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Wille zur Macht

Wille zur Macht

Titel: Wille zur Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schlosser
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entsetzlich aus. Mechthild wusste zwar, dass Gesichtsverletzungen immer schlimmer aussahen als sie waren, aber er tat ihr unendlich leid. Sie setzte sich und nahm seine Hand. Heller öffnete die Augen, und als er seine Chefin sah, versuchte er zu lächeln. Es gelang ihm nicht überzeugend. Mechthild sagte kein Wort. Sie blickte nur auf das blaugeschwollene Gesicht Hellers und auf die angeklebte Kunststoffschiene auf seinem Nasenrücken.
    „Alles nicht so schlimm“, sagte er leise mit nasalem Ton. „Ich hab auch schon gefrühstückt und wollte gleich ins Büro kommen.“
    „Mensch, Heller. Dass Ihnen so etwas widerfährt! Damit habe ich nicht gerechnet. Es tut mir wirklich leid“, sagte Mechthild traurig. „Aber Sie müssen erst mal hier bleiben und sich erholen. Wenn es Ihnen besser geht, dann kommen Sie zurück, okay?“
    Heller stemmte sich mit den Händen im Bett hoch und setzte sich aufrecht hin. „Kommt gar nicht in Frage! Es ist nur ein Nasenbeinbruch. Sonst nichts.“ Er rutschte auf den Bettrand und versuchte seine Stiefel zu greifen. Aber als er sich nach vorne beugte, wurde ihm übel und er musste sich sofort zurück ins Bett fallen lassen.
    „Machen Sie keine Dummheiten, Herr Heller. Ich verstehe, dass Sie uns nicht im Stich lassen wollen. Aber Sie brauchen mit Sicherheit noch wenigstens einen Tag. Um auszunüchtern.“ Mechthild wedelte mit der Hand vor ihrer Nase, um Heller zu signalisieren, dass er erheblich nach Alkohol roch.
    Heller musste aufgestoßenen, brennenden Magensaft wieder herunterschlucken. Seine Chefin hatte recht. Er stank sicherlich nicht nur nach Alkohol. Er brauchte ganz sicher auch eine Dusche.
    Als Mechthild Kayser gegangen war, unternahm er einen zweiten Anlauf aus dem Bett zu kommen. Er spürte den Schwindel in seinem Schädel, und es war ihm unangenehm, dass er sich noch nicht die Zähne geputzt hatte. Der Geschmack in seinem Mund lag irgendwo zwischen verbrannter Kohle und Hundescheiße. Dazwischen schwamm der metallisch anmutende Geschmack von Blut. Heller schaffte es mit großer Mühe, in seine Stiefel zu kommen. Als er endlich stand, musste er die Augen zukneifen und sich am Bett festhalten. Schwer ging sein Atem. Er wankte zur Tür und dann vom Flur aus in das Schwesternzimmer der Station. Hier unterschrieb er eine Erklärung, dass er auf eigenen Wunsch das Krankenhaus verlassen hatte. Dann nahm er sich vor dem Krankenhaus ein Taxi und fuhr nach Hause.
    Im Besprechungszimmer der Mordkommission herrschte große Aufregung über den Angriff auf Heller. Kurt Roder war zur Sitzung erschienen, und alle rechneten damit, dass er die Gelegenheit nutzen würde, um Mechthild Dilettantismus und fehlende Kompetenz in der Einschätzung der Verhältnisse vorzuwerfen. Auch Mechthild ging davon aus, dass er sich diese Gelegenheit nicht entgehen lassen würde. Aber es kam ganz anders. Entgegen aller Erwartungen lobte Roder Heiner Heller für seinen Mut. Er unterstrich, dass es sicherlich ein richtiger Ansatz war, verdeckt in die Szene eintauchen zu wollen, aber zukünftig würden Polizisten für solche Einsätze nicht mehr herhalten dürfen. Nach Roders Ansicht war Heller von den Neonazis sicher gleich identifiziert worden, was für seine Auffassung sprach, dass die Mitarbeiter der Polizei längst gezielt beobachtet werden würden.
    „Aber Herr Heller hat deutlich in das Wespennest gestochen. Wir sind auf der richtigen Spur. Es gäbe keinen anderen Grund, Herrn Heller so zuzurichten, wenn man nicht andere vor weiteren Ermittlungen abschrecken wollte.“
    Mechthild stimmte ihm zu. Sie hatte ihre Bedenken gegenüber Roders Hinweisen plötzlich verloren. Für sie stand ziemlich sicher fest, dass sie im Bereich der Neonazi-Szene weitersuchen mussten. Während ihres nächtlichen Studiums der ihnen von Roder überlassenen Unterlagen hatte sie feststellen müssen, dass die organisierten Neonazis längst Maßnahmen ergriffen hatten, um die Gegenseite, also auch die Polizei, auszuspionieren. Wenn sie von dieser Art Gegenobservation früher etwas gewusst hätte, dann hätte sie Hellers Vorhaben nicht ohne ausreichende Rückendeckung zugestimmt. Wahrscheinlich wussten sie ganz genau, dass Heller Polizist war. Sie bedauerte ihre Fehleinschätzung zutiefst.
    Kurt Roder schwor alle darauf ein, jetzt bloß nicht lockerzulassen. Bevor er die Sitzung verließ, versprach er, über den Verfassungsschutz weitere Erkenntnisse zu beschaffen, die der Mordkommission bei ihren weiteren Ermittlungen helfen

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