Wildwood
kamen. Doch auf Seiten der Räuber machten nun wiederum die Bogenschützen einigen Kameraden mit Gewehren Platz, um ihnen freies Schussfeld zu geben; viele der Kugeln trafen, und noch mehr Kojoten rollten leblos zu den gefallenen Räubern in die verräucherte Schlucht hinab. Curtis starrte die wachsende Anzahl von Toten und Verwundeten an – dabei hatte die Schlacht doch gerade erst begonnen.
»Infanterie!«, donnerte der Kommandant. »Vorwärts!«
Die Fußsoldaten aus der hintersten Reihe der Formation marschierten an den Bogenschützen und Füsilieren vorbei – gerade rechtzeitig, um sich den Räubern entgegenzustellen, die inzwischen die Anhöhe erreicht hatten. Die beiden Truppen prallten mit Höllenlärm aufeinander: klirrende Säbel, wildes Geheul, hitziges Gebrüll, knackende Knochen. Curtis verzog das Gesicht, ihm drehte sich der Magen um. Die Romantik, die er mit solchen Schlachten bisher verbunden hatte – vor allem aufgrund der historischen Romane, die er neuerdings begeistert las –, bröckelte langsam ab. Die Realität erwies sich als viel hässlicher.
Die beiden gegeneinander kämpfenden Armeen verschmolzen zu
einem einzigen Gewirr aus Fell und Fleisch, Metall und Holz, während die Artillerien Salve um Salve von Pfeilen und Kugeln in die gegenüberliegende Kammlinie abfeuerten. Doch egal wie viele Räuber über die Kante in die Schlucht fielen, es kamen immer wieder neue aus dem Wald, um sie zu ersetzen. Für eine furchtbare Weile sah es so aus, als wären die Kojoten in erschreckender Unterzahl.
An diesem Punkt kamen die Kanonen ins Spiel.
Jeweils vier Kojoten hatten um die Geschütze auf der obersten Kammlinie Aufstellung genommen. Einer brüllte den anderen Kommandos zu, die daraufhin rasch und effizient Pulver und Kugel in das breite Rohr füllten. Als die Waffen geladen waren, reckten die Befehlshaber ihre Säbel, brüllten auf ein Zeichen des Kommandanten hin »FEUER!«, und schon hallte der Wald von donnernden Schüssen wider.
Die Kanonenkugeln krachten in die Reihen der Räuber und schleuderten ihre Körper in alle Richtungen davon. Wo die Geschosse auftrafen, spritzte die Erde in Fontänen hoch, und noch die dicksten Bäume zersplitterten wie Zahnstocher. Uralte, bis in den Himmel reichende Stämme, die aussahen, als wären sie zu Anbeginn der Erde entstanden, stürzten zu Boden und rissen dabei Äste und Zweige der umstehenden Bäume mit. Die in heftige Handgemenge verstrickten Kämpfer in der Schlucht wurden von diesen Kolossen bedauernswert zerquetscht.
Curtis’ Ohren klingelten immer noch von den Kanonenschüssen,
als er sah, wie sich die Räuber gegenüber neu formierten. Das Geschützfeuer hatte sie zwar vorübergehend außer Gefecht gesetzt, aber inzwischen strömten wieder neue Männer aus dem Wald hinter der Senke herbei. Ihre Bogenschützen spannten die Sehnen für eine weitere tödliche Salve. Um den ersten Erfolg der Artillerie zu nutzen und auszubauen, befahl der Kommandant rasch, die Kanonen neu zu laden. Aufmerksam beobachtete Curtis die Kojoten unter sich; er war fasziniert von der Schnelligkeit der Mannschaften.
Doch gerade als der Kommandant das Zeichen zum Feuern gab, sauste ein Pfeil über die Schlucht und genau in den Hals desjenigen Kojoten, der die Zündschnur einer Kanone zu entfachen hatte. Er kippte tot um, und die glimmende Schnur in seiner Hand fiel in einen Haufen vertrockneter Ranken am Fuße des Baums, auf dem Curtis hockte. Der Rest der Artillerie wurde plötzlich von einem Haufen Räuber bestürmt, die den Abhang erklommen hatten, sodass die Kanonenmannschaft nun gezwungen war, ihre Posten zu verlassen und zu kämpfen.
Rasch entzündete die Glut der Schnur die trockenen Pflanzen, und kleine Flammen züngelten an Curtis’ Baum empor. Er schrak zusammen und starrte hinab in das wachsende Feuer.
»Mist«, murmelte er. »Mist, Mist, Supermist.«
Hektisch rutschte er von seinem Ausguck auf dem Ast zurück und den Stamm hinunter. Die raue Rinde schürfte ihm Knie und Ellbogen durch die Uniform hindurch auf. Auf dem Boden hob er hastig
die Zündschnur auf und begann, die Flammen unter dem Baum mit den Füßen auszutreten.
»Mist, Mist, Mist«, wiederholte er unablässig.
Das trockene Laub zerkrümelte schnell unter seinen Schuhen und das Feuer verlosch. Die Spitze der Zündschnur allerdings glühte weiterhin in seiner Hand. Einen Moment lang stand er wie gelähmt von dem ihn umtosenden Gefecht da. Dann fiel sein Blick auf die verlassene Kanone,
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