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Wilhelm Tell

Titel: Wilhelm Tell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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wählten wir den Schirm der Kaiser.
     
    |87| RÖSSELMANN
    Frei wählten wir des Reiches Schutz und Schirm,
    So steht’s bemerkt in Kaiser Friedrichs Brief.
     
    STAUFFACHER
    Denn herrenlos ist auch der Freiste nicht.
    Ein Oberhaupt muß seyn, ein höchster Richter,
    Wo man das Recht mag schöpfen in dem Streit.
    Drum haben unsre Väter für den Boden,
    Den sie der alten Wildniß abgewonnen,
    Die Ehr’ gegönnt dem Kaiser, der den Herrn
    Sich nennt der deutschen und der welschen Erde,
    Und wie die andern Freien seines Reichs
    Sich ihm zu edelm Waffendienst gelobt,
    Denn dieses ist der Freien einzge Pflicht,
    Das Reich zu schirmen, das sie selbst beschirmt.
     
    MELCHTHAL
    Was drüber ist, ist Merkmal eines Knechts.
     
    STAUFFACHER
    Sie folgten, wenn der Heribann ergieng,
    Dem Reichspanier und schlugen seine Schlachten.
    Nach Welschland zogen sie gewappnet mit,
    |88| Die Römerkron’ ihm auf das Haupt zu setzen.
    Daheim regierten sie sich fröhlich selbst
    Nach altem Brauch und eigenem Gesetz,
    Der höchste Blutbann war allein des Kaisers.
    Und dazu ward bestellt ein großer Graf,
    Der hatte seinen Sitz nicht in dem Lande,
    Wenn Blutschuld kam, so rief man ihn herein,
    Und unter offnem Himmel, schlicht und klar,
    Sprach er das Recht und ohne Furcht der Menschen.
    Wo sind hier Spuren, daß wir Knechte sind?
    Ist einer, der es anders weiß, der rede!
     
    IM HOFE
    Nein, so verhält sich alles wie ihr sprecht,
    Gewaltherrschaft ward nie bei uns geduldet.
     
    STAUFFACHER
    Dem Kaiser selbst versagten wir Gehorsam,
    Da er das Recht zu Gunst der Pfaffen bog.
    Denn als die Leute von dem Gotteshauß
    Einsiedeln uns die Alp in Anspruch nahmen,
    Die wir beweidet seit der Väter Zeit,
    Der Abt herfürzog einen alten Brief,
    |89| Der ihm die herrenlose Wüste schenkte –
    Denn unser Daseyn hatte man verhehlt –
    Da sprachen wir: „Erschlichen ist der Brief,
    Kein Kaiser kann was unser ist verschenken.
    Und wird uns Recht versagt vom Reich, wir können
    In unsern Bergen auch des Reichs entbehren.“
    – So sprachen unsre Väter! Sollen wir
    Des neuen Joches Schändlichkeit erdulden,
    Erleiden von dem fremden Knecht, was uns
    In seiner Macht kein Kaiser durfte bieten?
    – Wir haben diesen Boden uns erschaffen
    Durch unsrer Hände Fleiß, den alten Wald,
    Der sonst der Bären wilde Wohnung war,
    Zu einem Sitz für Menschen umgewandelt,
    Die Brut des Drachen haben wir getödet,
    Der aus den Sümpfen giftgeschwollen stieg,
    Die Nebeldecke haben wir zerrissen,
    Die ewig grau um diese Wildniß hieng,
    Den harten Fels gesprengt, über den Abgrund
    Dem Wandersmann den sichern Steg geleitet,
    Unser ist durch tausendjährigen Besitz
    |90| Der Boden – und der fremde Herrenknecht
    Soll kommen dürfen und uns Ketten schmieden,
    Und Schmach anthun auf unsrer eignen Erde?
    Ist keine Hülfe gegen solchen Drang?
    (eine große Bewegung unter den Landleuten)
    Nein, eine Grenze hat Tyrannenmacht,
    Wenn der Gedrückte nirgends Recht kann finden,
    Wenn unerträglich wird die Last – greift er
    Hinauf getrosten Muthes in den Himmel,
    Und hohlt herunter seine ewgen Rechte,
    Die droben hangen unveräuserlich
    Und unzerbrechlich wie die Sterne selbst –
    Der alte Urstand der Natur kehrt wieder,
    Wo Mensch dem Menschen gegenüber steht –
    Zum lezten Mittel, wenn kein andres mehr
    Verfangen will, ist ihm das Schwert gegeben –
    Der Güter höchstes dürfen wir vertheid’gen
    Gegen Gewalt   – Wir stehn vor unser Land,
    Wir stehn vor unsre Weiber, unsre Kinder!
     
    ALLE
(an ihre Schwerter schlagend)
    Wir stehn vor unsre Weiber, unsre Kinder!
     
    |91| RÖSSELMANN
(tritt in den Ring)
    Eh’ ihr zum Schwerte greift, bedenkt es wohl.
    Ihr könnt es friedlich mit dem Kaiser schlichten.
    Es kostet euch ein Wort und die Tyrannen,
    Die euch jezt schwer bedrängen, schmeicheln euch.
    – Ergreift, was man euch oft geboten hat,
    Trennt euch vom Reich, erkennet Oestreichs Hoheit –
     
    AUF DER MAUER
    Was sagt der Pfarrer? Wir zu Oestreich schwören!
     
    AM BÜHEL
    Hört ihn nicht an!
     
    WINKELRIED
    Das räth uns ein Verräther,
    Ein Feind des Landes!
     
    REDING
    Ruhig Eidgenossen!
     
    SEWA
    Wir Oestreich huldigen, nach solcher Schmach!
     
    VON DER FLÜE
    Wir uns abtrotzen lassen durch Gewalt,
    Was wir der Güte weigerten!
     
    |92| MEIER
    Dann wären
    Wir Sklaven und verdienten es zu seyn!
     
    AUF DER MAUER
    Der sei gestossen aus dem Recht der Schweitzer,
    Wer von Ergebung spricht an Oesterreich!
    – Landammann, ich bestehe drauf, dieß

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