Will Trent 01 - Verstummt
Parkpolizei fand sie am nächsten Morgen.«
»Irgendwelche Reifenspuren?«
»Ungefähr zwölfhundert«, antwortete Trent. »Der Park hatte eben mit seinen jährlichen weihnachtlichen Lichterspielen angefangen.«
Michael war mit Gina und Tim dort gewesen, um sich die Lichter anzusehen. Sie fuhren jedes Jahr hin. »DNS?«, fragte Michael »Er benutzte ein Kondom.«
»Okay«, sagte Michael. Der Kerl war also kein Schwachkopf. »Was hat das alles jetzt mit meinem Mädchen von letzter Nacht zu tun?«
Trent kniff die Augen zusammen, als fragte er sich, ob Michael überhaupt ein Wort verstanden hatte. »Ihre Zungen, Detective.« Er schob ihm die Akten wieder zu. »Ihnen allen wurden die Zungen abgebissen.«
Kapitel 4
Die Zunge ist im Grunde genommen ein Stück zähes Steak«, erklärte Pete Hanson und streifte seine Latexhandschuhe über. Er hielt inne und musterte Trent. »Ich halte Sie für einen Läufer, Sir. Stimmt das?
Trent schien die Frage nicht zu überraschen. Nach zwölf Jahren bei der Truppe, dachte Michael, hatte der Mann sicher schon eine ganze Menge exzentrischer Leichenbeschauer erlebt. »Ja, Sir«, antwortete er. »Langstrecke?« »Ja.«
»Marathon?« »Ja.«
»Habe ich mir schon gedacht.« Pete nickte ein wenig selbstgefällig, als hätte er eben einen Punkt gemacht, aber Michael war aufgefallen, dass Will Trent rein gar nichts von sich preisgegeben hatte.
Pete ging zu der Leiche zurück, die auf einem Tisch mitten im Raum lag. Aleesha Monroes Körper war mit einem weißen Laken bedeckt, nur der Kopf ragte heraus. Der dritte Wimpernbogen war verschwunden, das Make-up entfernt worden. An der Stirn waren dicke Nähte zu sehen, wo Kopfhaut und Gesicht abgeschält worden waren, um den Schädel zu untersuchen und das Gehirn zu entnehmen.
»Schon mal auf die Zunge gebissen?«
Trent gab keine Antwort, weshalb Michael »Klar« sagte.
»Heilt ziemlich schnell. Die Zunge ist ein erstaunliches Organ -außer natürlich sie wird ganz durchtrennt. Auf jeden Fall«, fuhr er fort, »ist es nicht sehr schwer, eine Zunge durchzubeißen.« Er rollte das Laken zurück, so dass der Anfang des Y-Schnitts zu sehen war, Monroes Brüste aber bedeckt blieben.
»Hier«, sagte Pete. Michael sah tiefschwarze Flecken an der Schulter. »Die Verteilung der Leichenflecken sagt uns, dass sie dort starb, wo sie gefunden wurde. Auf dem Rücken liegend, auf der Treppe. Ich vermute, sie wurde geschlagen, dann vergewaltigt, und bei der Vergewaltigung biss er ihr die Zunge ab.«
Michael dachte darüber nach, stellte sie sich auf der Treppe vor, der Körper zuerst schlaff, während sie die Vergewaltigung über sich ergehen ließ, und dann die Anspannung, das Verkrampfen, als sie erkannte, was gleich passieren würde.
Schließlich meldete Trent sich zu Wort. »Können Sie von der Zunge DNS bekommen?«
»Bei dem Beruf, den sie ausübte, kann ich mir vorstellen, dass ich eine beträchtliche Menge DNS bekomme.« Pete zuckte die Achseln. »Und ich bin sicher, dass der Abstrich aus ihrer Vagina Ihnen eine ganze Schar von Verdächtigen liefern wird, aber ich vermute, Ihr Täter hat ein Kondom benutzt.«
»Warum?«
»Puder«, antwortete Pete. »Auf ihrem rechten Schenkel fanden wir eine Spur Maisstärke.«
Michael wusste, dass Gummis oft mit Puder bestäubt waren, damit man sie leichter handhaben konnte. Alle Kondomhersteller benutzten die gleichen Bestandteile, eine Zurückführung auf einen einzelnen Hersteller war also unmöglich. Und es würde die Ermittlungen auch kaum weiterbringen, wenn man wüsste, ob der Täter ein Trojan oder ein Ramses benutzt hatte.
»Ich nehme auch an, dass es ein Gleitmittel hatte«, fügte Pete hinzu. »Es gab Spuren eines Präparats, das nicht unvereinbar ist mit Nonoxynol-9.«
Trent schien das interessant zu finden. »Gab es auch Spuren davon auf der Treppe?«
»Ich habe keine gefunden.«
»Dann muss er irgendwo anders Sex mit ihr gehabt haben«, meinte Trent. »Wahrscheinlich in der Wohnung, und zwar vor dem Kampf im Treppenhaus.«
Michael blendete sich aus. Eine Hure wie Monroe warf ihr schwer verdientes Geld nicht für Extravaganzen wie Gleitmittel und Spermizide zum Fenster hinaus. Lieber die Zähne zusammenbeißen und die Kohle sparen. Und sich über die Folgen später den Kopf zerbrechen.
Michael sagte: »Das Kondom muss vom Täter gewesen sein.«
Trent schaute überrascht, als würde ihm erst jetzt wieder einfallen, dass Michael anwesend war. »Das ist möglich.«
Michael erklärte es
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