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Wilhelm Tell

Titel: Wilhelm Tell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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Abgrund.
    Und als der Herre mein ansichtig ward,
    Und mich erkannte, den er kurz zuvor
    Um kleiner Ursach’ willen schwer gebüßt,
    Und sah mich mit dem stattlichen Gewehr
    Daher geschritten kommen, da verblaßt’ er,
    Die Knie versagten ihm, ich sah es kommen,
    Daß er jezt an die Felswand würde sinken.
    – Da jammerte mich sein, ich trat zu ihm
    Bescheidentlich und sprach: Ich bin’s, Herr Landvogt.
    Er aber konnte keinen armen Laut
    Aus seinem Munde geben – Mit der Hand nur
    Winkt’ er mir schweigend, meines Wegs zu gehn,
    Da gieng ich fort, und sandt’ ihm sein Gefolge.
     
    |111| HEDWIG
    Er hat vor dir gezittert – Wehe dir!
    Daß du ihn schwach gesehn, vergiebt er nie.
     
    TELL
    Drum meid ich ihn, und er wird mich nicht suchen.
     
    HEDWIG
    Bleib heute nur dort weg. Geh lieber jagen.
     
    TELL
    Was fällt dir ein?
     
    HEDWIG
    Mich ängstigts. Bleibe weg.
     
    TELL
    Wie kannst du dich so ohne Ursach’ quälen?
     
    HEDWIG
    Weils keine Ursach’ hat – Tell, bleibe hier.
     
    TELL
    Ich habs versprochen, liebes Weib, zu kommen.
     
    HEDWIG
    Mußt du, so geh – Nur lasse mir den Knaben!
     
    WALTHER
    Nein, Mütterchen. Ich gehe mit dem Vater.
     
    |112| HEDWIG
    Wälty, verlassen willst du deine Mutter?
     
    WALTHER
    Ich bring dir auch was hübsches mit vom Ehni.
    (geht mit dem Vater)
     
    WILHELM
    Mutter, ich bleibe bei dir!
     
    HEDWIG
(umarmt ihn)
    Ja, du bist
    Mein liebes Kind, du bleibst mir noch allein!
    (Sie geht an das Hofthor, und folgt den Abgehenden lange mit den Augen)

ZWEITE SCENE
    Eine eingeschlossene wilde Waldgegend, Staubbäche stürzen von den Felsen.
     
    BERTHA
im Jagdkleid. Gleich darauf
RUDENZ
     
    BERTHA
    Er folgt mir. Endlich kann ich mich erklären.
     
    RUDENZ
(tritt rasch ein)
    Fräulein, jezt endlich find ich euch allein,
    Abgründe schließen rings umher uns ein,
    |113| In dieser Wildniß fürcht’ ich keinen Zeugen,
    Vom Herzen wälz’ ich dieses lange Schweigen –
     
    BERTHA
    Seid ihr gewiß, daß uns die Jagd nicht folgt?
     
    RUDENZ
    Die Jagd ist dorthin aus – Jezt oder nie!
    Ich muß den theuren Augenblick ergreifen –
    Entschieden sehen muß ich mein Geschick,
    Und sollt es mich auf ewig von euch scheiden.
    – O waffnet eure gütgen Blicke nicht
    Mit dieser finstern Strenge   – We r bin ich,
    Daß ich den kühnen Wunsch zu euch erhebe?
    Mich hat der Ruhm noch nicht genannt, ich darf
    Mich in die Reih’ nicht stellen mit den Rittern,
    Die siegberühmt und glänzend euch umwerben.
    Nichts hab ich als mein Herz voll Treu und Liebe –
     
    BERTHA
(ernst und streng)
    Dürft Ihr von Liebe reden und von Treue,
    Der treulos wird an seinen nächsten Pflichten?
    (Rudenz tritt zurück)
    |114| Der Sklave Oesterreichs, der sich dem Fremdling
    Verkauft, dem Unterdrücker seines Volks?
     
    RUDENZ
    Von euch, mein Fräulein, hör’ ich diesen Vorwurf?
    Wen such’ ich denn, als Euch auf jener Seite?
     
    BERTHA
    Mich denkt ihr auf der Seite des Verraths
    Zu finden? Eher wollt’ ich meine Hand
    Dem Geßler selbst, dem Unterdrücker schenken,
    Als dem Naturvergeßnen Sohn der Schweiz,
    Der sich zu seinem Werkzeug machen kann!
     
    RUDENZ
    O Gott, was muß ich hören!
     
    BERTHA
    Wie? Was liegt
    Dem guten Menschen näher als die Seinen?
    Giebts schönre Pflichten für ein edles Herz,
    Als ein Vertheidiger der Unschuld seyn,
    Das Recht des Unterdrückten zu beschirmen?
    – Die Seele blutet mir um euer Volk,
    Ich leide mit ihm, denn ich muß es lieben,
    |115| Das so bescheiden ist und doch voll Kraft,
    Es zieht mein ganzes Herz mich zu ihm hin,
    Mit jedem Tage lern ich’s mehr verehren.
    – Ihr aber, den Natur und Ritterpflicht
    Ihm zum gebohrenen Beschützer gaben,
    Und der’s verläßt, der treulos übertritt
    Zum Feind, und Ketten schmiedet seinem Land,
    Ihr seids, der mich verlezt und kränkt, ich muß
    Mein Herz bezwingen, daß ich euch nicht hasse.
     
    RUDENZ
    Will ich denn nicht das Beste meines Volks?
    Ihm unter Oestreichs mächtgem Zepter nicht
    Den Frieden –
     
    BERTHA
    Knechtschaft wollt ihr ihm bereiten!
    Die Freiheit wollt ihr aus dem lezten Schloß,
    Das ihr noch auf der Erde blieb, verjagen.
    Das Volk versteht sich besser auf sein Glück,
    Kein Schein verführt sein sicheres Gefühl,
    Euch haben sie das Netz ums Haupt geworfen –
     
    |116| RUDENZ
    Bertha! Ihr haßt mich, ihr verachtet mich!
     
    BERTHA
    Thät ichs, mir wäre besser – Aber den
    Verachtet sehen und verachtungswerth,
    Den man gern lieben möchte –
     
    RUDENZ
    Bertha!

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