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Wilhelm Storitz' Geheimnis

Wilhelm Storitz' Geheimnis

Titel: Wilhelm Storitz' Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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sehr beliebt sind, besonders bei der ungarischen Bevölkerung; es ist erwiesen, daß die Leute slawischer Abstammung in unserer Mitte wie aus ihrem Vaterlande Verbannte leben.«
    Hauptmann Haralan schien auch für die Österreicher keine große Zuneigung zu empfinden. Was die Deutschen anbelangt, so erstreckt sich der Rassenhaß zwischen ihnen und den Magyaren auf einen viel längeren Zeitraum. Diese Antipathie tritt unter den mannigfaltigsten Formen zutage und selbst die gebräuchlichsten Redensarten wissen – oft in sehr roher Form – davon zu erzählen.
    »Huncut a német«,
lautet eine der beliebtesten Redensarten.
    Was auf gut Deutsch lautet:
    »Der Deutsche ist ein verflixter Kerl.«
    Abgesehen von der Übertriebenheit, die so manchem Sprichwort anhaftet, läßt das eben Erwähnte doch auf die wenig freundschaftlichen Beziehungen der beiden Rassen schließen.
    Die Stadt Ragz ist mit Ausnahme des niederen, am Stromufer erbauten Teiles ziemlich regelmäßig konstruiert. Die hochgelegenen Viertel zeichnen sich sogar durch eine fast geometrische Genauigkeit aus.
    Hauptmann Haralan führte mich über den Kai und die Stephansstraße zum Koloman-Markt, zu einer Stunde, da er am belebtesten ist.
    Auf diesem Platze, wo die verschiedenen Produkte des Landes zum Verkaufe gelangen, konnte ich nach Behagen den Bauer in seinem Nationalkostüm beobachten. Er hat den reinen Typus seiner Rasse voll bewahrt, den starken Kopf, die etwas stumpfe, breitgedrückte Nase, die runden Augen, den herabhängenden Schnurrbart. Auf dem Haupte trägt er gewöhnlich einen breitkrämpigen Hut, unter dem zwei fest geflochtene Zöpfe sichtbar werden. Rock und Weste sind aus Schafpelz und mit beinernen Knöpfen geschmückt.
    Das Beinkleid ist aus unzerreißbarer, dicker Leinwand gefertigt, die an Haltbarkeit dem gerippten Samt unserer nördlichen Provinzen zu vergleichen ist; ein buntfarbiger Gürtel hält es um die Mitte fest; die Beine stecken in hohen Stiefeln, die manchmal mit Sporen versehen sind. Es schien mir, als ob die Frauen ein viel lebhafteres Wesen zeigten als die Männer. Auch unter ihnen bemerkte ich schöne Typen. Sie trugen kurze Röcke in lebhaften Farbentönen, reich gestickte Leibchen und ihre Hüte mit aufgebogenem Rande und Federnschmuck konnten den üppigen Haarwuchs nicht verbergen.
    Auch Zigeuner lernte ich kennen, arme Wesen, die elend aussahen und mein Mitleid erregten; alle aber, Männer, Weiber, Greise und Kinder, bewahrten die Originalität ihres Stammes unter den armseligen Lumpen, die mehr Löcher als Gewebe aufwiesen.
    Als wir den Markt verlassen hatten, durchquerte ich mit dem Hauptmann ein wahres Labyrinth von engen Gäßchen; mächtige Hängeschilder bezeichneten die Kaufläden zu beiden Seiten, dann wurden die Straßen breiter, geräumiger und wir standen auf dem Kurtz-Platz, einem der größten Plätze der Stadt.
    In seiner Mitte erhebt sich ein schöner Brunnen aus Bronze und Marmor, dessen Schale durch mehrere, aus phantastischen Gebilden kommende Wasserstrahlen gefüllt wird. Hoch oben thront die Statue Matthias Corvinus’, dieses Helden des 15. Jahrhunderts, der schon im Alter von fünfzehn Jahren die königliche Würde bekleidete und nicht nur den Angriffen der Österreicher, Böhmen und Polen siegreichen Widerstand entgegensetzte, sondern auch die ganze europäische Christenheit vor dem Joche osmanischer Barbarei rettete.
    Der Platz ist wirklich sehr schön. Auf der einen Seite erhebt sich der Regierungspalast, ein imposantes Gebäude mit hohen, von Wetterfahnen gezierten Giebeln, das den Charakter der alten Renaissancebauten an sich trägt. Eine Treppe mit eisernem Geländer führt zum Haupttrakt empor und eine mit Marmorstatuen geschmückte Galerie zieht sich längs des ersten Stockwerkes hin. Die Fenster der Fassade zeigen alle gemalte Scheiben, die den steinernen Kreuzen eingefügt sind. Aus dem Mitteltrakt erhebt sich eine Art Wachtturm, der oben eine Kuppel mit Fensteröffnungen zeigt, über welche die in den Landesfarben gehaltene Fahne herabweht. Zu beiden Seiten ziehen sich zwei durch ein Gitter verbundene Flügel hin, die den geräumigen Hof einschließen, dessen Ecken durch dichtes Grün verkleidet sind.
    Wir waren auf dem Kurtz-Platze stehen geblieben.
    »Hier ist der Regierungspalast, sagte Hauptmann Haralan, wo Markus und Myra in weniger als drei Wochen vor dem Gouverneur erscheinen werden, um dessen Zustimmung zu ihrer Vermählung zu erbitten, ehe sie sich in die Kathedrale

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