sah in den Himmel. Seinem Gesichtsausdruck nach war er dabei, zu empfangen . Dann nickte er in stillem Verständnis. »Aber das liegt noch in weiter Ferne.« Warmherzig lächelte er die Luft neben Prues linker Wange an. »Du wirst zu großer Bedeutung aufsteigen. Zu einer Herrscherin vielleicht.«
    Prue war völlig verdutzt.
    Der Junge sprach weiter. »Aber zuerst muss der wahre Erbe … er muss …« Alisters Stirn war vor Konzentration tief gefurcht. Was auch immer ihm übermittelt wurde, war sichtlich schwierig zu entschlüsseln. Er erinnerte Prue an jemanden, der langsam eine schwierige Sprache übersetzte, wie die paar Kinder in ihrer Klasse, für die Englisch eine Fremdsprache war. Sie steckten voller Ideen; es fiel ihnen nur schwer, sie in der Sprache zu formulieren, die sie benutzen sollten.
    Nach einer Weile schließlich zeigte Alisters Blick, dass er eine zufriedenstellende Übersetzung gefunden hatte. »Wiederbelebt«, sagte er. »Genau, das ist es. Wiederbelebt. Der wahre Erbe muss wiederbelebt werden.« Auch wenn er sich des Wortes sehr sicher war, wirkte er genauso verwirrt darüber wie Prue. »Weißt du, was das heißt?«, fragte er.
    »Wiederbeleben. Im Sinne von zurück zum Leben erwecken? Von den Toten?«
    »Nein, nicht ganz. Wie bei einer Maschine. Reparieren. Ich weiß nicht, ob es ein menschliches Wort dafür gibt.«
    »Den wahren Erben wiederbeleben. Wie eine Maschine.« Prue grübelte. »Wer ist der wahre Erbe?«
    Alister zuckte mit den Schultern.
    Irgendwo am Rande ihres Denkens wirbelte etwas, prallte gegen ihr Bewusstsein wie eine Motte an eine Glühbirne. Die Antwort war da, irgendwo.
    Schon übermittelte der Jährling stockend weiter, was er empfing. »Das ist das – das Einzige –, was Frieden schaffen wird. Und dich retten – dein Leben und das deiner Freunde retten wird. Aber du – du bist nicht die Einzige. Sie wissen. Die anderen wissen Bescheid. Sie werden es auch versuchen. Und wenn es ihnen gelingt, ist alles verloren.« Dann noch einmal: »Du musst den wahren Erben wiederbeleben. Den zweimal gestorbenen Jungen.«
    Prue hatte diesen letzten Informationsfluss kaum wahrgenommen, sie war zu beschäftigt damit, hinter die Bedeutung der geheimnisvollen Anweisung zu kommen. Den wahren Erben wiederbeleben. Wie eine Maschine. Den zweimal gestorbenen Jungen . Was hieß das denn überhaupt? Und dann fiel es ihr schlagartig ein. »Alexei!«, sagte sie laut. »Der Gouverneursjunge!«
    »Für den Baum spielen kulturelle Etiketten keine Rolle«, sagte Alister, und Prue zog fragend eine Augenbraue hoch.
    »Na ja, jedenfalls«, sagte sie dann, »muss Alexei gemeint sein, der Sohn von Alexandra – der Gouverneurswitwe! Als er damals starb, hat sie ihn wieder zum Leben erweckt, und zwar als mechanisches – Ding! Und dann …« Irgendwas Komisches und Ekliges mit Zähnen, erinnerte sie sich. Es war schon so lange her, ihr Gespräch mit Uhu Rex. An jenem Abend, als sie sich aus der Villa Pittock zu ihm in seinen Südwalder Wohnsitz geschlichen hatte. Sie hatten vor dem prasselnden Feuer gesessen und Tee getrunken, und er hatte ihr viele unglaubliche Dinge erzählt, Geschichten von der Gouverneurswitwe und ihrem Mann, dem verstorbenen Grigor Svik. Und von dem Sohn der beiden, Alexei, der bei – was war es noch gewesen? – einem Jagdunfall gestorben war? Prue wusste nicht mehr alle Einzelheiten. Aber ja: In ihrem Kummer hatte Alexandra ihren Sohn ins Leben zurückgeholt, als – wie hatte Uhus Wort dafür noch mal gelautet? Apparat. Genau, das war es. Sie hatte eine mechanische Nachbildung ihres Sohnes

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