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Wille zur Macht

Wille zur Macht

Titel: Wille zur Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe Schlosser
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sollten. Dann verschwand er.
    Jetzt musste es erst einmal ohne Heller weitergehen. Ayse hatte die für ihn bestimmte Liste der von Dunker geführten Telephonate durchgearbeitet und weiter mit Harald Strehlow versucht, im Umfeld von Christian Dunker zu recherchieren. Aber der größte Teil der Angerufenen konnte nur das Bild, das die Mordkommission von Dunker bereits hatte, unterstreichen. Dass er den Rechtsextremen in Bremen ein Dorn im Auge war, wurde von allen Seiten bekräftigt. Aber weiter führten die Ermittlungen nicht. Niemand der kontaktierten Personen war im Zeitraum der Tat mit Dunker in Verbindung getreten. Niemand gab zu, mit ihm verabredet gewesen zu sein.
    Dennoch machte Ayse eine Entdeckung. Sie war die endlich vorliegende Liste der Telephonate Dunkers durchgegangen.
    „Eine Nummer fällt aus dem Rahmen. Kurz vor seiner Ermordung wurde Dunker vom Landesvorsitzenden der konservativen Partei angerufen.“
    Mechthild war erstaunt. „Wie kommst du darauf, dass er es war?“
    Ayse erklärte, dass in der Geschäftsstelle der Partei ein gesonderter Anschluss für den Parteivorsitzenden ausgewiesen ist. „Der kann bestimmt nicht von allen benutzt werden. Wäre doch interessant zu erfahren, was die beiden miteinander zu tun gehabt haben.“
    Mechthild war klar, dass sie den Besuch bei der konservativen Partei selbst machen musste. Immerhin gehörte die Partei derzeit der Landesregierung an und war somit auch ein Teil ihrer eigenen politischen Führung. Auch wenn der der Polizei vorstehende Innensenator den Sozialisten angehörte, waren beide Parteien in einer Koalition gemeinsam für die Politik in Bremen verantwortlich. Und dabei gab es so etwas wie eine Koalitionsräson. Obwohl viele glaubten, dass diese Verbindung aus der Not heraus geboren worden war, konnte nicht von der Hand gewiesen werden, dass keine der beiden Parteien den Fortbestand der Koalition gefährden wollte. Während den Sozialisten nach Jahrzehnten der Alleinregierung die Ideen ausgegangen waren und das Land in einer Schuldenfalle zu hängen schien, waren die Konservativen zum ersten Mal wieder in die Regierung vorgedrungen. Und da wollten sie so schnell nicht wieder raus.
    Es war fürwahr eine heikle Aufgabe, die Mechthild zu bewältigen hatte. Immerhin war es der direkte und persönliche Telephonanschluss des Landesvorsitzenden der konservativen Partei, von dem das Gespräch mit Christian Dunker geführt worden war. Und das nur wenige Tage vor seiner Ermordung.
    In der Nähe des Wallgrabens erreichte sie die Geschäftsstelle des Parteibüros. Als sie durch eine breite Glastür den Flur betrat, war sie überrascht, wie modern das Design der Einrichtung war. Glas, Edelstahl, edle Lampen aus Acryl setzten glatte, zeitlose Akzente. Ein mehrstufiger Ständer aus gebürstetem Eisen bot auf seinen Etagen einschlägige Politlektüre und konservative Zeitungen an. Auf der gegenüberliegenden Seite lugte durch eine offenstehende Tür zwischen zwei Glaswänden eine Frau in Mechthilds Alter zu ihr herüber. Lächelnd fragte sie, ob sie etwas für sie tun könne. Ihr damenhaftes, ausgesprochen adrettes Outfit, das Distanz zu anderen herzustellen versuchte, machte ihre Freundlichkeit allerdings zur Farce. Mechthild holte tief Luft und ging resolut auf sie zu, postierte sich vor dem abstandschaffenden Schreibtisch und zog ihren Dienstausweis hervor. Die Sekretärin schob ihre schmale Lesebrille vorne auf ihre Nase und beäugte argwöhnisch den Ausweis. Mechthild kam ohne Umschweife zur Sache. Sie mochte solche gekünstelten Situationen nicht besonders.
    „Ich muss in einer dringenden Ermittlungssache mit Ihrem Landesvorsitzenden sprechen.“
    Über den Rand ihrer Lesebrille hinweg musterte die Sekretärin Mechthild noch einmal eindringlich. Dabei zog sie ihren Mund zusammen, und ihre Augenbrauen hoben sich. Mechthild Kayser blieb einfach stehen und blickte sie unbeeindruckt an. Etwas widerwillig griff ihr Gegenüber zum Telephon.
    „Hier ist eine Frau Kayser von der Polizei, die Sie sprechen möchte. Soll ich einen Terminvorschlag für die kommende Woche machen?“
    Dabei lächelte sie ein herablassendes Lächeln und versuchte, ihre Terminmacht vorzuführen.
    Doch plötzlich öffnete sich die lederverkleidete Tür zum Büro des Landesvorsitzenden und Bernhard Lange, der Chef der konservativen Partei, ging strahlend auf Mechthild zu.
    „Aber für unsere Leiterin der Mordkommission habe ich doch immer genügend Zeit!“ Bei diesen Worten sah er

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