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Wildwood

Wildwood

Titel: Wildwood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Meloy
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leichten Drehung in den Korridor hinter sich. Im Nu kündigte das Schlurfen von Stiefeln eine Gruppe uniformierter Kojotensoldaten an. Als sie im Eingang zur Kammer auftauchten, waren sie zunächst überrascht, Curtis zu sehen. »Frau Gouverneurin?«, fragte einer verwirrt.
    »Ergreift ihn«, lautete Alexandras Befehl. »Er ist ein Überläufer.«
    Sofort war Curtis von Kojoten umringt. Seine Arme wurden auf den Rücken gedreht und Fesseln schnappten um seine Handgelenke zu. Er leistete keinen Widerstand. Dann riss einer der Soldaten Curtis’ Säbel aus der Scheide und hielt ihm die Klinge mit einem höhnischen Lächeln vors Gesicht. Reglos beobachtete Alexandra das alles, ohne auch nur ein einziges Mal den Blick von ihrem Gefangenen abzuwenden.
    »Tu das nicht, Curtis«, sagte sie schließlich, mit einer gewissen Traurigkeit unter der steinernen Miene. »Ich biete dir ein neues Leben, eine neue Richtung. Eine Welt voller Reichtümer erwartet
dich, und du willst das alles wegwerfen, um dieses Etwas da zu retten? Dieses brabbelnde Etwas? Du hättest einen sicheren Platz am Tisch, Curtis. Du wärst mein Stellvertreter. Und eines Tages vielleicht sogar Thronerbe.« Sie machte eine Pause, bevor sie sagte: »Ein Sohn für mich.«
    Die Kojoten neben Curtis rochen nach verfilztem Fell und abgestandenem Wein. Sie schnauften ihm drohend ins Ohr und schnappten mit den Schnauzen nach ihm. Die Fesseln schnitten in seine Handgelenke.
    Doch das konnte Curtis’ Entscheidung nicht ins Wanken bringen. »Alexandra, ich bitte Sie, damit aufzuhören; lassen Sie Mac und mich gehen. Ich … äh … befehle es Ihnen.«
    Alexandra unterdrückte ein Lachen. »Befehlen? «, fragte sie eisig. »Du willst mir etwas befehlen? Ach, Curtis, mach dich nicht lächerlich. Hat der Brombeerwein dir Größenwahn eingeflößt? Du bist wirklich nicht in der Position, irgendjemandem Befehle zu erteilen, fürchte ich.« Das schiefe Lächeln verschwand von ihrem Gesicht. Sie kam näher, und ihre Wange strich über Curtis’ Wange, ihr Mund war dicht an seinem Ohr. Ihr Atem roch wie aus einer anderen Welt, wie ein süßes Gift, selten und tödlich. »Letzte Chance«, war alles, was sie flüsterte.
    »Nein«, wiederholte Curtis mit fester Stimme.
    Kaum hatte diese Antwort seine Lippen verlassen, da zog Alexandra den Kopf zurück und klatschte in die Hände. »Bringt ihn weg!«,
rief sie. »Zu den Käfigen!« Ihr Finger fuhr über den Brokat seines Uniformkragens zu dem bronzenen Brombeer-Waldlilien-Abzeichen auf seiner Brust. Mit einer raschen Drehung des Handgelenks riss sie den Anstecker aus dem Stoff und schleuderte ihn zu Boden.
    »Jawoll!«, bellten die Kojoten, und Curtis wurde unsanft aus dem Raum gezerrt. Er konnte noch einen Blick zurück erhaschen: Die große, schlanke Silhouette der Gouverneurin, umrahmt vom Schein der Fackeln, verdunkelte den Eingang zur Kammer, während sie Curtis nachblickte. Das geisterhafte Licht flackerte unter den Flügelschlägen einer Schar von Krähen, als Alexandra gemessenen Schrittes in den Raum zurückkehrte, zu dem Kleinkind in der Wiege. Dann bogen Curtis’ Häscher um eine scharfe Ecke, und das furchtbare Bild war verschwunden.
    Er hatte Mühe, mit den Kojoten Schritt zu halten. Der Gang, dem sie folgten, schlängelte sich durch die Erde und krümmte sich in alle Richtungen, um hier einer knorrigen Baumwurzel, dort einem Felsbrocken auszuweichen. Je weiter sie sich von den zentralen Höhlen des Baus entfernten, desto kälter wurde die Luft, während der Tunnel sich abwärts neigte.
    »Hört mal«, sagte Curtis nach einer Weile. »Ihr müsst ihr nicht gehorchen. Wisst ihr, was sie vorhat? Sie hat ein Kind entführt, einen kleinen Jungen, und sie wird ihn umbringen . Ein unschuldiges Baby! Findet ihr das etwa richtig?«
    Keine Reaktion.

    »Ich meine, was wäre, wenn einer von euren, euren« – er suchte nach dem passenden Wort – »Welpen von einem Menschen oder Tier oder was auch immer entführt würde. Und er sollte geopfert werden! Würdet ihr das hinnehmen?« Da er immer noch keine Antwort erhielt, gab er selbst eine. »NEIN! Nein, das würdet ihr nicht. Denn es ist nicht richtig!«
    Der Tunnel war erfüllt vom schweren Atem der Kojoten; plötzlich huschte vor ihnen im Halbdunkel etwas Achtbeiniges über den Boden und verschwand in einem großen Loch in der Wand.
    »Was war das?«, kreischte Curtis.
    »Wer weiß, was sich da unten alles rumtreibt«, meinte ein Kojote.
    Ein Zweiter nahm das Spiel auf. »Ich

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