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Will Trent 02 - Entsetzen

Will Trent 02 - Entsetzen

Titel: Will Trent 02 - Entsetzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Slaughter
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die.« Leo gab ihm die Handschuhe, und Will zog sie an. »Deine Fotos hast du ja, oder?«
    »Ja. Was ist los?«
    Behutsam schob Will das T-Shirt des Toten hoch. Wo das Shirt an der Taille zusammengeknüllt war, war der Stoff noch nass, und auf der nackten Haut hinterließ es einen merkwürdigen, rosa Ton.
    Leo fragte: »Willst du mir sagen, was du da machst?«
    Da war so viel Blut, dass kaum etwas zu sehen war. Will drückte leicht auf den Unterbauch, ein schmaler Schlitz öffnete sich und eine schwarze Flüssigkeit quoll heraus.
    »Scheiße«, zischte Leo. »Hat die Mutter ihn erstochen?«
    »Nein.« Will sah jetzt, wie es passiert sein musste. Der junge Mann hatte oben neben der Leiche gekniet, ein Messer steckte in seiner Brust. Wahrscheinlich hatte er das Messer herausgezogen, und arterielles Blut war auf die Leiche des Mädchens gespritzt. Dann hatte der Mann wohl versucht, aufzustehen und Hilfe zu holen, obwohl seine Lunge bereits kollabierte. In diesem Augenblick war Abigail Campano oben am Treppenabsatz aufgetaucht. Sie sah nur den Mann, der ihre Tochter umgebracht hatte. Er sah die Frau, die sie alle retten könnte.
    Leo schaute die Treppe hoch, dann wieder auf den toten Jungen hinunter und begriff schließlich. »Scheiße.«
    Will riss sich die Handschuhe herunter und versuchte, nicht an die verlorene Zeit zu denken. Er ging zu dem blutigen Abdruck eines nackten Fußes und stellte fest, dass das Körpergewicht auf dem Fußballen geruht hatte. Auf der untersten Stufe war eine kleine Ansammlung von Blutstropfen zu sehen - insgesamt sechs.
    Will rekonstruierte den Ablauf sowohl für Leo wie für sich selbst. »Emma war bewusstlos. Der Mörder trug sie auf der Schulter.« Will kniff die Augen zusammen, um sich die Szene besser vorstellen zu können. »Hier unten blieb er stehen, um Luft zu holen. Ihr Kopf und ihre Arme hingen über seinen Rücken. Die Blutstropfen auf der untersten Stufe sind beinahe vollkommen rund, was bedeutet, dass sie senkrecht nach unten fielen.« Will deutete auf den Fußabdruck. »Er verlagerte ihr Gewicht nach vorn. Ihr Fuß berührte den Boden - deshalb zeigt der Abdruck zur Treppe und nicht zur Tür. Nachdem er sie die Treppe heruntergetragen hatte, musste er ihr Gewicht verlagern, damit er sie zur Tür hinaustragen konnte.«
    Leo versuchte, sich zu rechtfertigen. »Die Geschichte der Mutter klang stimmig. Wie hätte ich darauf kommen sollen, dass ...«
    »Ist unwichtig.« Will schaute nach oben. Abigail und Paul Campano beugten sich über das Geländer und starrten ungläubig nach unten. »Hat Kayla ein Auto?«
    Abigail antwortete zögernd. »Sie fährt einen weißen Prius.«
    Will zog sein Handy heraus und drückte den entsprechenden Kurzwahlknopf. Zu Leo sagte er: »Versuche, die alte Dame in Bezug auf das Auto festzunageln - wenn's sein muss, zeig ihr eine Fotosammlung. Kontrolliere alle 9-1-1 -Anrufe, die in den letzten fünf Stunden aus dieser Gegend kamen. Deine Jungs sollen noch einmal die Nachbarschaft abgrasen. Zuvor waren jede Menge Jogger unterwegs, die wahrscheinlich mittlerweile nach Hause gekommen sind. Ich informiere die Highway Patrol; in weniger als einer Meile gibt's eine Auffahrt zur Interstate.« Will drückte sich in dem Moment das Handy ans Ohr, als Amanda abhob. Er gab sich nicht lange mit Nettigkeiten ab. »Ich brauche hier ein Team. Sieht aus, als hätten wir es mit einer Entführung zu tun.«

    2

    E mma Campanos Zimmer war fast so groß wie Wills ganzes Haus. Als Kind hatte er kein eigenes Zimmer gehabt. Eigentlich hatte er gar nichts Eigenes gehabt, bis er achtzehn Jahre alt wurde und vom Atlanta Children's Home einen Klaps auf den Rücken und einen Scheck vom Staat bekam. Seine erste Wohnung war nur ein Schuhkarton, aber es war sein Schuhkarton. Will konnte sich noch gut erinnern, wie es sich anfühlte, Zahnbürste und Shampoo im Bad stehen zu lassen, ohne befürchten zu müssen, dass irgendjemand die Sachen klaute - oder noch Schlimmeres. Auch heute noch empfand er eine gewisse Freude, wenn er den Kühlschrank öffnete und wusste, dass er alles essen konnte, was er wollte.
    Er fragte sich, ob Paul ein ähnliches Gefühl hatte, wenn er durch sein Millionen Dollar teures Zuhause schlenderte. Schwoll ihm die Brust vor Stolz, wenn er die zierlichen antiken Stühle sah oder die offensichtlich teuren Bilder, die an den Wänden hingen? Wenn er abends zur Haustür hinausschaute, empfand er dann immer noch diese Erleichterung, dass niemand es geschafft hatte,

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