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Wilhelm Storitz' Geheimnis

Wilhelm Storitz' Geheimnis

Titel: Wilhelm Storitz' Geheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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wäre gefallen, wenn ich ihn nicht aufgefangen hätte.
    Ich glaubte nichts anderes, als daß wir unter diesen für uns sehr ungünstigen Bedingungen angegriffen werden würden, da wir unsere Angreifer nicht sehen konnten. Aber nein! Ein ironisches Lachen ertönte von links und bald hörten wir das Geräusch sich entfernender Schritte.
    »Verfehlter Streich! rief Herr Stepark, aber wenigstens sind wir jetzt sicher, daß die Unsichtbarkeit sie nicht hindert, am Körper bestraft zu werden!«
    Leider waren sie uns entkommen und wir kannten ihren Aufenthaltsort nicht. Herr Stepark aber schien sehr befriedigt.
    »Jetzt halten wir sie, sagte er leise, als wir den Batthyány-Kai entlang schritten. Wir kennen jetzt die Schwäche des Gegners und wissen, daß Storitz übermorgen die Ruine seines Hauses aufsuchen wird. Das gibt uns zwei Methoden in die Hand; versagt die eine, so wird die andere triumphieren.«
    Als ich mich von Herrn Stepark verabschiedet hatte, eilte ich zu Dr. Roderich und sperrte mich mit ihm ein, während Markus und Frau Roderich bei Myras Lager wachten. Er mußte sofort erfahren, was sich auf der Svendor-Insel ereignet hatte.
    Ich erzählte ihm alles, erwähnte auch die optimistische Schlußfolgerung Herrn Steparks, fügte aber hinzu, daß ich nicht große Hoffnungen darauf baue. Der Doktor war der Meinung, daß angesichts der neuen Drohungen Wilhelm Storitz’, angesichts seiner beharrlichen Feindseligkeit in der Verfolgung seines Rachewerkes gegen seine Familie und die ganze Stadt, ein rasches Verlassen derselben dringend notwendig sei. Man mußte fortreisen, heimlich reisen und je früher, desto besser.
    »Ich bin ganz Ihrer Ansicht, sagte ich, und habe nur ein Bedenken: wird Fräulein Myra die Reise ertragen können?
    – Die Gesundheit meiner Tochter ist nicht angegriffen, antwortete der Doktor. Sie leidet nicht. Ihr Geist allein ist betroffen worden.
    – Er wird wieder gesunden, behauptete ich energisch, besonders in einem anderen Lande, wo sie nichts mehr zu fürchten braucht.
    – Ach, rief der Doktor, ob wir durch unsere Abreise auch aller Gefahr entrinnen! Können wir wissen, ob Wilhelm Storitz uns nicht folgen wird?
    – Nein, er wird es nicht, wenn wir Stillschweigen beobachten und den Tag der Abreise und unser Ziel als Geheimnis betrachten.
    – Als Geheimnis!«… sagte er leise und traurig.
    Wie mein Bruder fragte er sich wahrscheinlich, ob man Wilhelm Storitz gegenüber ein Geheimnis haben könne, ob er nicht in diesem Augenblick im Zimmer anwesend war, alles angehört hatte und sich eine neue Teufelei ausdachte!
    Aber die Abreise war beschlossene Sache. Frau Roderich hatte nichts dagegen einzuwenden. Sie war froh, Myra in eine andere Umgebung zu bringen.
    Auch Markus war damit einverstanden. Ich hatte ihm unser Abenteuer auf der Svendor-Insel nicht erzählt. Es schien mir zwecklos. Aber Hauptmann Haralan teilte ich alles mit, auch er stimmte für die Abreise; dann fragte er: »Sie wollen gewiß Ihren Bruder begleiten?
    – Muß ich nicht? Ich bin ihm genau so unentbehrlich, wie Sie, Herr…
    – Sie irren, ich werde nicht abreisen, sagte er in so bestimmtem Tone, daß ich erkannte, sein Entschluß war unwiderruflich.
    – Sie werden nicht mitkommen?
    – Nein, ich will und muß in Ragz bleiben, nachdem er in Ragz ist und ich habe eine Vorahnung, daß mein Bleiben nicht vergeblich sein wird.«
    Es war nichts dagegen vorzubringen und so schwieg ich.
    »Gut, Hauptmann.
    – Ich rechne auf Sie, mein lieber Vidal; Sie werden mich bei meiner Familie, die ja jetzt die Ihrige ist, vertreten.
    – Verlassen Sie sich auf mich«, antwortete ich.
    Sogleich beschäftigte ich mich mit den Vorbereitungen zur Abreise. Während des Tages mietete ich zwei sehr bequeme Reisewagen, dann suchte ich Herrn Stepark auf und setzte ihn von unseren Plänen in Kenntnis.
    »Sie können nichts besseres machen, sagte er, und es ist nur bedauerlich, daß es die ganze Stadt Ihnen nicht gleichtun kann!«
     

    Wir vernahmen Rede und Gegenrede. (S. 179.)
     
    Ich hatte den Polizeichef in Gedanken vertieft gefunden, was mir aber nach dem gestrigen Vorfall durchaus nicht verwunderlich schien.
    Gegen sieben Uhr kehrte ich in unser Haus zurück und vergewisserte mich, daß alles zur Abreise bereit lag.
    Um acht Uhr hielten die Wagen vor dem Hause. Der eine war für Herrn und Frau Roderich und ihre Tochter bestimmt; Markus und ich sollten den zweiten besteigen, der die Stadt auf einem anderen Wege verlassen mußte, um keinen

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