Wildwood - Das Geheimnis unter dem Wald: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)
ist unwichtig. Ich frage Sie: Werden Sie dieses Zahnrad herstellen, Mr. Unthank?«
Joffrey stützte die Ellbogen auf die Armlehnen und verschränkte die Finger vor dem Mund. Er blickte auf die Zeichnung des Möbius-Zahnrads und dann zurück zu Roger. »Wie lange habe ich Zeit?«, fragte er schließlich.
»Fünf Tage.«
» Fünf? « Unthank ließ die Hände auf den Schreibtisch fallen. »Sie wollen mich wohl zum Besten halten. Ich meine, so lange dauert es allein, bis das Metall ausgehärtet ist. Ich brauche eine Woche, mindestens.«
»Eine Woche ist ausgeschlossen. Es gibt noch andere, Mr. Unthank, die ebenfalls danach trachten, dieses Stück zu bauen, und wenn es ihnen gelingt, ist alles verloren. Ich habe Ihre Arbeiten gesehen, mir wurde von Ihrem Können berichtet. Ich glaube nicht, dass fünf Tage Ihre Möglichkeiten übersteigen.«
»Ich meine, wenn ich die Nächte durcharbeiten würde, wenn ich alle anderen Produktionen herunterfahren …«
»Falls das nötig ist, sollten Sie es tun.«
»Aber das wird Kosten verursachen. Es wird ein Vermögen kosten, alles darauf auszurichten. Und was ist mit meinen Kunden? Ich muss bis Dienstag fünfzehnhundert Spülmaschineneinlaufventile produzieren.«
Roger räusperte sich höflich. »Sie werden dafür reichlich entschädigt werden, Mr. Unthank, welche Kosten Ihnen auch immer entstehen mögen. Ich kann nicht genug betonen, wie sehr Ihre Mühen sich lohnen werden. Ich verspreche, dass Ihnen eine ganze Welt zur Verfügung stehen wird. Bitte bedenken Sie das.«
Unthank hob die Hände vors Gesicht und tippte sich mit den Fingerspitzen auf die Lippen. »Und was ist mit diesen anderen – Ihren Konkurrenten? Die es auch bauen wollen? Was passiert, wenn sie es vor mir schaffen? Was dann?«
»Das wird nicht geschehen. Außerdem habe ich Schritte eingeleitet, um – wie soll ich es ausdrücken – ihren Fortschritt zu hemmen oder sie sogar ganz aufzuhalten. Aber das ist nicht Ihre Angelegenheit, Mr. Unthank. Sie sollen lediglich für die Herstellung des Stückes sorgen. Das ist alles.«
Joffreys Blick wanderte von dem seltsamen Mann ihm gegenüber zur Fensterreihe über dem Regal mit den blinkenden Transpondern. Die Wand aus Bäumen, die ihn jeden Tag begrüßte, wenn er ins Büro kam, war immer noch dort und stand wachsam im grauen Licht. Ein Vogel kreiste über einer der höchsten Tannen. Irgendwo in dem verschlungenen Wald, vermutete Unthank, waren die drei Mädchen, die er mutwillig in diese unbekannte Welt geschickt hatte, wie Dutzende andere, die ein ähnliches Schicksal erlitten hatten. Er stellte sie sich erstarrt vor, wie Statuen, Opfer des schrecklichen Zaubers dieses fremden Ortes. Oder schlimmer: Sie wurden langsam von ebendiesen Bäumen verdaut. Und wozu? Es war eine lange beschwerliche Reise für Joffrey Unthank gewesen, aber er hatte das Gefühl, er erhielte bald seine angemessene Belohnung, wenn auch so, wie er es sich selbst in seinen wildesten Träumen nicht ausgemalt hätte.
Er sah wieder zu Roger. »Wir sind im Geschäft«, sagte er.
»Rachel!«
Der Wald schwieg.
»RACHEL!«
Immer noch kein Laut. Ein unglaublicher Schrecken breitete sich in Elsies Bauch aus. Sie hatte in ihrem ganzen Leben noch nie solche Angst gehabt. Die großen Bäume schienen sich um sie herum zu verbiegen wie in einem Zerrspiegel, und während sie rannte, schoss ihr das Blut ins Gesicht, und ihr wurde immer schwindeliger. Sie wusste nicht, wohin sie lief. Sie wusste nicht, wo sie landen würde. Sie wusste nur, was sie versprochen hatte: dass sie ihre Schwester finden würde. Sie bahnte sich ihren Weg durch das dichte Unterholz, so schnell ihre kurzen Beine sie trugen, und kämpfte dabei mit dem einige Nummern zu großen Mantel, den man ihr angezogen hatte. In ihren Träumen hatte sie so etwas schon erlebt: Sie rannte erschöpft und verwirrt durch eine endlose Wildnis, und ihre Beine bewegten sich wie durch Sirup. Kurz kam ihr der Gedanke, ob es vielleicht wirklich ein Traum war. Doch ein besonders gemeiner Dornenkratzer an der linken Hand genügte, um sie mit einem überaus realen Schmerz daran zu erinnern, dass sie ziemlich wach war.
Sie versuchte es erneut, doch dieses Mal blieb sie stehen und schöpfte Atem, ehe sie die Hände trichterförmig vor den Mund legte. »Rachel!« Sie lauschte in die Stille.
Das Flüstern einer Brise. Ein Zweig, der sich im leichten Wind wiegte und an einem Nachbarbaum rieb.
Elsie besann sich. Sie stand mitten in einem tiefen dichten Wald,
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