Will Trent 02 - Entsetzen
verdächtig billigem Fleisch waren.
»Sie haben meinen Anruf erhalten!«, sagte Petty, offensichtlich aufgeregt. »Der Bautrupp kam heute Morgen wieder. Ich war schockiert, Mann. Da hat anscheinend jemand was mit den Arbeitsanweisungen verbockt.« Er schaute Will interessiert an. »Verdammt, Mann, Sie haben ganz schön was abgekriegt.«
»Ja«, sagte Will und berührte törichterweise seine geschwollene Nase.
Der Geräuschpegel wurde ein wenig schwächer, und Petty stand auf, um die Maschinen zu kontrollieren.
Will fragte: »Die Bauarbeiter - ist das derselbe Trupp?«
Vor einer der Maschinen blieb Petty stehen und belud sie mit Papierstapeln. »Einige kommen mir bekannt vor. Der Vorarbeiter rumpelt dauernd mit seinem Angeber-Pick-up in die Garage und wieder heraus. Warren ist stinksauer deswegen, aber wir können nichts dagegen tun, weil uns das Grundstück ja nicht gehört.«
Will dachte daran, was der Manager ihm gesagt hatte, nämlich dass die meisten seiner Kunden gar nicht hierherkamen. »Warum macht es ihm was aus?«
»Der Müll, Mann - der ganze Abfall. Es ist eine Frage des Respekts.« Er schloss die Maschine und drückte auf einen Knopf. Der Kopierer sprang wieder an und fügte dem Chor der sich drehenden Rädchen und des raschelnden Papiers ein tiefes Summen hinzu. Lautes Piepsen ertönte von draußen, als ein Gabelstapler rückwärts fuhr, um die Stahlplatten von der Straße zu heben.
Petty setzte sich wieder vor sein Essen. »Der Staub wird überall in den Teppich getrampelt. Er ist so fein, dass wir ihn nicht aufsaugen können.«
»Was für Staub?«
Petty schnitt in das Steak, und Blut spritzte auf den Pappteller. »Der Beton, der unterirdisch verwendet wird.«
Will dachte an das graue Pulver. Er schaute zu den Bauarbeitern hinaus. Der Gabelstapler rammte seine Gabel unter die Ecke einer Stahlplatte und legte ein klaffendes Loch in der Straße frei. »Wie sieht er aus?«
Petty hielt sich die Hand ans Ohr. »Was?«
Will antwortete nicht. Die Hand an Pettys Ohr hielt ein billig aussehendes Messer. Der Griff war aus Holz, die Nieten, die die Schalen zusammenhielten, waren matt goldfarben. Die Klinge war schartig, aber scharf.
Will versuchte zu schlucken, plötzlich war sein Mund trocken geworden. Als er ein solches Messer zum letzten Mal gesehen hatte, lag es nur Zentimeter entfernt von Adam Humphreys lebloser Hand.
17
F aith stand vor der Tür des Konferenzraums in Victors Gebäude. Hinter dem Glas konnte sie das leise Murmeln von Männerstimmen hören. In Gedanken war sie noch ganz woanders - in Evan Bernards Wohnung, wo er den rosa Vibrator und die Handschellen in seinem Kleinmädchenzimmer aufbewahrte. Waren das dieselben Instrumente, die er auch bei der jungen Mary Clark benutzt hatte? Welche sadistischen Spiele mit dem Mädchen hatte er sich einfallen lassen? Mary erzählte es nicht, aber die Wahrheit stand ihr ins Gesicht geschrieben.
Er hatte sie tief verletzt, auf eine Art, die sie nicht in Worte fassen konnte - wahrscheinlich nie würde in Worte fassen können. Faith wurde übel bei dem Gedanken, vor allem, weil sie sich ziemlich sicher war, dass Mary nur eines von vielen, vielen Opfern war, die der Lehrer sich im Lauf der Jahre ausgesucht hatte.
Gleich nach dem Verlassen des Grant Park hatte Faith in der Alonzo Crim Highschool angerufen. Es gab keine Unterlagen über die angebliche Vergewaltigung, die Evan Bernard gezwungen hatte, seine Stelle aufzugeben. Mary Clark konnte sich an den Namen des Mädchens nicht erinnern - zumindest behauptete sie das. Es war nie Anzeige gegen Evan Bernard erstattet worden, deshalb gab es auch im örtlichen Polizeirevier keine Akte über eine Ermittlung. Von den etwa hundert Lehrern, die im Augenblick dort arbeiteten, war niemand schon da gewesen, als Mary Clark sadistisch vergewaltigt wurde. Es gab keine Zeugen, keine Beweise, keine eruierbaren Komplizen.
Trotzdem gab es da draußen noch jemanden, der genau wusste, wo Emma Campano war. Will schien zu glauben, es gebe eine Chance, dass das Mädchen noch am Leben sei, aber Faith gab sich solchen Illusionen nicht hin. Wenn der Mörder ein noch lebendes Opfer hatte, dann hätte er für den zweiten Anruf einen neuen Lebensbeweis aufgenommen. Die ganze Sache war sehr gut geplant. Bernard war der Ruhige, der immer alles unter Kontrolle hatte. Das Haus der Campanos hatte ihnen gezeigt, dass der Mörder, Emmas Entführer, keine derartigen Eigenschaften hatte. Irgendetwas musste schrecklich
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