Will & Will
sag dir, wenn ich dir was zu sagen habe, okay? jetzt geh nach hause und üb ein bisschen mathe. hier… ich hab dir spickzettel gemacht.
ich öffne meine schultasche und ziehe die zettel heraus, die ich in der siebten stunde gemacht habe, weil ich mir irgendwie sicher war, dass maura ja sagen würde. es sind nicht wirklich spickzettel, weil ich in meiner tasche nicht andauernd material für einen solchen notfall mit mir herumschleppe. aber ich hab auf einem blatt papier lauter gestrichelte linien gezogen, damit sie weiß, wo sie mit der schere entlangschneiden muss. in jedem kasten steht eine gleichung.
2 + 2 = 4
50 x 40 = 2000
834620 x 375002 = wen kümmert das schon?
x + y = z
johnny + pussy = dreamteam
ich – mathleten = ich + voller dankbarkeit
maura guckt sich das alles eine sekunde lang an und faltet dann das blatt papier entlang der getrichelten linien wie einen stadtplan zusammen. sie lächelt nicht oder so was, aber diese ganze eine sekunde lang wirkt sie nicht mehr sauer auf mich.
ich: lass es derek und simon nicht zu toll treiben, hörst du? tu nichts, was du hinterher bereuen musst.
maura: ich werde den kopf schon hochtragen, so schnell kriegt mich da keiner dran. ist ja nur ein mathleten-wettbewerb.
ich: das sagst du jetzt, aber wart erst mal ab, was in neun monaten ist. wenn es ein mädchen wird, sollten wir sie logorrhea nennen. und bei einem jungen bin ich für trigonometrus .
mir geht durch den kopf – weil das leben eben so spielt, wie es spielt –, dass maura womöglich tatsächlich irgendeinen scharfen mathe-versager abschleppt, der dann sein plus mit ihrem minus vereint, während ich womöglich mit isaac eine riesenpleite erlebe und allein nach hause fahre und dort eigenhändig befriedigung finden muss.
ich beschließe, maura nichts von diesen gedanken zu erzählen, denn wer weiß, vielleicht bringt es dann uns beiden unglück?
maura wirft mir einen bedeutungsvollen abschiedsblick zu, bevor sie geht, und sie wirkt so, als würde sie noch etwas sagen wollen, aber hätte beschlossen, es nicht zu tun. noch ein grund, ihr dankbar zu sein.
ich bedanke mich noch einmal bei ihr. und noch einmal. und noch einmal.
als wir damit fertig sind, laufe ich nach hause und maile mit isaac hin und her, sobald er auch aus der schule nach hause gekommen ist – er muss heute nicht arbeiten. wir besprechen unseren plan noch ungefähr zweitausendmal. er sagt, ein freund von ihm hätte vorgeschlagen, dass wir uns doch bei frenchy’s treffen könnten, und weil ich chicago kaum kenne, von den orten mal abgesehen, die man bei einem klassenausflug so besichtigt, sage ich ihm, dass das für mich okay ist, und drucke mir die wegbeschreibung aus, die er mir schickt.
danach gehe ich noch mal auf facebook und gucke mir zum millionsten mal sein profil an. er ändert daran eigentlich fast nie etwas, aber für mich ist es der beweis, dass es ihn wirklich gibt. also, wir haben natürlich fotos ausgetauscht und uns gegenseitig ganz viel erzählt. ich weiß, dass es ihn wirklich gibt, und er ist auch kein sechsundvierzigjähriger typ oder so, der im laderaum seines nummernschildlosen transporters ein kuscheliges kleines versteck für mich vorbereitet hat. so dumm bin ich nicht, dass mir so was passieren könnte. wir treffen uns an einem öffentlichen ort und ich habe mein handy dabei. und selbst wenn isaac einen psychotischen ausraster haben sollte, bin ich darauf vorbereitet.
bevor ich schlafen gehe, schaue ich mir noch mal alle fotos an, die ich von ihm habe, als hätte ich mir nicht schon längst
jedes detail eingeprägt. ich bin mir sicher, dass ich ihn sofort erkenne, wenn ich ihn sehe. und ich bin mir sicher, dass das der schönste augenblick meines lebens sein wird.
freitag nach der schule, da wird es brutal. auf ungefähr tausend arten könnte ich zum mörder werden, und zwar an meinem kleiderschank. ich habe. absolut. keine ahnung. was. ich. anziehen. soll – und ich bin eigentlich gar nicht der was-soll-ich-bloß-anziehen-typ, normalerweise schert mich das einen feuchten dreck, deshalb fange ich allmählich erst an, das ganze ausmaß dieses dramas zu begreifen. jedes verdammte kleidungsstück, das ich besitze, scheint mir jetzt zeigen zu wollen, wo meine schwächen liegen. ich zieh mein eines t-shirt an, von dem ich bisher dachte, dass ich darin eigentlich ganz okay aussehe, und mein oberkörper wirkt darin tatsächlich so, als hätte ich ein paar muskeln. aber dann merke
Weitere Kostenlose Bücher