Wille zur Macht
Fahndungserfolg streitig zu machen. Das konnte sie nicht vergessen. Aber dass ihre Mordkommission ausgeschaltet werden sollte: Das gefiel ihr überhaupt nicht. Sie besann sich noch einen Moment, aber dann stimmte sie schweren Herzens zu.
„Also gut. Wenn es nicht anders geht, machen wir das so. Ich nehme sowieso an, dass es sich nicht um einen Vorschlag von Ihnen handelt, sondern um eine Anordnung. Aber ich werde auf Roder aufpassen wie eine Schießhündin.“
„Ich verstehe Ihre Bedenken, Frau Kayser“, erklärte er leise. „Wenn Sie den Eindruck bekommen, dass etwas nicht sauber läuft, kommen Sie einfach direkt zu mir. Haben Sie Vertrauen. Ich will auf keinen Fall, dass Roder noch einmal eine solche Nummer abzieht. Und vergessen Sie nicht: Ich bin nicht nur der Polizeipräsident, sondern zurzeit auch der kommissarische Leiter der Kripo. Solange die Stelle nicht besetzt ist.“
Mechthild erinnerte sich mit Unbehagen daran, dass es nicht gerade der PP war, der ihr im letzten Fall Roder vom Leib gehalten hatte, sondern es nur ihr eigenes entschlossenes Handeln und das ihrer Ermittlergruppe war, das letztendlich dazu führte, dass Roder ausgetrickst werden konnte. Der PP hatte nur im Nachhinein die Wogen geglättet, um zu verhindern, dass darüber irgendetwas an die Öffentlichkeit geraten konnte. Aber so funktionierte die Polizeiverwaltung eben: Bloß keinen Anlass für öffentliche Kritik bieten.
Mechthild verabschiedete sich von Logemann und ging in Gedanken vertieft zu ihrem Besprechungszimmer, wo sie ihre Ermittler traf. Ihr missmutiger Gesichtsausdruck blieb nicht unbemerkt.
„Ist irgendetwas, Mechthild?“ erkundigte sich Ayse Günher.
Wieder trommelte Mechthild mit den Fingern auf der Tischplatte. Sie wusste, dass die Ermittler, die das Vorgehen von Kurt Roder damals miterlebt hatten, überhaupt nicht begeistert sein würden über die Vorstellung einer erneuten Zusammenarbeit. Aber es ging nun mal nicht anders.
„Der PP hat mich gerade darüber in Kenntnis gesetzt, dass der Mord an Christian Dunker sehr wohl in Zusammenhang mit seinen politischen Aktivitäten stehen kann. Entsprechende Hinweise liegen angeblich unseren Kollegen von der politischen Abteilung vor.“
Bekundungen des Erstaunens waren zu hören. Heller wollte als Erster wissen, was das für ihre Arbeit bedeuten würde.
„Das ist ziemlich klar“, antwortete Mechthild ernst. „Erstens heißt das, dass diese Information als Dienstgeheimnis zu behandeln ist. Und zweitens, dass wir mit den Kollegen vom politischen Kommissariat zusammenzuarbeiten haben. Unser Kontaktmann wird Herr Roder sein.“
„Scheiße!“ entfuhr es Ayse Günher. „Das kann doch nicht wahr sein. Nach allem, was dieser Typ gemacht hat!“
Auch Heiner Heller schüttelte frustriert den Kopf. Er erinnerte sich noch gut daran, wie abwertend er von seinem damaligen Vorgesetzten behandelt wurde.
„Aber dennoch ist es so“, fuhr Mechthild fort. „Die Alternative ist, dass wir die Ermittlungen an die Bundesanwaltschaft abgeben und hier Däumchen drehen.“
Mechthild wartete einen Moment. Sie wollte sehen, wie diese Möglichkeit bei ihren Ermittlern ankam. Harald Strehlow und Peer Souton verstanden den Grund der Aufregung nicht. Ihnen waren die Umstände nicht vertraut. Heller und Ayse Günher tuschelten miteinander. Mechthild hatte den Eindruck, dass sie sich nicht ausschalten lassen wollten, aber sicher war sie sich nicht.
„Also, ich habe mich jedenfalls entschlossen, dass wir die Zusammenarbeit annehmen und diesen Mord aufklären werden. Sieht das jemand anders?“ Mechthild blickte in die Runde. Heiner Heller und seine Kollegin Ayse schüttelten den Kopf. Harald Strehlow war verwundert, aber wusste auch nicht, was er dazu sagen sollte. Doch der erfahrenere Peer Souton ahnte, dass etwas im Busch war.
„Ich möchte mich nicht wirklich einmischen, aber ich habe den Eindruck, dass es hier etwas gibt, von dem ich nichts weiß, was aber für unsere Zusammenarbeit mit den Kollegen scheinbar wichtig ist. Kann mich mal einer aufklären?“
Mechthild wechselte einen Blick mit ihrer Freundin Ayse. Sie verstand. „Ich erkläre Ihnen nachher, worum es geht. Und Ihnen auch, Herr Strehlow.“
„Also gut. Dann können wir jetzt mit unserer Arbeit weitermachen.“ Mechthild sortierte die vor ihr liegenden Unterlagen.
„Herr Strehlow, wenn Sie bei ihren Nachforschungen auf Personendaten treffen, lassen Sie die sofort durch unser System laufen. Ayse zeigt Ihnen, wie
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