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Wilhelm Tell

Titel: Wilhelm Tell Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Schiller
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Frage des Fischers Ruodi aus Uri:
    „ (ringt die Hände)
Gerechtigkeit des Himmels,
    Wann wird der Retter kommen diesem Lande?“ |16|
    Das Land und die Grundstimmung wurde in einer lyrisch-prologartigen Einleitung der Expositionsszene des ersten Aufzugs als
     ein musikalisch-romantisch bewegtes Tableau einprägsam vorgestellt. In dem Fischerknaben, dem Hirten und dem Alpenjäger repräsentiert
     sich seine arkadisch-idyllische, außerhalb der Geschichte und der Tagesaktualität ruhende Verfassung, die von einem schnell
     aufziehenden Gewitter überschattet wird. Im Kreislauf der Natur bestätigt diese Verfinsterung jedoch eher die ungetrübte Ordnung
     der Welt, die durch eine zweite urplötzlich einbrechende Störung allerdings als äußerst bedroht erscheint. Diese Gefährdung
     des Gleichmaßes durch die zerstörerische Gewalt des Politischen und die verändernde und verwirrende Kraft des Geschichtlichen
     wird von Schiller, verdichtet zu wirkungsvoller Handlung, virtuos inszeniert. Nach wenig mehr als sechzig Verszeilen, in denen
     die Schweiz nochmals als Europas verlorenes Eden aufleuchten darf, lässt der Dichter den unschuldig schuldig gewordenen Mörder
     und Landmann Konrad Baumgarten aus Unterwalden atemlos in die Szene stürzen. Mit ihm skizziert er den ersten der Urkonflikte
     des Stücks: die Herausforderung der naturrechtlichen Ordnung durch einen herrschaftlichen Willkürakt.
    Ihn zu umreißen und die Ausweglosigkeit seiner Lage darzustellen, bedarf es wiederum nur sechzig knapper Blankverszeilen;
     dann erscheint eindringlich charakterisiert als ein Mann der Tat und weniger der Worte jener Retter des Landes, der, vorerst
     noch sehr von aller Gesellschaft gesondert, als ein Vereinzelter steht. Es ist Wilhelm Tell aus Bürglen in Uri; er springt
     ohne zu zögern in denKahn, um den Verfolgten Konrad Baumgarten trotz des Sturmes ans rettende jenseitige Seeufer zu bringen. Dass die verwegene
     Rettungsaktion gelingt, deutet sich jedoch in einer als sogenannte „Mauerschau“ angelegten Szene in der Szene an. In diese
     auf erhöhter Warte im Bühnenraum sich abspielenden Beobachtungsvorgänge mischen sich schnell auch die verfolgenden Reiter
     des Landvogts von Unterwalden. Nur fünf Repliken fassen konzise die Situation, die ihnen kurzerhand Anlass zu neuen Willkürakten
     bietet.
    „Ihr habt ihm fortgeholfen,
    Ihr sollt uns büßen – Fallt in ihre Heerde!
    Die Hütte reißet ein, brennt und schlagt nieder!
    (eilen fort
.)
“ |16|
    In 182   Versen, die stimmungsmäßig in paradiesischer Unschuld anheben, ist es Schiller auf dramentechnisch verblüffende Art und Weise
     gelungen, ins Zentrum einer Geschichte zu gelangen, deren Turbulenzen und Verwicklungen in den weiteren Expositionsszenen
     des ersten Aufzugs nun in voller Breite vorgestellt werden, um sie nach verschlungener Durchführung in ein Ziel zu führen,
     das jenseits von Eden ein zweites Eden behauptet. Das Stück erachtet jedenfalls nach dem Durchgang durch die Geschichte im
     letzten Auftritt des fünften Akts „der Freiheit Land“ als realisiert. Auch der adeligen und reichen Berta von Bruneck wird
     der Eintritt nicht verwehrt, wobei dieses Entrée in die Vollendung der Geschichte parallelisiert ist mit der Bekräftigung
     eines zweiten Bundes. Wie in der Komödie steht am Ende dieses vermeintlich historischen Schauspiels ein Paar, das einenBund der Ehe zu schließen beabsichtigt. Auch die Ehe erscheint als Vollendung, als utopisches Wunschziel privater Lebensgeschichte,
     versteht sich als der vernünftige Ausgleich von Notwendigkeit und Freiheit, analog dem ästhetischen Staat Schillers, in dem
     eine Harmonie von Empfindung und Reflexion, von Natur und Vernunft gegeben sein muss. Nach dem Sturm auf die Bastille – im
     Falle des
Tell
also auf die Zwingburg Uri, der die Befreiungstat des Selbsthelfers Tell vorausgeht – findet sich gemäß Schillers dreistufig
     gegliederter geschichtsphilosophischer Theorie die Grundforderung der Französischen Revolution   – Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit – sogar auf doppelte Weise als „ästhetischer Vorschein“ der Utopie auf der Bühne
     realisiert.
    „Wohlan!
    So reich ich diesem Jüngling meine Rechte,
    Die freie Schweizerin dem freien Mann!“ |241|
    Wenn auch dem Neffen, Ulrich von Rudenz, des im 4.   Akt diese Zukunft visionär beschwörenden Attinghausen – „Der Adel steigt von seinen alten Burgen   / Und schwört den Städten seinen Bürgereid“ (IV,2)

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