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Wilhelm Tell

Titel: Wilhelm Tell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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Schütze frei.
     
    Ihm gehört das Weite
    Was sein Pfeil erreicht,
    Das ist seine Beute,
    Was da kreucht und fleugt.
    (kommt gesprungen)
    |104| Der Strang ist mir entzwey. Mach mir ihn Vater.
     
    TELL
    Ich nicht. Ein rechter Schütze hilft sich selbst.
    (Knaben entfernen sich)
     
    HEDWIG
    Die Knaben fangen zeitig an zu schießen.
     
    TELL
    Früh übt sich, was ein Meister werden will.
     
    HEDWIG
    Ach wollte Gott, sie lerntens nie[.]
     
    TELL
    Sie sollen alles lernen. Wer durchs Leben
    Sich frisch will schlagen, muß zu Schutz und Trutz
    Gerüstet seyn.
     
    HEDWIG
    Ach, es wird keiner seine Ruh
    Zu Hause finden.
     
    TELL
    Mutter, ich kanns auch nicht,
    Zum Hirten hat Natur mich nicht gebildet,
    |105| Rastlos muß ich ein flüchtig Ziel verfolgen,
    Dann erst genieß ich meines Lebens recht,
    Wenn ich mirs jeden Tag aufs neu erbeute.
     
    HEDWIG
    Und an die Angst der Hausfrau denkst du nicht,
    Die sich indessen, deiner wartend, härmt,
    Denn mich erfüllts mit Grausen, was die Knechte
    Von euren Wagefahrten sich erzählen.
    Bei jedem Abschied zittert mir das Herz,
    Daß du mir nimmer werdest wiederkehren.
    Ich sehe dich im wilden Eisgebirg,
    Verirrt, von einer Klippe zu der andern
    Den Fehlsprung thun, seh wie die Gemse dich
    Rückspringend mit sich in den Abgrund reißt,
    Wie eine Windlawine dich verschüttet,
    Wie unter dir der trügerische Firn
    Einbricht und du hinabsinkst, ein lebendig
    Begrabner, in die schauerliche Gruft –
    Ach, den verwegnen Alpenjäger hascht
    Der Tod in hundert wechselnden Gestalten,
    |106| Das ist ein unglückseliges Gewerb’,
    Das halsgefährlich führt am Abgrund hin!
     
    TELL
    Wer frisch umher späht mit gesunden Sinnen,
    Auf Gott vertraut und die gelenke Kraft,
    Der ringt sich leicht aus jeder Fahr und Noth,
    Den schreckt der Berg nicht, der darauf gebohren.
    (er hat seine Arbeit vollendet, legt das Geräth hinweg)
    Jetzt, mein ich, hält das Thor auf Jahr und Tag.
    Die Axt im Haus erspart den Zimmermann.
    (nimmt den Hut)
     
    HEDWIG
    Wo gehst du hin?
     
    TELL
    Nach Altorf, zu dem Vater.
     
    HEDWIG
    Sinnst du auch nichts gefährliches? Gesteh mirs.
     
    TELL
    Wie kommst du darauf Frau?
     
    HEDWIG
    Es spinnt sich etwas
    |107| Gegen die Vögte   – Auf dem Rütli ward
    Getagt, ich weiß, und du bist auch im Bunde.
     
    TELL
    Ich war nicht mit dabei – doch werd ich mich
    Dem Lande nicht entziehen, wenn es ruft.
     
    HEDWIG
    Sie werden dich hinstellen, wo Gefahr ist,
    Das Schwerste wird dein Antheil seyn, wie immer.
     
    TELL
    Ein jeder wird besteuert nach Vermögen.
     
    HEDWIG
    Den Unterwaldner hast du auch im Sturme
    Ueber den See geschafft – Ein Wunder wars,
    Daß ihr entkommen – Dachtest du denn gar nicht
    An Kind und Weib?
     
    TELL
    Lieb Weib, ich dacht’ an euch,
    Drum rettet’ ich den Vater seinen Kindern.
     
    HEDWIG
    Zu schiffen in dem wüthgen See! Das heißt
    Nicht Gott vertrauen! Das heißt Gott versuchen.
     
    |108| TELL
    Wer gar zu viel bedenkt, wird wenig leisten.
     
    HEDWIG
    Ja du bist gut und hilfreich, dienest allen,
    Und wenn du selbst in Noth kommst, hilft dir keiner.
     
    TELL
    Verhüt es Gott, daß ich nicht Hülfe brauche.
    (er nimmt die Armbrust und Pfeile)
     
    HEDWIG
    Was willst du mit der Armbrust? Laß sie hier.
     
    TELL
    Mir fehlt der Arm, wenn mir die Waffe fehlt.
    (die Knaben kommen zurück)
     
    WALTHER
    Vater, wo gehst du hin?
     
    TELL
    Nach Altorf, Knabe,
    Zum Ehni   – Willst du mit?
     
    WALTHER
    Ja freilich will ich.
     
    HEDWIG
    Der Landvogt ist jezt dort. Bleib weg von Altorf.
     
    |109| TELL
    Er geht, noch heute.
     
    HEDWIG
    Drum laß ihn erst fort seyn.
    Gemahn’ ihn nicht an dich, du weißt, er grollt uns.
     
    TELL
    Mir soll sein böser Wille nicht viel schaden,
    Ich thue recht und scheue keinen Feind.
     
    HEDWIG
    Die recht thun, eben die haßt er am meisten.
     
    TELL
    Weil er nicht an sie kommen kann – Mich wird
    Der Ritter wohl in Frieden lassen, mein ich.
     
    HEDWIG
    So, weißt du das?
     
    TELL
    Es ist nicht lange her,
    Da gieng ich jagen durch die wilden Gründe
    Des Schächenthals auf menschenleerer Spur,
    Und da ich einsam einen Felsensteig
    |110| Verfolgte, wo nicht auszuweichen war,
    Denn über mir hieng schroff die Felswand her,
    Und unten rauschte fürchterlich der Schächen,
    (die Knaben drängen sich rechts und links an ihn und sehen mit gespannter Neugier an ihm hinauf)
    Da kam der Landvogt gegen mich daher,
    Er ganz allein mit mir, der auch allein war,
    Bloß Mensch zu Mensch und neben uns der

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