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Wille zur Macht

Wille zur Macht

Titel: Wille zur Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schlosser
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öffentliche Instanz, die uns gegebenenfalls weiterhelfen kann. Lass uns unsere Erkenntnisse austauschen. Ich verspreche dir: Wenn es Ärger gibt, erkläre ich, dass ich dich gegen deinen Willen hier hineingezogen habe. Ist das okay für dich?“ Mechthild war erregt und Ayse immer noch unsicher.
    „Ach, es ist mir sowieso langsam alles scheißegal“, schimpfte sie los. „Jemand hat auf mich geschossen!“ Weinend sackte Ayse aufs Sofa. Der durch den Anschlag ausgelöste Schock saß noch immer tief.
    Mechthild setzte sich neben sie und nahm sie tröstend in den Arm. „Ich möchte nicht, dass sich so etwas wiederholt, Ayse. Darum brauchen wir Hilfe von außen.“
    Langsam beruhigte Ayse sich wieder. Sie wischte ihre Tränen ab, putzte sich die Nase und atmete einmal tief durch. „Gut, dann los!“ Sie hatte sich wieder gefasst. Mechthild schritt vor das an die Wand geheftete Papier. Sie erläuterte Klaus Haschner ihre Notizen und festgestellten Verbindungen.
    Der taz-Redakteur war erstaunt über die Puzzlestücke, die ihm präsentiert wurden. Mit langsamen Bewegungen holte er sich eine Zigarette aus einer Schachtel, die er in der Jacke hatte. „Darf ich?“ Mechthild nickte. Haschner inhalierte tief den Rauch und blies ihn genüsslich wieder aus. Er starrte in Gedanken vertieft auf die Notizen an der Wand. Seine Gesichtszüge blieben ernst. „Es muss so etwas wie ein Komplott, eine Intrige sein. Hier geht es um Politik, Machtpolitik. Sehen Sie: Wir haben eine Koalitionsregierung, die nicht wirklich gut zusammenpasst. Jede der beiden regierenden Parteien hat eigentlich in den letzten Jahren gemacht, was sie wollte. Alles, was Ärger bedeutet hätte, haben beide Parteien ausgeklammert. Aber wirklich glücklich waren sie nicht miteinander. Und die Wähler auch nicht. Jetzt kommt „Bremen nach vorn“. Alles deutet darauf hin, dass sie eine ganze Reihe von Protestwählern um sich scharen und wahrscheinlich, so peinlich das auch ist, in den Landtag einziehen werden.“
    „Ja, und?“ Ayse konnte Haschners Vortrag nichts abgewinnen.
    Haschner drückte seine Zigarette aus. „Was glauben Sie, wer eher mit einer populistischen Partei koalieren würde: die Sozialisten oder die Konservativen?“
    „Das ist doch wohl klar. Die Konservativen natürlich!“
    „Eben“, bestätigte Haschner. „Und so wird ein Schuh daraus: Die Konservativen planen, mit ‚Bremen nach vorn‘ die Regierung zu bilden, sofern die Populisten genügend Stimmen bekommen. Dann verunsichern sie die Sozialisten mit dieser Mafianummer, und der Innensenator muss zurücktreten. Ein gemachter Skandal.“
    „Ja, genau!“ Ayse sprang auf. „Und dann taucht Christian Dunker auf und könnte alles zu Fall bringen, indem er droht, Hermstein zu enttarnen!“
    „Aber das würde doch bedeuten, dass die Konservativen einen Killer bestellt hätten. Das kann ich mir nicht vorstellen. Zu absurd!“ warf Mechthild ein.
    Haschner lächelte. „Ist ja nur eine Überlegung. Ich traue allen immer alles zu. Dennoch muss es ja auch nicht so gewesen sein. Nehmen wir mal an, Hermstein klärt Bernhard Lange an dem Tag, an dem Christian von dort aus angerufen worden ist, darüber auf, dass es diese Photos gibt. Vielleicht hat Lange ihm geraten, Christian Geld anzubieten und damit die Sache aus der Welt zu schaffen. Hermstein ruft vom Büro aus an und erfährt von Christian, dass der sich nicht kaufen lassen wird. Dann musste eben eine andere Lösung her. Für die ist Christian doch nur ein verwirrter Kommunist gewesen.“
    Mechthild schüttelte ungläubig den Kopf. „Und was hat der Verfassungsschutz damit zu tun?“
    Jetzt kam Haschner in Fahrt. „Überlegen Sie mal. Hermstein war in Nicaragua. Sigrid Janssen hat mit erzählt, dass Christian kurz nachdem er die Photos gemacht hatte, die Brigade verlassen musste. Angeblich, weil er ein Sicherheitsrisiko darstellen könnte. Das war damals nicht ungewöhnlich. Aber in diesem Zusammenhang? Nee, vielleicht war Hermstein im Auftrag eines deutschen Geheimdienstes in der Brigade. Damals hieß es doch von überall her, in Nicaragua würde die nächste Terroristengeneration ausgebildet werden. Da waren die Geheimdienste schon dran interessiert. Was spricht dagegen, dass Hermstein in ihrem Auftrag da war, ein bisschen aus dem Ruder lief und nach der photographierten Vergewaltigung seinen Auftrag gefährdet sah und Christian loswerden musste?“
    „Also jetzt mal langsam!“ In Ayses kriminalistischem Kopf entstand ein Bild,

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