Will & Will
ich, dass es mir viel zu klein ist; wenn ich nämlich meine arme auch nur einen zentimeter hebe, hat man den vollen blick auf die haare an meinem bauch. deshalb probier ich das schwarze t-shirt an, in dem ich aber so aussehe, als hätt ich es wirklich echt schwer im leben, und danach das weiße shirt, das eigentlich cool ist, bis ich den kleinen fleck ganz unten entdecke und hoffe, dass es orangensaft ist, aber wahrscheinlich kommt der fleck davon, dass ich mir am saum immer die hände abtrockne. band-t-shirts sind zu eindeutig – wenn ich ein t-shirt von einer lieblingsband von ihm anhabe, würde ich wie ein arschkriecher rüberkommen, und wenn ich eines von einer band anhabe, die er nicht so mag, glaubt er vielleicht, dass ich einen miesen geschmack habe. mein grauer kapuzenpulli ist jetzt echt durch und das blaue t-shirt hat
praktisch dieselbe farbe wie meine jeans, und ganz blau in blau zu gehen, das bringen nur typen wie krümelmonster mit anstand fertig.
ich begreife jetzt auch das erste mal so richtig, warum aufhänger eigentlich aufhänger heißen, denn nachdem ich eine viertelstunde lang immer wieder was anderes anprobiert und dann verworfen habe, fühle ich mich selber wie ein altes kleidungsstück, das keiner mehr haben will, und würde mich am liebsten an so einem aufhänger aufhängen. mein kopf würde nach vorn fallen und mein körper würde schwer am haken baumeln. meine mutter wird ins zimmer kommen und glauben, dass es sich um irgend so ein autoerotisches atemkontrollspiel handelt, bei dem ich nicht mal mehr zeit hatte, meinen schwanz aus der hose zu ziehen, und ich werde nicht mehr genug am leben sein, um ihr sagen zu können, dass ich autoerotische atemkontrolle für so ungefähr das dümmste halte, was einem im gesamten universum begegnen kann, zusammen mit schwulen republikanern. aber, na ja, ich bin da ja schließlich schon tot und danach wird es wie in einer folge von csi: den tätern auf der spur sein, wo dann die ermittler kommen und dreiundvierzig minuten plus viele lange werbeminuten damit verbringen, mein leben zu durchforsten, und am ende nehmen sie meine mutter auf die polizeiwache mit und bitten sie, platz zu nehmen, und sagen ihr dann die wahrheit.
kommissar: ihr sohn wurde nicht ermordet, ma’am. er hat sich nur für sein erstes date fertiggemacht.
ich muss irgendwie grinsen, als ich mir ausmale, wie die ganze
szene aufgenommen wird. dann fällt mir ein, dass ich ohne t-shirt mitten im zimmer stehe und meinen zug erwischen muss. schließlich schnappe ich mir das t-shirt, auf dem vorn ein kleiner roboter drauf ist, aus klebeband gemacht oder so was, und darunter das wort robotboy , in kleiner schrift und kleingeschrieben. keine ahnung, warum ich es mag, aber so ist es. und keine ahnung, warum ich glaube, dass isaac es mag, aber so ist es.
ich merke, dass ich wirklich aufgeregt sein muss, weil ich tatsächlich überlege, wie wohl meine haare aussehen . aber als ich dann vor dem badezimmerspiegel stehe, beschließe ich, dass meine haare eben machen, was sie machen wollen, und weil sie normalerweise besser aussehen, wenn es windig ist, werde ich im zug einfach den kopf aus dem fenster halten oder so. ich könnte natürlich auch was von dem haarzeugs meiner mutter benutzen, aber ich hab keinen bock darauf, nach schmetterlingen auf einer frühlingswiese zu duften. deshalb bin ich dann auch schon gleich fertig.
mom habe ich erzählt, dass in chicago der mathleten-wettbewerb stattfindet – wenn ich sie schon anlüge, warum soll sie dann nicht glauben, dass wir es bis in die endausscheidung geschafft haben. ich hab ihr erzählt, die schule hätte einen bus gemietet. stattdessen mache ich mich allein zum bahnhof auf, kein problem. aber meine nerven liegen zu diesem zeitpunkt ganz schön blank. ich versuche, im zug wem die nachtigall singt zu lesen, weil wir das für englisch brauchen, aber die buchstaben sind nichts weiter als ein muster ohne jede bedeutung, genauso gut könnte ich auch die gemusterten sitze im zug anschauen. sogar wenn es sich um einen actionfilm handeln würde – mit dem titel stirb, nachtigall,
stirb! –, würde das nichts ändern. also schließe ich die augen und lausche meinem ipod, aber es ist, als hätte ein böswilliger amor die musikauswahl getroffen, denn bei jedem lied muss ich an isaac denken. er ist derjenige geworden, von dem all die lieder handeln. und während ein teil von mir weiß, dass er es wahrscheinlich wert ist, brüllt ein anderer
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