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Will Trent 01 - Verstummt

Will Trent 01 - Verstummt

Titel: Will Trent 01 - Verstummt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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wäre ich auch, wenn ich mit diesem Arschloch jede Nacht bumsen müsste.« Sie erläuterte: »Ich habe sie beim Abschiedsempfang für seinen Partner getroffen. Ken Wozniak, ein Schwarzer, aber ebenfalls Pollacke. Dachte mir, ich geh hin und unterstütze die Heimmannschaft.«
    »Nett von dir.«
    »Ich glaube nicht, dass er es noch lang macht. Hatte mitten im Bereitschaftssaal einen Schlaganfall. Eine Hälfte seines Körper ist außer Betrieb.«
    »Hat er Familie?«
    »Nein.«
    Beide schwiegen eine Weile.
    Angie öffnete den Mund, um etwas zu sagen, überlegte es sich dann aber anders. Will wusste, dass er sie besser nicht bedrängte, und schließlich rückte sie von selbst damit heraus. »Die Sache mit Michael ist die, dass er nicht er selber ist.«
    »Das heißt?«
    »Er versucht immer, sich anzupassen, aber es funktioniert bei ihm einfach nicht.«
    Will dachte, dass man das Gleiche auch über ihn sagen konnte. »Ist das was Schlechtes?«
    Sie überlegte einen Moment, bevor sie antwortete: »Zum Beispiel mit Wozniak. Wir kannten uns nicht sehr gut, aber wir sind uns immer mal wieder über den Weg gelaufen. Dicker Kerl, einen Bauch bis hierher.« Sie hielt die Hand ein gutes Stück von ihrem eigenen Bauch entfernt. »Aber er ist ein richtiger Charmeur, okay? Hat immer einen Kommentar zu meinen Klamotten parat. >Gibt's den Rock auch in deiner Größe<, und so was in der Richtung, aber er ist schon älter, ein richtiger Teddybär, und deshalb ist es lustig und vielleicht auch irgendwie schmeichelhaft und eben nicht schmierig.«
    »Okay«, sagte Will, auch wenn er nicht ganz verstand, was sie meinte, aber immerhin begriff er, was ihr wichtig war, nämlich dass dieser Mann keine Grenze überschritten hatte.
    Sie fuhr fort: »Ken hat diese Sprüche drauf. Wenn er zum Beispiel einem Zivilisten seine Karte gibt, sagt er: >Was zum Arschabwischen<, und das ist dann irgendwie entwaffnend, und sie lachen, behalten aber seine Karte, verstehst du? Er ist zwar ein verdammter Bulle, aber sie wissen auch, dass er ein cooler Typ ist.«
    »Genau«, bestätigte Will. Polizisten setzten alle möglichen Tricks ein, um mit potentiellen Zeugen eine Beziehung aufzubauen. Jeder zog sie aus einem anderen Zylinder, aber sie alle brauchten diesen Zauber, wenn sie auf der Straße irgendwas erreichen wollten.
    »Jetzt ist Ken also im Krankenhaus, okay. Flach auf dem Arsch. Ich meine, ehrlich, der Typ schafft's nicht.«
    »Das ist sehr schade.«
    »Ja«, sagte sie, winkte aber ab. »Die Sache ist die, ein paar Wochen später bin ich auf meiner Tour bei den Mädchen, und Michael kommt vorbei. Die Mädchen wissen, dass er ein Bulle ist, weil... na ja, was soll's, er ist eben ein Bulle. Sie riechen das, okay?« Sie lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück, und Will entging nicht, dass die Erinnerung sie noch immer wütend machte. »Michael stolziert da also auf und ab wie der Hahn im Korb und zwinkert mir verdammt noch mal zu, als wäre das lustig und nicht blöd und keine Gefahr für meine Tarnung, und dann fragt er die Mädchen, ob sie so einen gewissen Kerl hätten herumhängen sehen, und sagt, das sei ein ganz übler Wichser und sie sollten sich von ihm fernhalten. Und dann gibt er ihnen seine Karte und sagt...?«
    »Was zum Arschabwischen«, riet Will.
    »Genau«, sagte sie. »Er ist immer so, gibt sich immer die größte Mühe, den Coolen zu spielen, dazuzupassen, aber er weiß einfach nicht wie, und deshalb muss er andere Leute nachmachen.«
    »Wie die Kerle, die Sprüche aus Filmen zitieren.« Sie brachte einen perfekten Austin-Powers-Spruch: »Yeah, Baby.«
    Will dachte darüber nach und erinnerte sich auch an die kurze Zeit, die er mit Michael Ormewood verbracht hatte, bevor sie das tote Mädchen hinter seinem Haus fanden. Angie hatte offensichtlich sehr eingehend über die Persönlichkeit des Mannes nachgedacht, aber Will kaufte ihr ihre Schlussfolgerung nicht völlig ab. »Mir ist das nicht aufgefallen.«
    »Nein«, erklärte sie. »Aber du hast das Gefühl, dass irgendwas mit ihm nicht stimmt. Dein Radar hat angeschlagen.«
    Was sie sagte, traf genau den Kern ihrer Beziehung. Vor fünfundzwanzig Jahren hatten sie sich in einem staatlichen Kinderheim kennengelernt. Will war acht, Angie elf. Schon damals lag ein Leben hinter ihnen, in dem sie ihre Instinkte hatten schärfen müssen; beide hatten sie auf die harte Art gelernt, auf ihren Bauch zu hören, wenn der ihnen sagte, dass einer, nur weil er einen weißen Hut trug, noch lange kein guter

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