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Will Trent 01 - Verstummt

Will Trent 01 - Verstummt

Titel: Will Trent 01 - Verstummt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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ein phantastischer Traum. John hatte eine Heidenangst davor, krank zu werden.
    Nach dem verunglückten Anruf bei seiner Schwester ging John durch den Regen, tappte in Pfützen und stellte sich vor, sich selbst in den Hintern treten zu können, weil er bei Joyce angerufen hatte. Sie hatte genug Probleme, ohne dass er ihr noch mehr aufhalste. Eigentlich wollte er einfach nur mit ihr reden und hören, wie es ihr ging. John rief sie vielleicht einmal pro Monat an, und sie freute sich immer so sehr, von ihm zu hören, wie an diesem Morgen.
    Ein MARTA-Bus hielt quietschend vor ihm, und John warf einen Blick auf die Liniennummer, bevor er einstieg. Dieser Monat war ein guter gewesen, deshalb hielt er seine Monatskarte an das Lesegerät und nickte dem Fahrer zu.
    »Wird kalt«, meinte der Fahrer.
    »O ja«, erwiderte John und freute sich über den kurzen Wortwechsel, bis ihm einfiel, dass er sich eine Winterjacke kaufen musste. O Gott, wie viel würde die kosten?
    Der Bus fuhr ruckelnd an, und John hielt sich an einer Sitzlehne fest, um nicht umzufallen, als er den Mittelgang entlangging. Der Bus war ziemlich voll, und er entdeckte lediglich einen leeren Platz neben einer alten schwarzen Frau, in deren Schoß eine Bibel lag. Trotz des Wetters trug sie eine große schwarze Sonnenbrille. Sie schaute nicht hoch, als er sich setzte, aber er wusste, dass sie ihn aus den Augenwinkeln beobachtete.
    Es gab Tricks, um an Geld zu kommen. Es gab immer einen Trick, immer eine Masche. Das Gefängnis war voller Männer, die glaubten, sie hätten den perfekten Plan entwickelt. John wusste, dass einige Jungs im Gorilla Quittungen aus den Autos stahlen und sie zu Geld machten. Die großen Ladenketten waren dafür am besten geeignet. Man musste nur hineingehen, sich die Ware mit derselben Produktnummer suchen, die auf der Quittung stand, dann beides der Kassiererin geben und das Geld einstreichen. Leicht verdientes Geld, sagten sie alle. Ray-Ray sagte es zweimal.
    An der Lindbergh-Haltestelle stieg er in einen anderen Bus um und kam dabei an der geschlossenen Waschanlage vorbei. Da er wusste, dass sein Ausflug höchstwahrscheinlich vergeblich sein würde, nahm er die lange Route über die Cheshire Road, denn so käme er an dem Schnapsladen vorbei, wo er Robin kennengelernt hatte. Die ganze Woche war sie ihm nicht aus dem Kopf gegangen, und er hatte sich gefragt, was sie wohl so trieb.
    Irgendwie stellte er sich für sie ein Leben vor, das dem seinen sehr ähnlich war. Vielleicht war sie als kleines Mädchen verwöhnt worden wie Joyce, war Daddys Liebling. Er dachte über ihren jüngeren Bruder nach, den Freund von Stewie, dem Küsser. Wie war er? Rief sie ihn manchmal an, wenn es ihr besonders schlecht ging? Regte es ihn ebenso auf, von ihr zu hören, wie Joyce, wenn John anrief? John konnte sich nicht vorstellen, wie es war, eine Hure als Schwester zu haben. Am liebsten würde er jeden Scheißkerl umbringen, der sie auch nur ansah.
    Der Bus passierte den Schnapsladen, und er erkannte drei Mädchen, die unter der schützenden Markise auf Kunden warteten. Eine war das Großmaul, das den Streit mit Ray-Ray gehabt hatte. Robin befand sich nicht darunter.
    John lehnte sich in seinen Sitz und sah die schicken Restaurants vorüberziehen. Der Bus hielt an der Kreuzung mit dem Kino, und er stand auf, damit die schwarze Frau aussteigen konnte. Er las die Titel auf der Ankündigungstafel, kannte aber
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    keinen der Filme. Mit seinem ersten Lohn wollte er ins Kino gehen, war jedoch schockiert über die hohen Preise. Zehn Dollar. Er konnte einfach nicht glauben, wie viel so ein Film kostete. Sogar die Nachmittagsvorstellung war teuer.
    An der Kreuzung bog der Bus nach rechts ab, und die Umgebung änderte sich, wurde eher zu einer Wohngegend. John schaute zum Fenster hinaus, während die Häuser größer und die Gärten schöner wurden. Morningside, Virginia Highland, Poncey-Highland. Durch Little Five Points, am neuen Barnes and Noble vorbei, an Target und Best Buy. Schäbiger wurde es erst wieder, als sie schon eine ganze Weile auf der Moreland Avenue fuhren. Schnapsläden, kleine Lebensmittelgeschäfte an der Ecke und Autoersatzteilläden säumten die dreckige Straße. Schilder warben für billige Scheckeinlösung, kostengünstige Versicherungen, und eins verkündete sogar stolz: »Der einzige Laden in der Stadt, der Kleidung pfundweise verkauft.«
    Männer mit schmutzigen T-Shirts auf den nackten Schultern, die sie erst anzogen, als sie einstiegen,

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